Presseberichte
FLZ, 8. Oktober 2024
Experimentelles Könnertum
Jens Opitz von Grafenstein und Michael Munzert boten mit ihrer Kombination aus Gitarre und Posaune in Diespeck ein weltweit wohl einzigartiges Spektakel
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DIESPECK – So originellen wie reizvollen Duo-Klängen durfte das Publikum in der gut besuchten Diespecker Johannes-Kirche gewiss noch nicht oft lauschen. Doch die beiden Solisten Jens Opitz von Grafenstein (Gitarre) und Michael Munzert (Posaune) können überdies ein Alleinstellungsmerkmal beanspruchen.
Denn mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit existiert diese Besetzung, die vom Verein pro musica aus Neustadt eingeladen worden war, nur ein einziges Mal weltweit und sie geht zurück auf die langjährige Freundschaft der Musiker, die bereits in mehreren Konzerten allein in der Region Früchte getragen hat.
So führten sie auch gemeinsam durch das Programm, welches Genre Grenzen überschreiten musste, da eigentlich alles, was sie spielten, unter den Crossover-Terminus fallen muss. Man kennt vermutlich keine Originalliteratur – in welcher Sparte auch immer. Erfreulicherweise verzichteten die beiden weitestgehend auf die beliebten privaten Anekdoten zugunsten musikalischer Einblicke. Gerne hat man natürlich erfahren, dass der Handwerker Opitz von den beiden Sportlern seine Gitarre durchaus selbst hat bauen können.
Auch aus Gründen der Klangentfaltung bevorzugen die Herren den Kirchenraum. Mittlerweile werden beide Instrumente verstärkt und die Gitarre im Besonderen arbeitet mit . elektronischen Erweiterungsmöglichkeiten. Das war nicht immer so, erfüllt aber den programmatischen Anspruch, mit Experimentellem zu konfrontieren. Während die Klanggestaltung auf dem Saiteninstrument per se vielseitig ist und bisweilen vor allem perkussive Unterstützung erfuhr, wurden beim Blasinstrument unterschiedliche Dämpfer eingesetzt, die den Radius ins Sonore und ins Feinnervige erweiterten.
Zwischen Bardentum und sanfter Trauer
Der Barde Sting eröffnete den Spätnachmittag – er ist nicht unbekannt für seine Ausflüge in elisabethanisches Liedgut aus seiner Heimat, aber in Diespeck stand der jazzig-rockige Titel „Shape of my Heart“ auf dem Programm. Musik aus Lateinamerika – Milonga, Tango – schloss sich an. Auch dies ein Steckenpferd vieler Combos zwischen den Stühlen, doch keineswegs durch die Bank derart pfiffig gegen: den Strich gebürstet.
Nach der Pause begab man sich mit Franz Schubert zunächst ins frühe 19. Jahrhundert. Die Arpeggione-Sonate für ein rasch wieder untergegangenes Saiteninstrument und Klavier verlangte beiden Könnern Finesse und Virtuosität ab. Mit einem der beiden Duo-Sätze aus Olivier Messiaens im Kriegsgefangenenlager bei dürftigem Inventar komponierten Quartett „Auf das Ende der Zeit“ war sodann eine durchaus andere Stimmung wahrzunehmen als im kargen Original. Der Kirchenraum, er schwang mit im Rhythmus einer in sich versunkenen, quasi unendlichen Langsamkeit. Warum auch nicht!
Das Moment sanfter Trauer setzte sich fort im Schlussabschnitt von Bachs Contrapunctus 14, wobei die Posaune die hohe Lage des Stimmengeflechts übernahm. Zwar schien es bereits bei Schubert ähnlich, wenn dort die Verteilung der Stimmen analog gegen die Erwartbarkeit gestaltet war – dort indes eigentlich nichts Ungewöhnliches, ist nun einmal die Posaune kein figurierendes Begleitinstrument.
Und wiederum Schmerzerfahrung – in lateinamerikanischem Gusto freilich – bei einer Weise von Ariel Ramirez, der für seine kreolische Messe bekannt geworden ist. Die heutige Komposition gilt jedoch dem Freitod von Salvador Allende, jenem umstrittenen Staatschef vergangener Tage in einem fernen Land.
Zwei Zugaben erklatschte sich das Auditorium und dem Duo Grafenstein-Munzert sind weiterhin so geistreiche und subtile Anverwandlungseinfälle zu wünschen wie in den letzten Jahrzehnten. Vielleicht geht da auch noch mehr im rein akustischen Bereich. Experimente erwünscht!
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 16. September 2024
Akkordeon ohne Grenzen
Der Saisonstart nach der Sommerpause bei „pro musica“ in Neustadt wurde zum vollen Erfolg
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NEUSTADT an der AISCH – Gleich das erste Konzert der Saison 2024/25 war für den Förderverein „pro musica“ ein Paukenschlag: Das Nürnberger Akkordeonorchester verhalf der bewährten Reihe zu einem voll besetzten Saal der NeuStadtHalle.
Wenn ein Laienorchester aus der Region spielt, füllen viele ehemalige Mitspieler, Freunde und Verwandte die Reihen und wenn es dazu noch den Rang eines professionellen Ensembles aufweisen kann, ist das umso verständlicher. Seit dem Ende des letzten Jahrtausends leitet Stefan Hippe das vielfach preisgekrönte Akkordeonorchester schon. Mit überschäumendem Engagement dirigiert er seine Spieler und verlässt schon einmal mit beiden Füßen den Bühnenboden. Gut, wenn man kein Dirigentenpult benutzt.
Eigentlich ist bereits ein einziges Ziehinstrument mit seinen Tasten und Knöpfen ein Orchesterersatz, es hat ja alles, was vonnöten ist. In aller Welt ist es heimisch, vor allem in der Volksmusik. Wenn der tönende Blasebalg gar massenweise anrückt, werden die Klangmöglichkeiten immens und ermöglichen den Sprung in Filmmusik und klassische Musik. Es muss nur gut arrangiert sein, dann ersetzen Tasten Klarinetten, Trompeten und Geigen. Allerdings waren im Hintergrund ein E-Piano und ein Drumset hineingemogelt – ganz ohne Rhythmus geht es halt doch nicht.
Den Eröffnungswalzer, der Schostakowitsch-Ohrwurm aus der Jazzsuite Nr. 2, gibt es mittlerweile für so ziemlich alle Instrumente, aber auf Akkordeons passt der Dreivierteltakter ganz besonders gut - irgendwie hat der tönende Blasebalg den Tanz in den Falten, ob Walzer oder Tango. Dem Orchester sind aber nicht nur Prokofjew und Tschaikowskij ein Anliegen, sondern auch moderne Musik. Ist halt so, dass man die heutzutage nicht mehr außen vor lassen kann.
Das Herzstück des Konzertes unter dem korrekt gewählten Motto „Akkordeon ohne Grenzen“ ist etwas, das sich im Programm am Ende des ersten Teils ganz unauffällig ausnimmt: „Deutsche Volksweisen“ von Rudolf Würthner. Dem vorwiegend älteren Publikum sind unsere leiben alten Volkslieder noch ein Begriff – sie stehen für eine Zeit, in der tatsächlich so einiges besser war als heute. Sie erinnern an die Geborgenheit der Kindheit, als noch jedes Kind diese Lieder kannte, lernte und sang. Nicht nur das, sie wurden ja auch ganz oft vom Akkordeon gespielt, der Quetsch'n, der Ziach, dem Schifferklavier, bescheidene Verwandte der schwarzglänzenden Mammutkästen des Orchesters.
Plötzlich war im Saal der NeuStadtHalle noch etwas anderes zu hören als Instrumente: Stimmen, Summen, Gesang von Menschen, denen diese Musik mitten ins Herz gespielt wurde und die ihre Stimme erhoben, ohne sich dessen überhaupt recht bewusst zu sein. Wie schön, wenn dieses Medley der krönende Abschluss gewesen wäre – aber auch so war es ein Schmankerl, das ein wohliges Gefühl hinterließ und dem Orchester einen besonders kräftigen Applaus bescherte.
HEIKE AUER
FLZ, 22. Juli 2024
Start mit Akkordeonorchester
Der Förderkreis „pro musica“ Neustadt hielt Mitgliederversammlung
und plante bereits bis 2026
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NEUSTADT an der AISCH – Mit kräftigem Applaus bedankten sich zahlreiche Mitglieder des Förderkreises „pro musica“ bei ihrer langjährigen Vorsitzenden Ulrike Wesche für deren unermüdliches, erfolgreiches Wirken. Diese richtete, ebenso herzlich, ihren Dank an ihr Vorstandsteam sowie die zahlreichen helfenden Vereinsmitglieder.
Die gut besuchte Mitgliederversammlung des Förderkreises „pro musica“ begann mit einem Rückblick auf eine erfolgreiche, vom Publikum hochgelobte kammermusikalische Konzertsaison.
Danach erfolgte eine Vorschau auf die Konzertsaison 2024/2025. Diese beginnt mit dem „Akkordeonorchester Nürnberg“ am 14. September. Wesche konnte ein abwechslungsreiches, sowohl instrumentell als auch musikalisch ausgewogenes Programm vorstellen.
Ebenso berichtete sie, dass man sich an der Aktion „75 Jahre Grundgesetz“ beteiligt habe. Finanziell sei der Rahmen sehr eng gesteckt. Sehr schwierig sei es zudem, Sponsoren zu finden. Alle Pro-musica-Konzerte der zurückliegenden Saison wurden vom Verein selbst bezuschusst.
An den Gagen will man nicht sparen
Glücklicherweise gab es auch anonyme Spenden. Deshalb konnte Kassier Martin Wolfart von einem ausgeglichenem Kassenstand berichten. Sparen könnte man nur an den Gagen, was jedoch zu Lasten der Konzert-Qualität ginge. Zudem sei man um einen fairen Umgang mit den Künstlern bemüht, so Wolfart. Nach Entlastung des Vorstands waren die Vereinsmitglieder gefordert. Anhand einer Vorschlagsliste konnten sie Musikgruppen für die übernächste Konzertsaison wählen. Eigene Vorschläge waren ebenso willkommen. So war es einem Vereinsmitglied sehr wichtig, auf die Ausgewogenheit zwischen Bläsern und Streichern zu achten.
Mit Sorge blickte man auf das Nachwuchsproblem im Verein, denn das Vorstandsteam erreiche bereits ein höheres Alter. Wenngleich man momentan noch nicht an einen Rücktritt denke, sei es doch dringend angeraten, nach geeigneten Nachfolgern zu suchen, hieß es.
Zum Abschluss beauftragten die Vereinsmitglieder ihren Vorstand damit, eine Erhöhung des Vereinsbeitrags vorzubereiten. Der neue Satz soll dann in der nächsten Mitgliederversammlung beschlossen werden.
RÜDIGER PFEIFFER
FLZ, 17. April 2024
Junge Talente machten Musik lebendig
Schülerinnen und Schüler geben gemeinsam mit ihren Lehrkräften der Neustädter Musikschule ein Konzert in der NeuStadtHalle
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NEUSTADT an der AISCH – „Junge Talente stellen sich vor!“ – Unter diesem Motto gaben Schülerinnen und Schüler der Musikschule gemeinsam mit ihren Lehrkräften auf Einladung des „Förderkreis pro musica Neustadt a. d. Aisch“ am Sonntag ein Konzert in der NeuStadtHalle am Schloss.
Bemerkenswert war dabei nicht nur die Vielfalt der auf der Bühne vertretenen Fachbereiche (Holzblas-, Saiten-, Zupf-, Tasten- und Schlaginstrumente), sondern auch die Programmauswahl, die das umfangreiche Ausbildungsangebot an der Musikschule widerspiegelt. So waren Werke aus Barock, Klassik und Romantik ebenso im Repertoire wie Kompositionen zeitgenössischer Musik und aktuelle Hits.
Das Trio „Tempo Passato“ eröffnete den Nachmittag mit Mendelssohns „Klaviertrio Nr. 1 d-Moll“. Die Lehrkräfte Nectaria Delgadillo (Cello), Ralf Brösamle (Violine) und Stephan Eitel (Piano) hatten sich vor etwa zweieinhalb Jahren zu einem Trio mit diesem wohlklingenden Namen zusammengefunden.
Während sie vergangenes Jahr bei der NeustadtNacht mit leichter Wiener Kaffeehaus-Musik unterhielten, begeisterten die drei Musiker das Publikum nun mit dem ersten Satz aus Felix Mendelssohn Bartholdys Klavier-Trio „Allegro Molto ed Agitato“, mit äußerst virtuoser, aber in einzelnen Passagen lyrisch-singendem Spiel ihrer Instrumente.
Wie alles einmal seinen Anfang nehmen kann, konnte man durch den Auftritt der erst neunjährigen Fenja Michalik (Violine) bewundern. Begleitet von Klavierlehrer Stephan Eitel, der diesmal seinen Schüler Luis Onyu Hanke vertrat, gab sie eine überzeugende Darbietung ihres Könnens, was dem Nachwuchs-Duo (Michalik und Hanke) schon einen ersten Preis beim Wettbewerb „Jugend musiziert““ beschert hatte.
Mit Mirjam Enser und Manolis Schiller betraten sodann zwei ehemalige Schüler der Musikschule die Bühne und entführten mit hochkonzentriertem Spiel die Zuhörerinnen und Zuhörer zunächst jeweils solistisch mit einer Partita von Johann Sebastian Bach und anschließend mit der Sonate von Jean-Marie Leclair in die Welt des Barock.
Unterschiedlich in Klang und Stil aber keineswegs gegensätzlich zum bisher Gehörten: die Komposition „Luminance“ von Nathan Kolosko, Michael Neumann (Lehrkraft für klassische Gitarre) und Nectaria Delgadillo (Cello) interpretierten dieses doch sehr persönliche Werk des amerikanischen Multiinstrumentalisten einerseits leicht verspielt, aber dennoch äußerst einfühlsam und gaben der Idee des Komponisten eine ganz eigene Tiefe.
Nach der Pause entführten Gitarrist Neumann und seine Kollegin Ulrike Döpfer (Querflöte) das Publikum mit „Abrazao de Tango“ von Claudio Camisassa nach Argentinien und ließen erahnen, dass nun eher modernere Kompositionen den weiteren Konzertverlauf bestimmen sollten.
Mit Saxophon auf Bundeswettbewerb
So zum Beispiel „Pequenia Czarda“ (Kleiner Czardas) von Pedro Iturralde, souverän vorgetragen von Aladin Dizdarevic. Der junge Nachwuchs-Saxophonist vertritt die Musikschule im Mai beim diesjährigen Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“. Dabei hat er auch eine Interpretation von Johann Sebastian Bachs „Air“ im Programm und man kann nur erahnen, welche Werke Bach für dieses Instrument komponiert hätte, so es denn zu seiner Zeit schon existiert hätte.
Ein Instrument, dass zu Bachs Zeiten eher weltlich und zu militärischen Zwecken eingesetzt wurde, ist die „kleine“ oder Marschtrommel. Dass diese jedoch in den unterschiedlichsten Musikstilen zu Hause sein kann und nicht nur „militärisch traditionell“ sondern auch mal „ländlich“, „hochgradig wienerisch“ oder „temperamentvoll, ausgelassen“ klingen kann, ließ Wolfgang Schniske die Konzertbesucher mit Wolfgang Reiffeneders „Crossover“ wissen.
Zum Finale brachte das Saxophon und Klarinettenensemble unter Leitung von Sven Schöllmann ein wenig U-Bahn-Flair in die NeuStadtHalle und spielte „temperamentvoll, ausgelassen“ einige Kompositionen der durch die New Yorker „Tube“ bekannt gewordenen US-Formation „Lucky Chops“. Schließlich wurde das Publikum selbst Teil des Ensembles und durfte mit Gesang – angeleitet von Sven Schöllmann – den letzten Titel mitbegleiten, was bestimmt dafür sorgt, dass dieser sehr abwechslungsreiche Konzertnachmittag der Musikschule im Landkreis dem einen oder anderen im Gedächtnis bleiben wird.
WOLFGANG SCHNISKE
VORSCHAU 2024 / 2025
auf die nächsten Konzerte
Film: Joana Mallwitz – Momentum
Die Welt der Joana Mallwitz >>
DIVEN! –
Es kann nur Eine geben – oder? >>
FLZ, 20. Februar 2024
Die erstaunlichen Facetten des Saxophons
Das Trio Etolies gastiert auf Einladung von pro musica in der NeuStadtHalle und bietet ungewöhnliche Bearbeitungen voller Charme
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NEUSTADT an der AISCH – Der Name, den sich die Formation gegeben hat, zeugt durchaus von Selbstbewusstsein. Zu Gast beim jüngsten Konzert des Vereins „pro rnusica“ in der NeuStadtHalle ist das Trio Etoiles und seine Besetzung ungewöhnlich genug: Zwei Saxophone werden am Klavier begleitet auf ihrer Reise von West nach Ost.
Als ganz stimmig erweist sich dieses Motto – „Journey East“ – zwar nicht im Verlauf des Abends, aber eine solche formale Ungenauigkeit kann man der sympathisch selbstironischen Münchnerin Sarah Lilian Kober am Sopraninstrument so wenig verübeln wie den beiden Herren. Kober führt auch informativ und humorvoll durch das Programm. Alt- respektive Bariton-Saxophon spielt der in Serbien gebürtige Vanja Sedlak und aus der Ukraine stammt der Pianist Vadym Palii, der bei Poulenc auch einmal das Heft an sich reißt und ansonsten ein kongenial geläufiges, rhythmisch versiertes oder subtiles Fundament gestaltet.
Das Saxophon ist ein Holzblasinstrument aus Metall und dient so der stärkeren akustischen Wirkung, etwa im Freien, und es ist auch unempfindlicher gegen Witterungseinflüsse als die verwandte Klarinettenfamilie. Lange bevor der Jazz das Saxophon für sich entdeckt hatte, gab es nach dessen Erfindung Mitte des 19. Jahrhunderts eine sehr überschaubare Zahl an Originalkompositionen. Gewisse Farben lassen durchaus an die Streicher im klassischen Klaviertrio denken, aber neben mancher Neukomposition unserer Tage wird naturgemäß für diese und ähnliche Besetzungen vorzugsweise bearbeitet.
Auch das Trio Etoiles hat das immer wieder getan und bei Francis Poulencs bekanntestem Chanson, das von den Wegen der Liebe erzählt, liegen solche Versionen auf der Hand. Noch viel mehr Bearbeitungen gibt es von Gershwins diversen Höhepunkten aus seiner Oper „Porgy and Bess“. Die in Neustadt dargebotene Suite ist wahrlich nicht die schlechteste – die Dame und die beiden Herren können ihre makellos souveränen technischen, musikalischen und nicht zuletzt geschmacklichen Fähigkeiten und Fertigkeiten unter Beweis stellen.
Das Konzert beginnt mit einem Namen, der gewiss einer Allgemeinheit kaum bekannt sein dürfte, für die Entwicklung des frühen Saxophons indes ganz wichtig ist. Jean-Baptiste Singelée (1812 – 1875) erinnert in seinem „Duo concertant“ an die Frühromantik eines Carl Maria von Weber. Eine weitere Originalkomposition erscheint bei Weitern tiefer lotend und gänzlich verschieden in Stimmung und Anlass. „Sarajewo“ stammt von Guillermo Lago (*1960). Was sich zeigt: Das Saxophon kann in allen Lagen sonor singen, ja Schmerz verströmen, steckt voller Melancholie und Wärme. Lagos Komposition – er kommt auch bei einer Zugabe nochmals zur Geltung – ist deutlich beeinflusst von der Folklore des Balkans.
Das Publikum erweist sich als sehr empfänglich für solcherlei Atmosphäre. Aber es kann nicht überraschen, wenn Begeisterung noch stärker von den pfiffigen Arrangements mancher Welthits hervorgerufen wird. Zwar darf mit Astor Piazzolla der Tangokönig nicht fehlen und damit doch wieder eine dunklere Seite der Unterhaltungsmusik, aber zu brillieren vermag das Bariton-Instrument besonders in Vittorio Montis unverwüstlichem Csardas. Wirklich im Osten angelangt nach vielem Kreuz und Quer zuvor ist man dann bei fünf Stücken von Dmitri Schostakowitsch. Freilich: Auch seiner Musik geht das gehaltvoll Verhaltene kaum je ganz ab.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 19. März 2024
Die Flötentöne beigebracht
Beim flautississimo-Konzert in der NeuStadtHalle wurde eventuelle Vorurteile über ein nur scheinbar biederes Instrument eindrucksvoll zerstreut
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NEUSTADT an der AISCH – Die Idee ist nicht gänzlich neu, aber so rar wie kurios und in Neustadt eine Premiere. Das Blockflötenorchester „flaµtississiino“ unter der Leitung von Petra Menzl gastierte im jüngsten Konzert von „pro musica“ in der NeuStadtHalle. Erfreulich viele Gäste hatten sich eingefunden und feierten einen exquisiten Hörgenuss.
Schon vor Beginn konnte man den ganzen Reichtum der Instrumente auf der Bühne und rechts und links der Stuhlreihen bestaunen. Die Blockflötenfamilie kennt zehn Stimmlagen, vom Garkleinflötchen bis zum Subkontrabass-Instrument. Bei ersterem, so in einer launigen Anmerkung Menzls, die auch höchst informativ durch den Spätnachmittag führte, darf man nicht zu tief einatmen, sonst „ist es weg“. Letzteres hat die Ausmaße von drei Metern. Ein einziges Manko: Wir hätten gerne Kostproben aller Typen kurz solistisch kennengelernt.
Wenn man die Kinder- und Jugendensembles einbezieht, die ihre separaten Auftritte wahrnehmen, so hatten sich über 60 Musizierende, vorwiegend aus ganz Bayern, zum gemeinsamen Spiel gefunden und in Petra Menzl eine mitreißende Fachfrau und Dirigentin für sich gewonnen. Manche ihrer Zöglinge können auf Erfolge beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ zurückblicken. Und auch wenn die Mädchen und Damen überwogen, so präsentierte sich doch ebenso das andere Geschlecht. Schließlich kennt die Blockflöte weltberühmte Solistinnen wie Dorothee Oberlinger im historisch informierten Fach oder Michala Petri, die das moderne Repertoire erweitert und erschwert hat, was man in Neustadt sehr wohl zu hören bekam – diverse Finger- und Überblastechniken oder das simultane Singen und Spielen inbegriffen. Doch gibt es eben auch Männer von höchstem Rang – Menzl nennt den Schweizer Maurice Steger.
Vom kleinen Kaktus bis zum Cha-Cha-Cha
Eine breite Palette an musikalischen Vorlagen lud zum Genießen ein. Die Jüngeren gaben den kleinen grünen Kaktus der Comedian Harmonists zum Besten, interpretierten aber auch barocke Klänge von John Playford. Im Duo hörte man eine charmante Pièce von Sören Sieg (*1966), im Quartett den pfiffig choreographierten Cha-Cha-Cha von Raphael Benjamin Meyer (*1987). Sylvia Corinna Rosin (*1965) stand am Ende: „The River“ ist ein von keltischer Folklore beeinflusstes amerikanisches Lied, das bemerkenswert kunstvoll ausgestaltet wurde. Es diente dann in der Wiederholung als Zugabe, wobei das Auditorium die erste Strophe mitsingen durfte, was hörbar kraftvoll geschah.
Dennoch – und vielleicht auch gar nicht überraschend: Gerade in den sonoren Tiefen, die im wahrsten Sinne große Blockflöten sehr wohl zu artikulieren imstande sind, lagen die intensivsten Höhepunkte des Programms. Blockflötenensembles steht der Klang von Streicherbesetzungen nicht allzu fern. Und wer hätte gedacht, dass es neben räumlich manifesten chorischen Wirkungen wie bei Giovanni Gabrieli gerade die feierlichen Choralmelodien waren, die ungemein beeindruckten? Das galt für das Andante festivo von Jean Sibelius ebenso wie für das Abendlied von Josef Gabriel Rheinberger und sogar für eine doch eher vordergründig poppige Nummer wie „Palladio“ von Karl Jenkins (*1944).
Wunderbar erhob sich aus solchen Tiefen in einem weiteren, einem anonymen Satz gegen dessen Ende der Gesang des Sopranino. Spätestens jetzt – aber wohl längst vorher – hatten sich mögliche Vorurteile zerstreut, mit denen freilich die wenigsten gekommen sein dürften.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 9. Januar 2024
Das Konzert in der Klarinettenhochburg
Das Kammerorchester Bad Brückenau kam mit dem Virtuosen Sebastian Manz in die NeuStadtHalle - Originelles Programm
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NEUSTADT an der AISCH – Was wäre Neustadt ohne sein Neujahrskonzert? 2024 einmal mehr mit dem Bayerischen Kammerorchester, das in Bad Brückenau residiert und von dem nicht nur deutschlandweit erfahrenen Sebastian Tewinkel geleitet wird. Gast ist der renommierte Klarinettist Sebastian Manz.
Federführend seitens der Organisatoren und Zuschussgeber zeichnet der Verein „pro musica“, dessen Vorsitzende Ulrike Wesche Grußworte spricht. So gut wie kein Platz ist in der NeuStadtHalle leer geblieben. Nicht erst am Ende zollt das Publikum begeisterten und lange anhaltenden Beifall. Tewinkel und Manz vermitteln auch verbal Einblicke in ein überaus originelles Programm, das vor allem einigen Landen um das Mittelmeer gilt.
Die Klarinette erfährt nicht nur ein Höchstmaß an Virtuosität bei den Aufführungen, manche spezielle technische Kostprobe gibt es überdies vorweg. Gioachino Rossinis „Introduktion, Thema und Variationen“ präsentiert sich wie eine Opernszene in glasklar brillanten Läufen des Solisten bei frühromantisch charmanten Orchesterfarben.
Ganz anders die hebräische Fantasie für Klarinette und Streicher des Amerikaners Samuel Gardner (1891–1984). Wir sind im Reich des Klezmer und die kleinteilig bunte Komposition, die stets auf dem Boden einer orientalisch modal gefärbten Tonalität verharrt, bietet Raum vor allem jenem Klarinettenton, den Giora Feidman weltberühmt gemacht hat.
Souveräne Beherrschung konventioneller wie quasi avantgardistischer Blastechniken lässt das Instrument säuseln und brüllen, seufzen, jauchzen und – nicht zu vergessen – eben auch wundersam singen.
Freilich fordert die „KlarinettenHochburg“ Neustadt, so der Solist des Abends, zumindest einen Satz aus dem berühmtesten klassischen Konzert – und sei es erst mit der Zugabe. Bei Mozart lässt Manz auf dem Bassett-Instrument ein Maß an geistiger Durchdringung und Versenkung vernehmen, ohne das eben doch eine wesentliche Komponente gefehlt hätte.
Die etwa 20 Berufsmusiker, die regelmäßig in ihrem unterfränkischen Konzertsaal proben, beweisen auch in Neustadt einen Grad an Professionalität, der sich nicht in lupenreiner Intonation und tadellosem Zusammenspiel erschöpft, sondern eben auch souveräne stilistische Einfühlung beweist. Denn wie anders geartet ist das übrige Programm.
Der Grieche Nikos Skalkottas (1904–1949) hat vorwiegend atonal gearbeitet; wirklich bekannt sind jedoch seine „36 Griechischen Tänze für Orchester“ geworden, die der Folklore seiner Heimat beinahe naturalistisch huldigen.
Eher lyrisch statt orgiastisch
Fünf Nummern werden dargeboten, in einer gebräuchlichen Fassung für Streicher allein. Wer in erster Linie an Alexis Sorbas am Strand denkt, mag überrascht sein von Rhythmen, die keineswegs orgiastisch nach vorne drängen. Der Duktus ist bisweilen eher lyrisch oder die Metrik bewegt sich stampfend und stockend wie auf der Stelle.
Das Konzert beginnt mit einer frühen Sinfonie von Joseph Haydn, aus der Tageszeitenfolge: „Le soir“ (Hob. 1:8). Hier prägt noch nicht die machtvoll strenge Strukturierung der Wiener Klassik das musikalische Geschehen, sondern es ist eine Schöpfung des Übergangs und wie geschaffen für ein Projekt-Orchester aus Vollprofis. Denn immer wieder werden Solisten gefordert, und wann hört man schon in einem nicht-konzertanten nachbarocken Orchesterwerk eine kleine Kadenz des Kontrabasses?
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 2. Januar 2024
Tango in der Wohlfühlkulisse
Bettina und Wolfram Born gastieren in der RathausEhrenhalle und verbreiten südländisches Flair ohne Effekthascherei
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NEUSTADT an der AISCH – Um Silvester herum ist Heiteres gefragt, umso mehr, als man sich das neue Jahr mit dieser Eigenschaft wünscht. Dem hatte der Förderverein „pro musica – Neustadt a. d. Aisch“ Rechnung getragen und, bereits zum zweiten Mal, Bettina und Wolfram Born aus Weimar in die RathausEhrenhalle eingeladen. „Mi tango querido - mi tango misterioso“ lautete der Programmtitel.
Thüringen meets Tango in der „Wohlfühlstadt“ Neustadt. Das ausladende und gut ausgeleuchtete Werbeplakat als Kulisse beherrschte die Szene und schien bereits gewisse Voraussetzungen für die Performance zu schaffen.
Es gibt nämlich zwei Möglichkeiten, sich einem landesfremden folkloristischen Genre zu nähern: Das häufiger praktizierte ist das Nachahmen, aus dem zumeist ein Nachäffen wird. Man tut so, als hätte man südländisches Temperament, verbiegt die Wirbelsäule in besorgniserregenden Verrenkungen und verdreht entrückt die Augen. Das ist die dämliche Variante.
Saubere Variante als die bessere Wahl
Dann gibt es noch die akademische: Man spielt die Noten sauber, gibt ihnen Gestalt, zeigt ihre Möglichkeiten auf und macht eine gut verdauliche Musik daraus. Diese kluge Wahl hatten der Pianist Wolfram Born und die Akkordeonistin Bettina Born getroffen.
Die Zeit, in denen mit Tango ein anzüglicher Tanz assoziiert wurde, den der bayerische König und der österreichische Kaiser ihren Offizieren gar verboten hatten, sind schon lange vorbei. Das Kind der argentinischen Slums ist in die feinen Kreise aufgestiegen und salonfähig geworden. Er ist nicht nur Musik, sondern auch Dichtung. Nur Gesellschaftskritik mag der Tango gar nicht: Er liebt die Romantik und die Volkshelden.
Born und Born stellten in ihrem Programm die großen Meister des Tangos vor: Namen wie Eduardo Arolas, Anibal Troilo und Ángel Villoldo gehörten dazu und natürlich der populärste – Astor Piazolla, der wie kein anderer für den Siegeszug des Tangos um die Welt steht.
Das Klavier sorgt für die Eleganz
Die beiden Instrumente legen den Stil fest: Das Klavier, nicht gerade das typische Instrument für den rioplatensischen Tanz, schafft eine gewisse Eleganz, entfernt sich von der Improvisation auf Bandoneon und Gitarre, verleiht dem Straßenkind Professionalität und Ernsthaftigkeit.
Bettina Born unterbricht mit geschnurrten, manchmal schrillen, launisch vibrierenden und oft tief melancholischen Akkordeontönen das klassische Element und kreiert damit den für unsere Ohren typischen wehmütigen Tango-Sound. Er ist nicht einheitlich, der Tango, er ist vielfältig und wandelbar. Eines aber ist er immer: zutiefst menschlich, ob mit oder ohne Text. Er ist der Ausdruck derer, die Musik ohne Diplom und Notenlinien erschufen, spielten und sangen. Er ist ein Lebensgefühl, das nicht auf ein bestimmtes Land begrenzt ist, wie die Eigenkompositionen der beiden Musiker zeigen, er bildet keine geschlossene Gattung.
Es ist jedem einzelnen überlassen, sich seinen Lieblingskomponisten herauszusuchen. Lauscht man allerdings Tangoklassikern wie „Los pajaros perdidos“ von Astor Piazolla oder „El choclo“, dem Dauerbrenner von Ángel Villodo, der als Zugabe gegeben wurde, möchte man sich in die Musik hineinlegen wie in Schokoladencreme. Sie ist schon arg schön ...
HEIKE AUER
FLZ, 21. November 2023
Franz Schubert alternativ
Die Erlkings aus Wien bieten in der NeuStadtHalle ein Programm
mit Augenzwinkern
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NEUSTADT an der AISCH – Eine prallvolle NeuStadtHalle und so viele Gäste wie selten: Der Verein pro musica feiert sein zwanzigjähriges Bestehen ohne viele Reden, dafür mit einem international renommierten Quartett. Es nennt sich „The Erlkings“ und bietet einen alternativen Schubert-Liederabend. Begeisterungsstürme schon vor dem Finale.
Bürgermeister und Schirmherr Klaus Meier sowie die Vorsitzende Ulrike Wesche, die auch dieses Konzert wie viele der rund 150 Veranstaltungen zuvor ins Leben gerufen hatte, begrüßen das Publikum. Meier würdigt auch Wesches Vorgänger im Amt, Dr. Dieter Geißendörfer, Kammermusik vom Feinsten stand stets im Zentrum, über die Jahrhunderte hinweg verfasst und in einem beträchtlich breiten Rahmen der Besetzungen. Auch wenn junge, regional verankerte und noch nicht auf der großen Bühne erprobte Musikerinnen und Musiker ihre Chancen ganz genauso wahrnehmen konnten, so gelangen doch viele überragende Entdeckungen. Das ist umso bemerkenswerter, als trotz Sponsoren und der Zusammenarbeit mit der Stadt die finanziellen Mittel naturgemäß begrenzt sind. Doch gerade das Neujahrskonzert hat Jahr für Jahr sogar die Begegnung mit professionellen Orchestern erlaubt.
Vier souveräne Könner an ihren Instrumenten formieren die Gruppe „The Erlkings“ mit Sitz in Wien. Der Bariton Bryan Benner fühlt sich sichtlich inner- und außerhalb des klassischen Kanons wohl. Er spielt auch die Gitarre und führt mit seinem pfiffig amerikanisch-österreichischen Akzent durch das Programm.
Ivan Turklj verleiht dem Violoncello Prägnanz, Simon Teurezbacher spielt die Tuba mal in rustikaler, mal in amouröser Manier. Die Schlagzeugeffekte erweisen sich nicht selten als minimalistisch pointiert, rockige oder jazzige Virtuosität steht eher hintan. Indes zeigt das Vibraphon sein Vermögen als liebevoller Deuter von Beziehungsproblemen.
Vor der Pause finden sich Schubert'sche Preziosen in ungewöhnlicher Sicht quer durch sein ganzes Liedschaffen. Ein freundliches Zwinkern gilt nicht nur dem berühmten Erlkönig, sondern ebenso der Forelle, während das enthusiasmierte Publikum sich spürbar launisch der jodelnden Unterstützung hingibt.
Gretchen am Spinnrade weiß nicht wirklich, ob sie traurig sein soll, dies aber nachdrücklich. Bryan Benner hat alle Neudichtungen in englischer Sprache verfasst. Er liebt deutsche Lyrik und kennt Wien bestens, aber er will seine Herkunft aus den Staaten eben nicht verleugnen und das macht ihn allenthalben sympathisch.
Nach der Pause geht es sodann um den zweiten großen Liederzyklus von Franz Schubert nach Gedichten von Wilhelm Müller, der schönen Müllerin. Seine Tragik mag hintergründiger sein, als dies bei der Winterreise der Fall ist. Eine moderne Version von Letzterer zwingt nicht in gleicher Weise zu subtilen Anpassungen. Doch es ist dies ohnehin nicht das Problem der Combo aus Wien. Denn ihre sinnig verkürzte Fassung erscheint in der Tat als die amüsanteste, die man sich denken kann.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 31. Oktober 2023
Eine Hommage an Johannes Brahms und
ein türkisches Andenken
Das Klaviertrio „toninton“ gastierte am Sonntag beim Neustädter Verein
„pro musica“ – Klangschönheit und Homogenität: Der Name ist Programm
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NEUSTADT an der AISCH – Kammermusik auf exquisitem Niveau. Das Anliegen der vorn Verein „pro rnusica“ veranstalteten Reihe in der NeuStadtHalle erfüllte diesmal glanzvoll ein klassisches Klaviertrio mit Namen ,toninton". Es musizierten Vilja Godiva Speidel (Violine), ihr Bruder Ukko Speidel (Violoncello) und der Pianist Helge Aurich.
Der Name ist Programm, denn selten erlebt man solche Klangschönheit und, wichtiger noch, souveräne Homogenität, zu der sich manche zu dritt spielenden Starindividuen nicht in gleichem Maße durchzuringen vermögen. Des 125. Todestages von Johannes Brahms galt es 2022 zu gedenken. Zwei Werke sind ihm an diesem Abend direkt respektive mittelbar gewidmet. Auch der dunkel und warm tönende Bösendorfer-Flügel ist für solche Romantik ideal geeignet, der gut besuchte Saal trägt ein Übriges zur gepflegten Akustik bei.
Vor der Pause hat das Trio noch ein zehn Jahre altes postmodernes Werk einstudiert. Es heißt „Space Jurnp“ und verkörpert wiederum ein Andenken – in der für den türkischen Pianisten und Komponisten Fazil Say so charakteristischen narrativ-bildhaften Manier. Viele haben die Bilder 2012 gesehen, als der Extremsportler Felix Baumgartner seinen Sprung aus dem Weltall in 40 Kilometern Höhe erfolgreich absolvieren konnte.
Die Musik bleibt tonal und das motivische Material eher einfach gestrickt. Die bestechende Wirkung ist instrumentenspezifisch, wimmelt es doch von Glissandi, Pizzicato-, Collegno- und Oberton-Effekten, von flimmerndem Klavierdiskant und maschinenhaft Grellem. Und natürlich nimmt man akustisch die geographische Herkunft ihres Schöpfers wahr, aller atmosphärischen Ornamentik zum Trotz.
Die Renaissance der Clara Schumann
Der Abend wird eröffnet mit dem Klaviertrio in g-Moll von Clara Schurnann, deren nicht ganz einfache, aber unverkennbare Beziehung zu Brahms sich kaum in zwei Sätzen umreißen lässt. Die Komposition wurde erst in den vergangenen Jahren stärker gewürdigt, gewiss im Zuge einer neuen Wertschätzung hochbegabter weiblicher Komponisten.
Das Werk erweist sich als in Melodik und Harmonik ausgesprochen reizvoll und lässt auch kaum an formaler Geschlossenheit zu wünschen übrig. Im Finalsatz gemahnt eine gewisse Widerborstigkeit an Brahms; fugierte Passagen zeigen dezente Gelehrsamkeit auf. Wir hören weiterhin ein keck melodiöses Menuett, einen langsamen Walzer mit leidenschaftlichem Mittelteil, und im Kopfsatz vergisst Clara Schurnann, geborene Wieck, nicht, dem Ehegatten die Reverenz zu erweisen.
Zweifellos wird nach der Pause mit dem Klaviertrio, Nr. 1, in H-Dur von Brahms der Wert dieses etwas kürzeren Trios seiner Gesinnungsfreundin noch einmal übertroffen. Eine Pointe besteht überdies darin, dass die Zuhörerschaft ein Frühwerk genießen darf, welches zugleich Spätwerk ist. Die deutlich redundantere, aber nicht wirklich schwache erste Fassung wurde mittlerweile mehrmals auf Tonträger eingespielt. Dennoch hört man gemeinhin die reife Altersversion, von der Brahms sinngemäß gesagt hat, ihr seien die Haare gekämmt, aber keine Perücke aufgesetzt. Der Cellist zitiert hier im Rahmen seiner einführenden Worte.
Die Darbietung der Komposition überzeugt: Leidenschaft überall, herbstliche Farben vor allem im Finale und – vielleicht der Höhepunkt – ein ungemein ausdrucksstarker langsamer Satz mit einer grandios nuancierten Tongebung in feinster Abstimmung der Instrumente. Vielleicht hätte das Scherzo noch ein wenig mehr Impetus vertragen, aber da streiten sich bei den Weltklasse-Einspielungen die kritischen Gelehrten.
Enthusiastischer Beifall und erholsamer Joseph Haydn als Zugabe.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 11. Oktober 2023
Bigband-Sound vom Feinsten
Marcus Marr und seine Musiker sowie Sänger Warren Hardy boten Klassiker der Swing-Literatur in der NeuStadtHalle
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NEUSTADT an der AISCH – „I did it my way“ erklang zum Ende eines fulminanten Konzertabends. Besser als mit dem Song „My Way“ von Frank Sinatra kann man es nicht ausdrücken. 18 Bandmitglieder folgten ihrem Feeling, blieben sich treu, produzierten ehrlichen, groovenden Big-BandSound. Die „Marcus Marr Bigband“ performte mitreißend – auf ihre ganz eigene Art.
Südamerikanische Rhythmen, Rockabillys, moderner Jazzrock sowie Klassiker der Swing-Literatur vereinten sich unter „Swing-Memories“. Hilfreich auflockernd gelang es Renate Windsheimer, den Abend zu moderieren und sie steuerte eigene musikalische Erfahrungen bei. Marcus Marr – Bandleader, Trompeter, Solist – bedankte sich am Ende für ihre fundierten Informationen zu den Stücken und Komponisten. Ebenso dankte er dem Team von pro musica für eine hervorragende Organisation.
„Rock this town“ von Brian Setzer rockte als erste Nummer die ausverkaufte NeuStadtHalle. Von Beginn an gingen die begeisterten Zuhörer mit. Nur still sitzen und zuhören war in diesem Konzert kaum möglich. Florian Fömer und Jakob Schäffer (Drums, Percussion) erzeugten präzise Rhythmen. Spielerisch entlockten sie ihren Schlagwerken musikalische Gags. Eingestimmt aufeinander funktionierten sie als rund laufender Motor des Orchesters.
Wohltuende Entspanntheit
Souverän unterstützt wurden sie von Karl Künkele an der Gitarre sowie Andreas Eckart (Tuba, Bassgitarre). Tommy Kerling, entspannt am Flügel agierend, untermalte in höchster Perfektion. Der Jazzstandard „Work song“ zeichnete sich durch die Soli des Trompeters Steffen Ketterner sowie des Posaunisten Klaus Griebsch aus. Alexander Jobst erzeugte mit weichem Flügelhornklang, sicher intonierend, musikalisch wohltuende Entspanntheit in „Feels so good“ von Chuck Mangione. „Computer“ – komponiert vorn Chefdirigenten der WDR Big Band in Köln – erzählt musikalisch was passiert, kommt ein Körnchen Sand ins Getriebe des Rechners.
Beeindruckend leitet Hermann Schmelzer (Saxophon) das Chaos, welches von der Bläsergruppe aufgenommen wurde, ein. Musikalischer Wirrwarr erfüllte den Raum und doch klang es organisiert. Eindrucksvoll tragend, führte Christoph Drescher am Saxophon gefühlvoll durch Phil Collins „Against all Odds“. Zahlreiche weitere Soli gaben ihm Gelegenheit, seine Perfektion am Saxophon zu demonstrieren.
Warren Hardy gab der Band seine Stimme. Mit feinem Tempre, unaufgeregt, elegant, ohne sich zu verbiegen, sang er Titel wie „My Baby Just cares for me“, „Cheek to Cheek“, „Mack the Knife“, „Moondance“, in voller Bassstimme, „Call me irresponsible“, dann wieder temperamentvoll und erzählerisch „Straighten up and fly right“. Hardy entführte das Publikum in die Ballrooms des Chicago der Dreißiger- und Vierziger Jahre. Seine Stimme verlieh einer mitreißenden, perfekt aufspielenden Big Band das i-Tüpfelchen.
Zusammengehalten, organisiert und musikalisch überzeugend in Szene gesetzt wurde alles vom rührigen Bandleader Marcus Marr. Die schnelle Samba „Mas Que Nada“, der Pop und Jazzstandard „Just a Gigolo“ und der Filmhit „Theme from New York, New York“ leiteten das Ende eines stimmungsvoll groovenden Konzertabends ein. Tosender Applaus und Standing Ovations waren der Dank der Zuhörer für eine stilsichere, engagierte, musikalisch perfekte Big-Band.
RÜDIGER PFEIFFER
FLZ, 16. September 2023
Volle Kraft voran
Der Neustädter Förderkreis pro musica feiert heuer sein 20-jähriges Bestehen und plant die Saison 2023/24
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NEUSTADT an der AISCH – Der Neustädter Förderkreis pro musica feiert heuer sein 20-jähriges Bestehen und plant bereits die Saison 23/24. Dahinter steckt ein großes Engagement, wie die Mitgliederversammlung zeigte. Damit der Kammermusikverein jährlich seine acht Konzerte stemmen kann, wird hinter den Kulissen viel verhandelt und organisiert.
Vorsitzende Ulrike Wesche zeigte sich am Donnerstagabend mit der vergangenen Saison 22/23 "sehr zufrieden. Wir konnten Künstler aus vielen Ländern und aus Neustadt gewinnen." Sowohl Stammpublikum als auch Gäste weit über die Region hinaus hätten die Konzerte besucht. In bayernweiten Veranstaltungsforen sei man inzwischen vertreten.
Der einzige "Wermutstropfen" sei die finanzielle Situation aufgrund der Pandemie: Man druckte beispielsweise ein Plakat, aber das Konzert fiel aus. Trotzdem erhielten alle Künstler ihre vereinbarte Gage.
Kassierer Martin Wohlfahrt analysierte die Finanzlage. Ins Visier nahm er nur die sechs "eigenen" Konzerte, denn die beiden Neujahrskonzerte, darunter das nachgeholte, wurden zusammen mit der Stadt Neustadt veranstaltet. Das heißt: Der Gewinn oder Verlust wird danach aufgeteilt.
Fast bis auf den Euro genau hielten sich Eintrittsgelder (7022 Euro) und Gagen (7023 Euro) die Waage. Doch verschlingen die Werbung mit Plakaten, Homepage und Flyern knapp 2600 Euro und auch die Gema fordere ihren Tribut neben Versicherung und EDV. Der durchschnittliche Verlust pro Konzert habe 57 Euro betragen – ohne Sponsoren und Spender sogar 490 Euro. Dem gegenüber stehen die Mitgliedsbeiträge von 3100 Euro.
Die Mitglieder sind die Erfolgsgaranten.
92 Mitglieder zählt der Verein derzeit – zwei mehr als noch im Jahr zuvor . "Finanzen sind keine klejne Aufgabe", fasste stellvertretender Vorsitzender Rüdiger Pfeiffer zusammen. .Die Mitglieder sind die Erfolgsgaranten des Vereins", betonte Wesche.
Für die Saison 23/24 hat sie bereits Konzertanfragen und Ideen. Darunter befindet sich die japanische Pianistin Naoko Christ-Kato, ein Streichquartett einer Musikhochschule, die Cellistin Eva Hofmann, Gesang der 20er und 30er Jahre mit
Klavierbegleitung, ein Duo mit Gitarre und Posaune, ein Abend mit Klarinette, Violine und Klavier, eine klassische Veranstaltung für Kinder, ein Konzert mit dem Tenor Jan Kobow und eventuell ein Bläserkonzert, wie bei der Versammlung gefordert wurde.
Ulrike Wesche ist es, die in ganz Deutschland Konzerte besucht und Künstler anspricht, die dann bisweilen auch in der NeuStadtHalle am Schloss auftreten. So wird es in diesem Jahr noch mit "The Erlkings" aus Wien gesehen, die das Jubiläumskonzert am Sonntag, 19. November (17 Uhr), bestreiten. Nur weil diese Profis, die sie bei der Original-Schubertiade in Hohenems kennenlernte, ihr preislich entgegengekommen seien und auch noch sechs Sponsoren gewonnen werden konnten, kann dieses Konzert stattfinden, hob sie hervor. Durch diese Musiker soll der Komponist Franz Schubert auch Jugendlichen zugänglich gemacht werden.
Auf diesen Termin fiebert der Verein hin – Plakate aus 20 Jahren werden an dem Abend ausgestellt, und Auszeichnungen, die der ehrenamtlich wirkende Verein erhalten hat. Eine Kooperation mit einem Ipsheimer Winzer hatte man sich zusätzlich einfallen lassen. Bei den Neuwahlen wurde der Vorstand im Amt bestätigt. Wesche, Pfeiffer und Wohlfahrt werden durch die Beisitzerinnen Ellen Schuster und Dr. Christiane Wohlfahrt komplettiert. Die Kassenprüfung obliegt Bringfriede Asche und Winfried Deckelmann.
ANITA DLUGOSS
FLZ, 26. April 2023
Messing und Termitenholz
Ottone versatile: Ein Quartett mit Musikern aus drei Kontinenten gastierte in ungewöhnlicher Besetzung in der NeuStadtHalle
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NEUSTADT an der AISCH – Sie stammen aus drei Kontinenten, leben in Franken, wo sie als Berufsmusiker agieren, und bestreiten in ihrem faszinierenden Programm eine bunte Musikrevue. Ein begeistertes Publikum feiert sie beim Konzert des Vereins „pro musica“ in der NeuStadtHalle: das vierköpfige Ensemble „Ottone versatile“.
Matthias Eckart (Trompete, Corno da Caccia), Susumu Kakizoe (Tuba), Stephen Jenkins (Posaune und Didgeridoo) sowie der Pianist Christian Hutter sind diese vielseitigen Künstler, von denen drei ihr Messing bei sich tragen.
Wer allerdings einen Mischmasch an Crossover-Gefälligkeiten erwartet hat, wird angenehm enttäuscht. Die Originalmusik gehört den letzten fünfzig bis hundert Jahren an und sie galt und gilt es erst zu entdecken, was dem Ensemble größte Freude bereitet. Auf Arrangements wird nicht verzichtet, sie stehen aber nur am Schluss des Konzerts und vor der Pause eher im Mittelpunkt, wenn es schwerpunktmäßig um Barockmusik oder einen Renner wie Tschaikowskys Nussknacker-Musik geht. Dessen Version von Eckart erklingt so originell wie geschmackvoll.
Anthony Holborne wiederum ertönt genau so, wie man sich das bei Unterhaltungsmusik der frühen Neuzeit vorstellt, und nur das Basso continuo am Bösendorfer erlaubt dem Pianisten weder eine Chance für Virtuosität noch für historische Akribie – doch er wird für beides noch etliche Gelegenheiten finden. Eine solche bietet zunächst der langsame Satz des berühmt-berüchtigten Konzerts für Tuba und Orchester von Ralph Vaughan Williams, wo Hutter den Klavierauszug spielt – und Letztere stellen oft genug unvorhersehbare Ansprüche.
Der Tubist ist nicht nur der freundliche Komödiant des Quartetts – so wie im Vergleich Jenkins' Wesen ein ernstes zu sein scheint –, sondern hat nach der Pause manche Rarität aus unseren Tagen ausgegraben. Die Rolle des Accompagnisten kommt ihm indes erstaunlich selten zu.
Die vier Musiker lassen keine Gelegenheit verstreichen, ihre gegenseitige Hochschätzung nicht nur hör-, sondern auch sichtbar werden zu lassen. Es mag sein, dass Eckart, der Älteste, was man ihm nicht ansieht, bislang gerne den Weg gewiesen hat, und dass Hutter sich stets bescheiden zurücknimmt, die Perfektion der Darbietungen, Seriosität, Ehrgeiz, Entdeckerfreude sind ihnen allen uneingeschränkt gemeinsam. Was die Präsentationen ganz besonders weit über allzu, modische Konzepte und Wunschkonzertniveaus hinaushebt, kann an den verbalen Werkcharakteristiken durch Eckart und Jenkins festgemacht werden, die kaum je über Besetzungsfragen, kleine Komponistenporträts und anderes Sachwissen oder die Motivation für Arrangements im Unklaren lassen.
Hier sollen stellvertretend einige charakteristisch unterschiedliche Beispiele angeführt werden. Glänzend gelingen Bach'sche Cellosätze auf der Posaune, wenn über die melodische Brillanz hinaus Doppelgrifftechniken adaptiert werden. Das „Jazzical“ von Howard J. Buss stellt in seiner strukturellen Verknüpfung von Jazz und Neuer Musik mit Hilfe einer atomistischen Phraseologie vielleicht die intellektuellste Herausforderung des Konzerts dar. Ganz anders hingegen „Reflective Mood“ von Sammy Nestico – eine ans Herz rührende Jazz-Ballade.
Vielleicht ist dennoch der Höhepunkt bereits unmittelbar vor der Pause anzusetzen. „Earth“ verkörpert eines der vier Elemente aus dem Konzert für Didgeridoo und Orchester von Sean O'Boyle. Und hier darf Stephen Jenkins das Volksinstrument der Aborigines spielen – der Komponist hat es ihm erlaubt, eine Vorführ-Konserve war die Voraussetzung. Nicht nur zeigt sich der typischerweise von Termiten ausgehöhlte Baumstamm in seiner archaischen Authentizität – nein, man kann sich eigentlich gar nicht vorstellen, was nun bezüglich der Originalversion für großes Orchester an Farbreichtum würde hinzutreten können. Die Mixtur von Didgeridoo, Trompete, Tuba und Klavier lässt keine Wünsche offen. Vielleicht bietet sie sogar ein Mehr an Bildkräftigkeit dank größerer Transparenz.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 21. März 2023
Warme Töne, pures Holz
La Selva Armonica gastierte in der NeuStadtHalle
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NEUSTADT an der AISCH – Das Ding sieht aus wie eine Blockflöte mit Strohhalm, hat es aber in sich. Genauso wie die anderen historischen Instrumente, die die Zeit Mozarts und Haydns wieder lebendig machen. Das Trio La Selva Armonica gastierte in der NeuStadtHalle – mit Instrumenten, wie sie am Ende des Barocks und in der Klassik gespielt wurden.
So entpuppte sich die Blockflöte als Oboe mit sehr klarem, kräftigen Klang; manche würden sagen, ganz leicht gepresst. Wäre sie eine Farbe, dann vielleicht Lila. In sattem Ocker käme das historische Fagott hinzu, während die Flöte in den oberen Oktaven einem heller werdenden Tomatenrot entgegeneilte.
Ulrike Hünefeld ist auf ihrer Flöte unendlich fleißig; in drei Oktaven fließen die Töne dahin. Der hölzerne Nachbau des klassischen Instruments klingt etwas wärmer als die modernen Instrumente, die heutzutage in Edelmetall und mit vielen Klappen daherkommen. Zugleich ist der Ton nicht ganz so strahlend.
Zum Staunen taugt das Fagott von Julia Marion. Auch dieses Instrument entspricht in seiner Bauart dem Vorläufer aus der Klassik.
Unglaublich sind die Töne, die ihm entlockt werden: Vielfache Modulation, überraschende Solostellen mit schnellen Läufen, dann wieder der Wechsel in den Basso continuo. Manchmal zaubert Marion gar ein leichtes Vibrato hervor, das auf dem Cello wohl möglich, auf einem Fagott aber schwierig zu erzeugen ist.
Besonders das zweite Stück, Alessandro Besossizs Trio III in G-Dur, lässt die Virtuosität der Fagott-Spielerin aufblitzen.
Die drei Musikerinnen treten zwischendurch immer mal ans Mikrofon, um ihr Instrument zu erklären und das nächste Stück anzukündigen. Joseph Haydn bezeichnet Marion als "witzig" und meint damit die überraschenden Wendungen in seinen Kompositionen. Mit Haydns Londoner Trio I in C-Dur setzen die drei Musiker den Schlussakkord.
Zuvor zeigt aber noch die Oboe, was sie kann. Sie besticht durch ihre vielfach tragende Rolle in perfekter Harmonie mit der Flöte. Astrid Knöchlein formt das Konzert mit ihrem Instrument, das in der Klassikversion weniger durchdringend erscheint. In Mozarts Divertimento III hatte die Oboe den stärksten Auftritt. Nach der Pause übernimmt die Flöte mit dem Cantabile den hervorklingenden Part. Bis dann beim witzigen Haydn alle drei Instrumente wieder in ihre gleichberechtigten Rollen zurückkehren.
Pro musica, Neustadts rühriger Verein für besondere Konzerte, hat einen wunderbar entspannten Konzertnachmittag ermöglicht.
JUDITH MARSCHALL
FLZ, 7. Februar 2023
Wenn die Flöte mit der Harfe ...
Das Duo Chen Shen und Anton Mangold spielte auf Einladung
von „pro musica“ in der NeuStadtHalle
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NEUSTADT an der AISCH – Musikalische Feinkost beim jüngsten Konzert von „pro musica“ in der NeuStadtHalle. Das Duo Chen Shen/ Anton Mangold spielt auf Flöte und Harfe. Erfreulich viele Gäste haben sich eingefunden vielleicht ein Nachklang des Neujahrskonzertes. Es möge so bleiben.
Das Programm zu einer nicht alltäglichen Besetzung erweist sich als höchst vielfältig. Rasch wird klar, dass nicht nur zwei Instrumente, sondern auch zwei noch weit vom mittleren Lebensalter entfernte musikalische Partner perfekt harmonieren. Mangold an der Harfe stellt die Stücke im Wesentlichen vor, Chen Shen gesellt sich in dieser Hinsicht bei ihrem späteren Solo dazu.
Bei einer der Flötensonaten Bachs, an denen vermutlich sein Sohn Carl Philipp Emanuel beteiligt ist, auch wenn die Musik noch keine deutlichen Züge der Empfindsamkeit trägt, ersetzt die Harfe ein relevantes Tasteninstrument der Zeit, zum Beispiel ein Cembalo. Hier nimmt Mangold sich dynamisch zurück, verweisen Leggiero-Passagen per se auf eine Ära jenseits jeglichen strengen Akademismus – sei es im 18. Jahrhundert, sei es später.
Auch die Fantasie, op. 124, des reifen Camille Saint-Saëns hat nichts Akademisches an sich – sonst dem Komponisten keineswegs fremd. Stattdessen öffnet sich dessen klassizistisch ausgewogene und melodienselige Sprache hin zum Tonfall eines Maurice Ravel. Ohne ihren Bach im Geringsten abwerten zu wollen, ist doch jetzt das eigentliche Element für das Duo erreicht.
Nino Rota, elegant und fast schwerelos
Nach der Pause erlaubt die viel später komponierte Sonate des Italieners Nino Rota, der als Komponist von Filmmusik namhaft geworden ist, einen Schritt zurück. Wenn man so will, wird hier die Haltung jenes Saint-Saëns wieder ins Zentrum gerückt, über die seine Fantasie hinweggeht. Was man bei Rota allenthalben festhalten kann, ist sein elegant-virtuoser, fast schwereloser Duktus, den eine gewisse Schlichtheit in der Erfindung des Materials ausgewogen ergänzt.
An der Harfe allein interpretiert Mangold später noch Rotas „Sarabande e Toccata“. Eine eigenwillige Mixtur aus barockem Formgestus und verspielter Italianitá. Von Saint-Saëns wiederum wird eine Version des Schwans aus dem „Karneval der Tiere“ als Zugabe dargeboten. Flöte statt Cello? Ein schöner Vogel auf jeden Fall, vielleicht kein sanft dahingleitender mehr.
Beachtlich und hörbar nicht ganz frei von Anstrengung ist eine barocke Fantasie für die Flöte allein. Die Flötistin hat ein tiefer gestimmtes Instrument aus Holz mitgebracht, dem Telemann, der Barockmeister, recht Rücksichtsloses abverlangt.
Kann der Guru des Bandoneons, der Weltmeister des Neuen Tango, der Crossover-Herrscher in allen Kammerkonzerten der ungewöhnlichen Art sich als Höhepunkt gerieren? Vielleicht. Doch entpuppt sich die „Histoire du Tango“ zwischen Bordell 1900, Cafe 1930 und Night Club 1960 als ein garnicht so knapper, gar nicht so reißerischer Rückblick auf einen Musikstil mit eben dessen Mitteln. Komplexität, Brüchigkeit, Sprunghaftigkeit, natürlich auch der nötige Schwung und die nötige Melancholie sorgen für Spannung und bewirken doch ein Moment der Abstraktion.
Bis an die Grenzen des Instruments
Die Dreiteilung des Werks im obigen Sinn braucht es indes nicht. Jeder formale Abschnitt ist nach allen Seiten offen. Eine Selbstschau und Materialsichtung des Komponisten, aber keine enzyklopädisch konsequente. Chen Shen führt ihr Instrument an bis dahin ungekannte Grenzen. Wilde Schreie, scharfes Überblasen – das gehört dazu.
Ihr Lieblingsstück präsentieren die beiden Stars am Ende. Zu Zeiten eines Carl Maria von Weber – an den die Musik stilistisch markant erinnert – schrieben der Flötist Jean-Louis Tulou und der Harfenist Francois-Joseph Nadermann ein wirkungs-sicheres Nocturne in drei Sätzen. Warum diese im Saal begeistert aufgenommene Nummer nun unbedingt ein Nocturne sein soll und nicht eher eine Aufforderung zu Tanz und Konversation bei Tageslicht, sei dahingestellt. Doch was bedeutet schon solch ein beckmesserndes Fragezeichen im Angehör eines glänzenden Konzerts zum frühen Abend.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 17. Januar 2023
Schwungvolle Klassik vom Balkan
Opulentes Pro-Musica-Neujahrskonzert mit dem virtuosen Bayerischen Kammerorchester Bad Brückenau in der NeuStadtHalle
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NEUSTADT an der AISCH – Alljährlich erweist sich das „Festliche Neujahrs-konzert“ als Publikumsmagnet. 2023 wurde es organisiert und finanziert von der Stadt, dem Verein „pro musica“, der Sparkasse im Landkreis sowie der Gärtnerei Dornauer. Rüdiger Pfeiffer als zweiter Vorsitzender des Vereins kann ein volles Haus begrüßen.
In der NeuStadtHalle gastieren das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau unter der Leitung ihres künstlerischen Leiters Sebastian Tewinkel sowie Alon Sariel, Spezialist für Laute und Mandoline. Letztere hat er mitgebracht und interpretiert vor der Pause das Konzert für Mandoline und Orchester, G-Dur, von Johann Nepomuk Hummel.
Der Frühromantiker seiner Reifezeit bewegt sich hier noch ganz auf den Spuren Joseph Haydns. Der Solo-Part erklingt so geschliffen wie eingängig. Virtuose Forderungen stellt die Musik nicht, große Gesten sind ihr völlig fremd, die Melodien laden zum Mitsingen ein. Sofort wird spürbar, welche Sympathien die Musikerinnen und Musiker nicht nur einander, sondern auch dem Solisten wie dem Dirigenten entgegenbringen, und dass dies natürlich auf Gegenseitigkeit beruht und der charmanten Musik in ganz gleicher Weise gilt. Sebastian Tewinkel vermittelt in seinen subtilen wie pointierten Gesten souveräne Sicherheit und in Erinnerung könnte auch seine sehnig elegante Körperlichkeit schlechthin bleiben.
Mozart ist vor und nach der Pause zu hören, zunächst eine Sinfonie des Sechzehnjährigen, KV 134 in A-Dur, später das Divertimento in F-Dur, KV 138. In seiner Sinfonie werden die Streichinstrumente neben Hörnern von Flöten statt der üblichen Oboen unterstützt, Zeichen einer gewissen Leichtigkeit, des Verzichts auf jeglichen steifen Akademismus. Das Divertimento – wie alle weiteren Stücke im Orchester den Streichern vorbehalten – zeitigt dann bereits einen frühreifen Humor. All diese dezenten Finessen vermag das Orchester aus Berufsmusikern, aber keineswegs nur bayrischen, berückend präzise und tonschön zu vermitteln. Wenn so genannte B- oder auch „Telefonorchester" heutzutage kaum mehr von den Spitzenensembles zu unterscheiden sind, so sind die Stars dieses Neujahrskonzerts wahrlich beredte Zeugen.
Rumänische Klänge steigern den Anspruch
Das restliche Programm nebst Zugaben gehört folkloristisch geprägter musikalischer Erfindung. Hier sind die Ansprüche an das Ensemble deutlich größer. Vielleicht noch nicht so sehr im Falle Bela Bartoks, aber zweifellos, was dessen Landsmann – aus historischer Sicht – Sandor Veress betrifft. Stilistisch ist da der Ungar Bartok nicht weit weg, der Rumäne Georges Enescu auch nicht. Veress hat eine viersätzige Tanzsuite verfasst, die Transsilvanien huldigt. Soli für Violine oder Viola oder Violoncello beschwören eine dunkle Balkan-Natur herauf. Imitatives und fugiertes Material steht neben rhythmischer Komplexität, deren Höhepunkt im Finalsatz erreicht wird. So raffiniert ungarische Metren auch sein mögen, mit rumänischen steigt der Anspruch noch einmal. Kein Problem für die Bad Brückenauer Musikanten.
Alon Sariel beeindruckt im Rahmen des Zugabenblocks mit seiner Version des recht bekannten Klavierstücks „Asturias“ von Isaac Albeniz, oft auch auf der Gitarre gespielt. Die beliebten „Rumänischen Volkstänze“ von Bela Bartok wiederum gewinnen in seiner Adaptation für Mandoline und Streicher an Witz. Es gibt derart viele Fassungen des Fünf-Minuten-Renners, dass man vielleicht gar nicht so gespannt ist, dann aber überrascht wird von dem waschechten Puszta-Tonfall.
Das Auditorium ist hellauf begeistert, klatscht in gänzlich prä-rumänischen Metren, die Combo respektive der Solist bedanken sich mit Flamenco – wie vormals schon erwähnt – und vorher mit einem Tango Nuevo.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 2. Januar 2023
Dunkle Nächte zum Fürchten und Wundern
Ulrike Bergmann gab in der Neustädter Rathaus-Ehrenhalle Erhellendes, Erheiterndes und Erschreckendes über die so genannten Rauhnächte preis
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NEUSTADT an der AISCH – Die Zeit zwischen Heiligabend und dem Drei-Königs-Tag ist etwas ganz Besonderes. Die Bräuche mischen dabei auf manchmal irritierende Weise christliche und vorchristliche Traditionen. Ulrike Bergmann aus Ermetzhof entführte das Publikum von pro musica in der Rathausehrenhalle in diese manchmal ganz fremde Welt.
Mitgebracht hatte sie die Drehleier, eine keltische Harfe und die Gitarre. Die Hauptrolle spielte dabei die Drehleier, die mit ihrem liegenden Bass vom Klang her an einen Dudelsack erinnert. Darüber hinaus hat sie aber sogar eine Schnarrvorrichtung, die für den Rhythmus sorgt. So dass man gleich ein ganzes Orchester hat – sofern die Percussionabteilung ihren Dienst nicht gerade versagt.
Dieses Instrument war 1000 Jahre lang bis ins 19. Jahrhundert gebräuchlich. Als sogenannte „Bettlergeige“ ist es besonders geeignet, Denkweisen, Witz, Glauben und Aberglauben der vermeintlich „einfachen Leute“ wiederzugeben.
Ulrike Bergmann füllte die Rathausehrenhalle gut. Sie ist vielen bekannt, sei es aus ihrer Zeit als VHS-Leiterin oder durch die Konzerte bei ihr zu Hause im Marktbergeler Ortsteil auf der Frankenhöhe.
Sie sang, jodelte und bewies schauspielerisches Talent: bei der Unterhaltung zweier Ochsen ebenso wie beim Herbeirufen der Bilder der „wilden Jagd“, der sie wiehernd, miauend und heulend Leben einhauchte. Beim Singen schaltete sie von einem Moment auf den anderen zwischen klarem Alt und dem Krächzen einer Hexe hin und her. Die verschiedensten Dialekte, vor allem aus Österreich, waren ihr geläufig und wurden dem Publikum übersetzt.
Vom Lukasevangelium zur Eselsmesse
Der psalmodierende Vortrag des Lukasevangeliums, der ältesten biblischen Überlieferung der Weihnachtsgeschichte, stand ganz am Anfang des aufschlussreichen Abends. Den denkbar größten Kontrast dazu bildeten die „Eselsmessen“, bei denen der niedere Klerus ein Ventil für die Entsagungen und die verordnete Disziplin im übrigen Jahr fand: obszöne Segenswünsche, das Verspeisen fetter Würste auf dem Altar und orgiastisches Tanzen nahmen vermutlich auch ältere Traditionen mit auf, wie die Saturnalien der Römer. Statt Weihrauch wurden alte Schuhsohlen oder Exkremente verbrannt.
Apropos Rauch: Der war vermutlich namensgebend für die Rauhnächte. Vor dem neuen Jahr wurden nämlich alle Räume ausgeräuchert, auch die Ställe.
Kinder, die ihre Eltern mit Ruten schlugen und ihnen dabei Glück wünschten oder das dreifache Herumtragen der drei ersten Krapfen durch die jungen Mädchen ums Haus waren weitere fremd anmutende Bräuche. Bei den ersten beiden Umgängen ums Haus, begegneten die jungen Frauen dabei den Geistern, beim dritten aber konnten sie ihren zukünftigen Bräutigam erblicken. Aber Vorsicht! Sie durften ihn nicht ansprechen, sonst wäre er gestorben.
In den durchlässigen Nächten, den dunkelsten des Jahres, war eben so einiges unterwegs, was sich den Rest des Jahres wieder irgendwo verbarg. So auch der Tatzelwurm in der Mühlauer Klamm in Tirol. Der machte mit seinem feurigen Atem so manchem bravem Wanderer den Garaus. Als aber einmal ein „katzbuckliges Weib“ dort nach Streu für ihre Geiß suchte, verkroch sich der Drache vor dem „bösen Weib“ ins hinterste Loch – und wurde nicht mehr gesehen.
„Da bin ich froh, dass Sie jetzt lachen“, sagte Bergmann nach dem Vortrag im breiten Tirolerisch. Schließlich sei das Lied nicht politisch korrekt. „Aber wir können die alten Lieder ja nicht ändern“, meinte sie.
Auch die Tiere im Stall spielten in der Heiligen Nacht eine große Rolle: Sie sprachen die menschliche Sprache und das, was sie vorhersagten, erfüllte sich. In diesem Sinne wünschte der stellvertretende Vorsitzende von pro musica Rüdiger Pfeiffer dem Publikum nach einem anregenden Konzert, dass die Tiere ihnen nur Gutes geweissagt hatten.
ULLI GANTER
NN-Online, 31. Dezember 2022
pro musica – Jahresabschluss
Zwischen Jahren und Welten
Über magische Zeit der „Raunächte“ gesungen und erzählt
von Harald Munzinger
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NEUSTADT an der AISCH – In von Geistern und Dämonen beherrschte sowie von Sagen umwobenene Nächte wurde das Publikum beim musikalischen „pro musica“-Jahresabschluss entführt. Mit archaischen Klängen ihrer Drehleier und durchdringendem Gesang verstand es Ulrike Bergmann, die Mystik der Rau(h)nächte zwischen Weihnachten und dem Fest der Heiligen Drei Könige mit einem magischen Spannungsbogen in die Ehrenhalle des Neustädter Rathauses zu zaubern.
Melodien sollten der Kahn sein, auf dem die Geschichten erzählt wurden, die singend vorgetragen, viel eindringlicher sein sollten, wie Bergmann auf jene Zeit einstimmte, der im europäischen Brauchtum eine besondere Bedeutung zugemessen wird und das sich teilweise bis in die Gegenwart erhalten hat. Auch wenn wohl kaum noch an der Schwelle des Neuen Jahres Stuben und Ställe ausgeräuchert werden, Historiker im Silvesterfeuerwerk „noch einen Teil dieses Brauchtums erhalten“ sehen.
Ulrike Bergmann drehte mit dem Rad ihrer Leier die Zeit der intensiv gelebten „12 heiligen Nächte“ zurück, bezog auch die „Thomasnacht“ zur Wintersonnenwende mit ein. Damit sollte die dunkelste und gefürchtete Zeit der „durchlässigen Grenze des Dies- und Jenseits“ im Jahr beginnen, in der düstere Wesen mit allerlei Schabernack die Menschen schreckten, die vor dem „rastlosen Irren armer Seelen“ in ihren Stuben Schutz suchten, auf Weihwasser und -rauch zur Abwehr böser Geister setzten. Dafür sollten auch die Rosenkranzgebete und kräftiges Geläut der Kirchenglocken sorgen.
Mit variantenreich-ausdrucksstarker Stimme beim Gesang und den Erzählungen verstand es Bergmann ausgezeichnet, den Geschichten von den sprechenden und Unheil prophezeienden Tieren im Stall, dem Umgang der Jungfrauen, lautstarken wüsten Umtrieben der Dämonen oder den singenden und Glück wünschenden Kindern, dem Wäscheverbot, dem Weinen und Klagen der Unwesen oder Rutenschlägen zu den Neujahrswünschen die entsprechende Dramatik zu verleihen. Da fanden aufgestaute Emotionen ebenso ihren Ausdruck, wie die bedrückende Erinnerung an den Kindermord in Betlehem oder die wilde Jagd des von Odin (Wotan) und Holga (Frau Holle) angeführten Reiterheeres. Schrecklich der Gedanke, dass aus aufgehängten Wäschestücken Leichentücher würden oder die Seelen der Toten als mythische Jäger durch die Lüfte ziehen.
Erzählungen und Liedern gespannt gefolgt
Vom „Anklöpfellied“, mit dem Kinder in kleinen Gruppen unterwegs waren, um Glück zu wünschen und dafür kleine Geschenke zu erheischen, bis zum lärmenden Austreiben des Bösen in der letzten der zwölf Raunächte spannte Ulrike Bergmann den Bogen um ein mystisches Brauchtum, in dem sich „christliches Vorstellungswelt und sogenannte abergläubische Ansichten begegnen“. Das Publikum folgte Erzählungen und Liedern (zu Drehleier und Gitarre) gespannt und hätte mit seinem reichlichen Szenenapplaus wohl alle bösen Geister lange vor der Nacht auf den 6. Januar vertrieben, in der sie sich nach dem Volksglauben „zur Ruhe begeben“.
Offen musste Bergmann lassen, auf was sich der Begriff der Raunächte bezieht, ist doch die Etymologie des Wortes bis heute umstritten. Es könnte sich ebenso auf die Kürschnerei mit ihrer „Rau – oder Rauchware“, also Pelzen beziehen, da die Dämonen in Felle gehüllt ihr Unwesen trieben. Oder auch auf das Räuchern von Stuben und Ställen, über das schon im späten 15. Jahrhundert berichtet wird. Angenommen wird, dass der Brauch seinen Ursprung in der 12-Nächte-Differenz der Zeitrechnung von Mond- und Sonnenjahr hat, in den „toten Tagen“ die Gesetze der Natur außer Kraft gesetzt und daher die Grenzen zu anderen Welten offen sind. Eben jenen Welten mystischer Gestalten, die Angst und Schrecken verbreiteten, sich Dämonenglauben und Christentum verknüpfen. Das alte Jahr mit Getöse zu vertreiben ist mit den Feuerwerken geblieben.
Das neue begrüßt der Förderkreis „pro musica“ mit einem festlichen Konzert am 15. Januar 2023. Das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau gestaltet es ab 17 Uhr in der „NeuStadtHalle“ am Schloss mit Kompositionen von Wolfgang Amadeus Mozart, Johann Nepomuk Hummel, Sándor Veress und Béla Bartók.
HARALD MUNZINGER
FLZ, 21. November 2022
Hommage an Heinrich Heine
Der von Leidenschaft erfüllte Dichter hatte zahlreiche Liebschaften
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NEUSTADT an der AISCH – Zwei wahre Sternstunden durfte das Publikum bei der Veranstaltung des Vereins pro musica in der NeuStadtHalle erleben. Drei Künstler mit fränkischen Wurzeln nahmen sich in einer der Musik, der Rezitation und letztlich auch dem Theater verpflichteten Hommage des Dichters Heinrich Heine an.
Im Dunklen setzt das Geschehen ein, im Dunklen endet es mit dem Tod des Protagonisten. Er liegt in seiner Matratzengruft, „auf gewalkten Lumpen“, vermutlich lungenkrank, aber bis zuletzt aus der Erinnerung in einem fragwürdigen Selbstbild schwelgend.
Der Schauspieler Christian D. Kaltenhäußer spielt so inbrünstig wie pompös den welterfahrenen und doch lebensmüden Skeptiker, sei es im senkrecht aufgestellten Bühnenbett, sei es an der Schreibkommode, inszeniert in lapidarer Gestik und Mimik die Doppelbödigkeit eines genialischen Daseins zwischen der literarischen Romantik seiner Zeit und deren Gegengift.
Heine, ein politischer Asthet, ein konservativer oder vielmehr naiver Revolutionär. Franzose ist er geworden und Christ, der einstige Deutsche und Jude. Von Leidenschaft und Leidenschaften ist er erfüllt.
Seiner Frau hat er versprochen, treu zu sein, aber fortwährend misslingt ihm die richtige Anrede, ersetzt er ihren Namen durch die Namen seiner zahllosen Liebschaften. „Warum Mathilde nicht Mathilde hieß“, so heißt denn auch das Programm im Titel. Heines französische Gattin trug als Mädchen einen wieder anderen Vornamen (Augustine Crescence).
Gesang stand im Mittelpunkt
Mathilde, das ist Cornelia Schmid. Gelegentlich kontert sie, mild angeödet, aber auch die Rolle der Sorgenden weiß sie zu verkörpern. Wenn der Gesang im Mittelpunkt steht, und das tut er zumeist, erweist sich ihr Sopran als tiefensicher, bruchlos, sonor, dem Lyrischen ebenso zugetan wie dem Balladesken.
Eine exzellente Stimme, die am Klavier ebenbürtig begleitet wird von Britta Köstner. Die Pianistin passt sich mühelos den jeweiligen Stimmungslagen und deren erforderlicher Rhetorik an. Das bedeutet indes im besten Sinne des Wortes Harmonie, weder Begleitung im engen Sinne noch Kampf noch Profilierung oder Unterordnung.
Die Mitwirkenden haben ein Programm erstellt, welches nur bei akribischer Materialkenntnis möglich ist. Allein die präzisen Werkangaben auf dem Programmblatt lassen dies bereits erkennen.
Was soll man, alles in allem, mehr bewundern? Die stets subtile Verknüpfung der gedanklichen und strukturellen Elemente, bis hin zum Wortspiel – etwa wenn die Konzertpause, die Theaterpause ansteht? Oder schlicht die Auswahl der Texte und vor allem der Lieder? In Stichproben, subtil beleuchtet zwischen sehr Bekanntem und nur Spezialisten Vertrautem, wird der Kosmos romantischer Vertonungen abgedeckt.
Zu den ausgewählten Gedichten gehören jeweils bis zu fünf Komponistennamen. Wie unterschiedlich klingt die Vaterlandsbegeisterung, wenn mild resignativ getönt im Sinne Schumanns oder wenn pathoserfüllt im Sinne Wagners. Die „einsame Träne" einer Nadja Boulanger, der spätesten Romantikerin des frühen Abends – wie viel französischer, ja greller ertönt sie bei aller harmonischen Süffigkeit als der gleiche Text, von Peter Cornelius gedeutet.
Wer war also Heine, der hier einem dankbaren Publikum so unterhaltsam wie lehrreich vermittelt wird? Die Prosa, aus der zitiert wird und die von Kaltenhäußer keineswegs vorgelesen werden muss, zeigt einen durch und durch zerrissenen Träumer.
Mit allen Wassern der Ironie ist er gewaschen. Er bricht herunter, was heilig ist oder scheint. Und je mehr sich der Popanz geriert, auf den Heine einst hereingefallen ist, desto schärfer ist sein Spott.
Heine hat mitgeprägt, was man als „romantische Ironie“ bezeichnet, ein freilich sehr komplexes Phänomen. Romantische Ironie zeigt das Gedicht „Handstand auf der Lorelei“ – von Erich Kästner als dem Über-Ich Heines post mortem. Und natürlich bedeutet romantische Ironie, sich selbst als existenzielles Konzept in Frage zu stellen. Sie bedeutet aber eben auch, ein Bild von sich aufzuhängen.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 2. November 2022
Wandlungsfähig, farbig und höchst virtuos
Brillantes Konzert mit ungewöhnlichen Facetten in der NeuStadtHalle
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NEUSTADT an der AISCH – „Farben & Märchen“ haben sie ihr Programm betitelt, das Trio Klangwelt. Nicht zum ersten Mal in der Region, waren sie diesmal der Einladung des Vereins pro musica in die NeuStadtHalle gefolgt. Erlesen sind die Farben und eine rare Welt im Reich der Kammermusikklänge haben sie dem begeisterten Auditorium anzubieten.
Miroslaw Bojadzijew (Viola), Marco Alexander Gorencic (Klarinette) und die Pianistin Elena Polyakova machen bekannt – oder noch einmal vertrauter – mit einer kleinen Zahl von Preziosen, unter denen in der Musikgeschichte Mozarts Trio, KV 498, nicht nur den vermutlichen Beginn, sondern zugleich Höhepunkt verkörpert. Ganz auf das melodische Element fokussiert und eben von exquisiter Farbigkeit, sind die drei Sätze keineswegs auf Kontrastwirkungen angelegt. Mozart scheint hier nicht weit entfernt von romantischer Delikatesse jenseits formaler Strenge. Vor allem im ersten Satz ordnen sich die Musiker einander unter, akzentuieren den Mischklang, um dann im Finale doch das virtuose Element der einzelnen Parts hervorzukehren.
Die Dame am Klavier, während sämtlicher Werke des Abends stets gefordert und stets souverän, dabei ungemein wandlungsfähig, die beiden Herren, die sich später je eine Pause gönnen dürfen, scheinen sich jetzt ganz individuell auszuleben. Dass dies der Geschlossenheit eines Gipfelwerks klassischer Kammermusik keinen Abbruch tut – man darf es bewundern. Erwähnt sei noch, dass Gorencic sich kleine Zierfinessen gestattet, auf die man quasi gewartet hat – ein wenig noch barockisierend, um dem Werk auch in der Retrospektive Geltung zu verschaffen.
Neben Mozart hat Schumann für die Besetzung mit der Bratsche geschrieben. Es sind die späten „Märchenerzählungen“, op. 132. Jetzt erscheint von Beginn an der Zugriff des Trios spürbar beherzt, voller Leidenschaft, pauschal höher in der Dynamik ausgepegelt. Man spürt, dass das Trio Klangwelt das ungewöhnliche Farbspektrum nicht zum Eigenwert erklärt, sondern sehr wohl andere Zeitläufte mit anderem Stilbewusstsein zu verknüpfen weiß.
Ein pfiffiges längeres Salonstück für Klarinette und Klavier setzt das Konzert nach der Pause fort. Michele Mangani, Jahrgang 1966, hat „Colors from China“ in Töne gesetzt. Das pentatonische Stereotyp wird nachimpressionistisch aufgeweicht; die Musik erklingt so attraktiv wie unprätentiös.
Dann wechselt Bojadzijew zur Violine und brilliert, ganz wörtlich und im übertragenen Sinne, in den höchsten Tönen. Eigentlich kann man Pablo de Sarasates „Zigeunerweisen“ als Berufsmusiker nicht leicht in den Sand setzen, dennoch verblüfft in Neustadt die Eigenständigkeit des hochvirtuosen Geigenparts, denn jenseits des eher grellen Klischees bleibt genügend Raum für Melancholie und Beschaulichkeit.
Der frühe Abend wird beschlossen mit dem Konzert für Klarinette, Viola und Orchester, op. 88, des eigentlich recht biedermeierlichen Max Bruch. Man vermisst keinen Augenblick den großen Apparat, den die Pianistin ersetzt. Allenthalben überlässt sie ihren Kollegen die Bälle, die diese sich so gekonnt wie liebevoll zuwerfen. Das Werk lohnt – es muss nicht immer nur das berühmt-berüchtigte Violinkonzert in g-Moll sein, das man sich gerne zu Gemüte führt
Eine erfreulich längere Zugabe präsentiert das Trio, nicht ohne vor her dem Publikum ob seiner Kompetenz und Ulrike Wesche ob ihrer perfekten Organisation zu danken. Im Finalsatz von Beethovens „Gassenhauer-Trio“ muss die Bratsche Cello spielen. Als wäre es immer so gewesen.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 12. Oktober 2022
Ein Konzert der Täuschungen
Ungewöhnlicher Zeitpunkt, ungewöhnliche Themenwahl
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NEUSTADT an der AISCH – Neujahr im Oktober: Unter Leitung von Professor Wolfgang Kurz holte das Würzburger Kammerorchester das zu Jahresbeginn wegen Corona, ausgefallene Neustädter Neujahrskonzert jetzt nach. Um es vorweg zu nehmen: Die Verschiebung des musikalischen Jahresbeginns tat der Qualität der Darbietungen keinen Abbruch.
Der Verein „pro musica“ wollte angesichts aktuell wieder steigender Inzidenzen den Besuchern einen möglichst ansteckungsfreien Musikgenuss bieten. Somit wurden am Sonntag gleich zwei Aufführungen geboten - der Zuhörerraum konnte dadurch deutlich „entzerrt“ werden.
Der Nachwuchs durfte Fragen stellen
Erstmalig hatte „pro musica“ Schülern der örtlichen Musikschule den kostenlosen Besuch des Konzerts ermöglicht, Die Resonanz darauf war höchst erfreulich und als kleine Überraschung beantworteten die aufführenden Musiker geduldig Fragen ihrer möglichen zukünftigen .Kollegen".
Das Programm verwunderte auf den ersten Blick. Romantiker wie Robert Schumann oder Camille SaintSaens. Opern- und Operettenkomponisten wie Ruggero Leoncavallo, Richard Strauß, Giuseppe Verdi, Wolfgang Amadeus Mozart trafen auf den der Volksmusik zugewandten Aram Chatschaturjan, den Verfasser von Hymnen und Sinfonien, Dimitri Schostakowitsch und Songwriter Bert Kaempfert. Neben bekannten Opern- und Operettenmelodien kamen ein Popsong, ein Walzer sowie andere Melodien zur Aufführung. Eines jedoch haben alle Werke gemeinsam: Ihnen liegt eine Maskerade, eine Täuschung, zugrunde.
Von Arbeitsteilung und Pseudonymen
Professor Kurz moderierte amüsant und aufklärend. So war zu erfahren, dass Johann Strauss, Komponist der „Fledermaus“, hauptsächlich die Melodien komponierte, weite Teile der Instrumentierung aber von Richard Genee ausgeführt wurden. Um Frank Sinatras „Strangers In The Night“ gab es Streit, ob tatsächlich Bert Kaempfert der Komponist sei zahlreiche andere Komponisten beanspruchten die Urheberschaft ebenfalls. Camille Saint-Saens ließ seinen „Carneval der Tiere“ nicht zu Lebzeiten aufführen da er Ärger mit Berufskollegen fürchtete, die er darin zitierte. Wolfgang Korngold wiederum, dem man mit 23 Jahren schon das Genie Mozarts zugeschrieben hatte, komponierte zusammen mit seinem Vater die Oper „Die tote Stadt“ unter einem Pseudonym.
Obwohl noch im Masterstudium erwiesen sich die fünf Streicher des Ensembles auf der Bühne der NeuStadtHalle im Verbund mit Professor Kurz am Flügel als wahre Meister an ihren Instrumenten. Chatschaturjans Walzer „Masquerade“ zelebrierten sie mit Temperament und Leidenschaft. Mozarts .Canzonetta des Don Giovanni" bereicherten sie mit exakten, sensiblen Pizzikatos, die „Ouvertüre der Fledermaus“ gestalteten sie schwungvoll, verspielt. Den Galopp aus Schostakowitschs „Die Hornisse“ strichen sie energisch und kontrastreich sensibel. Sie erwiesen sich als perfekte Begleiter der Gesangssolisten und trugen ihre Musikerkollegen einfühlsam und aufmerksam durch ihre Arien. Besondere Erwähnung gebührt Yiyeong Kims Spiel des Violoncellos, im „Karneval der Tiere“. In tenoraler Stimmlage ließ sie vor den inneren Augen der Zuhörer einen majestätisch dahingleitenden Schwan erscheinen.
Die drei Gesangssolisten, ebenfalls Masterstudenten, wurden von Kurz als „creme de Ja creme“ der Opernschule der Würzburger Hochschule für Musik vorgestellt. Wahrscheinlich hat er nicht übertrieben: Yuli Zhang (Tenor) überzeugte mit voller Stimme. Vor allem das „Lied des Armando“ in Fred Raymonds „Maske in Blau“ gestaltete er leidenschaftlich und sehr temperamentvoll, aber auch sensibel und mit dem notwendigen Gefühl. Dass er stellenweise ablesen musste, und phasenweise etwas derangiert wirkte, trübte den Gesamteindruck allerdings etwas. Auch ein interessiertes Kleinstadtpublikum darf sicherlich Textsicherheit und angemessene Kleidung erwarten.
Der Bariton Dong Won Seo artikulierte sehr klar und verzichtete dankenswerterweise darauf, Frank Sinatra zu imitieren. „Strangers In The Night“ interpretierte er statt dessen sehr schlicht, beinahe puristisch, so dass dieser klassischste aller Popsongs einen ganz neuen, jedoch sehr angenehmen Klang erhielt.
Die Sopranistin Yutong Shen klang selbst in höchsten Höhen sehr voluminös, rein und klar. Besonders glänzend gelang ihr die „Arie des Oscar“ in Guiseppe Verdis „Ein Maskenball“.
Eine Zugabe war offensichtlich nicht vorgesehen. Zumindest in der zweiten Aufführung gelang es dem begeisterten Neustädter Publikum allerdings mittels Standing Ovations eine solche zu erklatschen: Die Künstler wiederholten das „zweite Finale“ aus der „Fledermaus“.
rpf
FLZ, 8. September 2022
Mit Heinrich Heine und Mandolinensolo
Der Förderkreis pro musica präsentiert ein buntes und beeindruckendes Programm mit acht Veranstaltungen – NeuStadtHalle ist Hauptspielort
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NEUSTADT an der AISCH – Mit acht Veranstaltungen lockt der Förderkreis pro musica in der Saison 2022/23 zu Konzerten. Gefördert werden – so steht es in den Vereinsstatuten – Kammermusik und junge Talente. Quer durch die Jahrhunderte und Stilrichtungen wird ein buntes Programm geboten, bei dem teilweise auch Literatur zu erleben ist.
Dies teilte die Vorsitzende Ulrike Wesche nun mit. Den Anfang macht das Würzburger Kammerensemble in der NeuStadtHalle – fünf Mitglieder des Würzburger Kammerorchesters – am Sonntag, 9. Oktober. Es gibt sogar zwei Konzerte – eines um 12 Uhr und eines um 17 Uhr. Die Veranstaltung ist mit dem Wort „Masquerade“ überschrieben. Die Solistinnen sind Yutong Shen (Sopran), Yuli Zhang (Tenor) und Dong Won Seo (Bariton). Die Leitung hat Professor Wolfgang Kurz inne.
Auf dem Programm des Streichensembles stehen das Klavierquintett von Robert Schumann, Es-Dur, op. 44, 1. Satz, der Schwan aus dem Karneval der Tiere von Camille Saint-Saėns und Teile aus der Hornisse von Dmitri Schostakowitsch. Von Johann Strauß wird die Ouvertüre aus der Operette Fledermaus geboten, die Masquerade-Suite von Aram Chatschaturjan wird gespielt sowie Arien und Duette aus Opern, Operetten und Musicals.
Farben und Märchen ist Motto des Abends
Noch im gleichen Monat, am 30. Oktober, gastiert das Trio Klangwelt ab 17 Uhr in der NeuStadtHalle am Schloss. Der Abend trägt das Motto „Farben und Märchen“. Die Ausführenden sind Miroslaw Bojadzijew an der Violine und an der Bratsche, Marco Gorencic an der Klarinette und Elena Polyakova am Klavier. Im Repertoire haben sie das Kegelstatt-Trio von Wolfgang Amadeus Mozart, die Märchenerzählungen von Robert Schumann, die Farben Chinas (Colors from China) von Michele Mangani, die Zigeunerweisen von Pablo de Sarasate und das Doppelkonzert von Max Bruch.
Dem großen deutschen Schriftsteller Heinrich Heine widmen Britta Köstner am Klavier, Sopranistin Cornelia Schmid und Bariton Christian D. Kaltenhäußer eine Aufführung. Diese findet am Samstag, 19. November, statt (17 Uhr). Mit dem Satz „Warum Mathilde nicht Mathilde hieß …“ ist es überschrieben. In der NeuStadtHalle sind die drei Musiker mit Werken von Felix Mendelssohn-Bartholdy, Clara Schumann, Alban Berg, Robert Schumann, Edvard Grieg, Anton Bruckner und Carl Loewe zu erleben.
Am Donnerstag, 29. Dezember, kommt Ulrike Bergmann mit ihrer Drehleier in die Rathausehrenhalle. Ab 19 Uhr singt sie Lieder und liest Geschichten rund um die Rauhnächte. Dies sind die zwölf Nächte zwischen den Jahren. Ihr Motto lautet: „Beschütz’ uns jetzt und alle Zeit – die Menschen, Viech und Leit“.
Einen Höhepunkt in der pro-musica-Saison stellt das mittlerweile regelmäßig veranstaltete „Festliche Neujahrskonzert“ dar. Am Sonntag, 15. Januar 2023, spielt das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau ab 17 Uhr.
Rumänische und transsilvanische Tänze
Die Leitung obliegt Sebastian Tewinkel. Als Solist fungiert Alon Sariel auf der Mandoline. Das Orchester wählte eine interessante Programm-Kombination: Wolfgang Amadeus Mozarts „Sinfonie A-Dur“, Johann Nepomuk Rummels „Konzert für Mandoline und Orchester“, Sandor Veress' Quattro danze transsilvane und die Rumänischen Volkstänze von Béla Bartók.
Flöte und Harfe sind die Instrumente des Duo-Abends am Sonntag, 5. Februar 2023. Es beginnt um 17 Uhr in der NeuStadtHalle, Einlass ist ab 16 Uhr. Werke von Johann Sebastian Bach, Camille Saint-Saėns, Astor Piazzolla, Nino Rota, Georg Philip Telemann, Jean-Louis Tulou und Franççois-Joseph Nadermann präsentieren die Künstler Chen Shen (Flöte) und Anton Mangold (Harfe).
„La Selva Armonica“ – das klingt spanisch. Das Geheimnis lüften am Sonntag, 12. März 2023, ab 17 Uhr drei Musikerinnen in der NeuStadtHalle auf historischen Instrumenten der Klassik: Ulrike Hünefeld an der Flöte, Astrid Knöchlein spielt die Oboe und Julia Marion das Fagott.
Unter dem Titel des Abends „Klassik original“ bringen sie die eher unbekannten Kompositionen von Jacques Widerkehr (Trio F-Dur) und von Giuseppe Maria Cambini (Trio C-Dur) zur Aufführung. Bekannter dagegen dürften von Wolfgang Amadeus Mozart die „zwei Divertimenti“ und von Ludwig van Beethoven das Trio C-Dur op. 87 sein.
Die Konzert-Saison klingt mit dem BläserQuartett aus. Dahinter verbergen sich Matthias Eckart (Trompete), Susumu Kakizoe (Tuba und Cimbasso), Stephen Jenkins (Posaune und Didgeridoo) sowie Christian Hutter am Klavier. Ihr Konzert am Sonntag, 23. April 2023, ab 17 Uhr in der NeuStadtHalle verspricht. „Ungewöhnliche und lebendige Kammermusik aus verschiedensten Kulturen und Epochen“. Unter dem Motto „Ottone versatile“ werden Werke von Georg Christoph Wagenseil, Antony Holborne, Henry Purcell, Arthur Frackenpohl, Trygve Madsen, Richard Roblee, Matthias Eckart und Stephen Jenkins zum Besten gegeben.
Einlass zu den Konzerten ist jeweils eine Stunde vor Beginn. Karten im Vorverkauf. gibt es in den Neustädter Buchhandlungen Dorn und Schmidt sowie zusätzlich online für das Masquerade - und das Neujahrskonzert über reservix.de. Weitere Infos stehen unter www.promusica-nea.de zur Verfügung.
Auch eine Vorschau in Sachen Jazz kann der Förderkreis bieten: Am Samstag, 7. Oktober 2023, tritt die Marcus Marr Bigband auf.
ANITA DLUGOSS
FLZ, 10. Mai 2022
Der zerrissene Superstar
Christoph Soldan vermittelte beim Klavierkonzert in der NeuStadtHalle
ein eindrucksvolles Bild des Romantikers Franz Liszt
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NEUSTADT an der AISCH – „Annees de Pelerinage“ – Franz Liszts Pilgerjahre, ein großartiger Klavierzyklus, in fünf Auszügen geboten von einem großartigen Pianisten. Doch der Clou beim jüngsten Konzert im Rahmen der Neustädter Reihe „pro musica“ war deren frappierende Kombination mit der Lesedarbietung eines aufschlussreichen Briefwechsels.
Christoph Soldan spielt am Bösendorfer-Flügel und vermittelt Sachinformation über die Vita Liszts sowie manch Anekdotisches, das quasi nebenbei Rückschlüsse auf den Prototyp einer romantischen Künstlerkarriere im 19. Jahrhundert erlaubt. Soldans Gattin Stefanie Goes, Choreographin, Tänzerin, bietet im Wechsel mit Soldan Beispiele aus den die Distanzform vergangener Tage stets wahrenden Briefen, die Liszt und Gräfin Marie d'Agoult, seine wichtigste Lebensabschnittsgefährtin, zwischen 1833 und 1840 getauscht haben.
Der aus 26 Stücken bestehende Zyklus ist neben der h-Moll-Sonate wohl Liszts wichtigste Klavierschöpfung. Er ist über Jahrzehnte hinweg in drei Heften erschienen. Es sind reale Reisestationen, doch orientiert an literarischen Vorbildern, und sie gestalten, ganz im Sinne des Titels, die Pilgerschaft einer kreativen Seele.
Das Spektrum der programmatischen Kompositionen reicht von den effektsicheren, hoch pathetischen Nummern aus dem ersten und zweiten Heft – „Sposalizio“ und „Vallee d'Obermann“ – hin zum Spätwerk des jetzt in Kutte gekleideten Komponisten, den berühmten Wasserspielen der Villa d'Este zu Tivoli sowie dem eher schlichten Angelus-Gebet.
Nicht nur in denkbar größter dynamischer Breite, bei stetem Körpereinsatz und hörbar wahrzunehmender gedanklicher Durchdringung präsentiert Soldan diese Musik, er erläutert auch zuvor Motivisches, betont die Rolle des Glockenklangs, lässt implizit schließlich ebenso die Bedeutung des Wassermotivs bei seiner Auswahl erkennen. Denn das Stück „Au bord d'une source“, namentlich von einer Quelle inspiriert, stellt den Vorläufer der Tivoli-Musik dar, die Ravel später im Ohr gehabt haben muss bei seinen „Jeux d'eaux“. Vielleicht gilt Analoges auch für die Glockenklänge.
Ausgespart bleiben bei dieser sinnfälligen Wahl aufgrund der Programmvorgabe nur das karge, beinahe atonale Spätwerk, bleiben aber ebenso die zahllosen, nicht selten nur vordergründigen Virtuosennummern, die Liszts Ruf zugleich gefördert und behindert haben. Eigentlich erinnert allenfalls die ObermannSkizze mit auftrumpfend orchestralen Figurationen an diese Modeprodukte – andererseits klingt aber hier die exzellente Sonate in h-Moll an.
Was das „Klavier- und Lesekonzert“ so ganz nebenbei bewirkt, ist also gewiss nicht eine Bestätigung von Klischees zu Liszts Musik. Anders bestellt ist es indes um den Menschen, der in den Briefen zu uns spricht. Liszt als ein früher Pop-Titan, der sich nicht retten kann vor Verehrerinnen und sich mit falschen Haarlocken behelfen muss. Während die Gräfin sich gerne bescheidet in der ihr zugewiesenen Standesordnung und allenfalls gelegentlich ein weiblich subtiles Augenzwinkern herauszulesen ist, beteuert das Genie höchste Empfindungen mit religiöser Inbrunst, ohne je Nachhaltigkeit zu praktizieren.
Zweifellos ist Liszt ein zerrissener unter den gebrochenen romantischen Musikern. Und das „Spirituelle“, auf das Soldan mehrmals direkt hinweist, scheint hier relevant wie nicht annähernd für tragische, stets in Todesnähe schaffende Künstler, sagen wir wie Schubert, Schumann oder Tschaikowsky. Oder geschieht dies in Liszts Fall nur der Form halber? Ist dieses Spirituelle nicht doch primär die bloße Attitüde eines (siehe Programm-Untertitel) „Salonlöwen“ und „Superstars“, der jetzt als gealterter „Mönch“ den schönen Blick auf die Wasserspiele genießen darf? Liszts Pilgerreise am Klavier nimmt gedanklich Bezug auf Goethes Wilhelm-Meister-Romane, auf ein wichtiges Werk des Dichterfürsten aller Deutschen seit zweihundert Jahren. Freilich war Goethe, der Idealist, ein rücksichtsloser Opportunist im realen Leben.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 1. April 2022
Hoffnungsträger der Klassikfreunde
„pro musica“ feiert im kommenden Jahr 20. Geburtstag und hat die Pandemie laut Ulrike Wesche mittlerweile schon ganz gut verdaut
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NEUSTADT an der AISCH – Im Bereich der klassischen Musik hat der Landkreis Neustadt an der Aisch – Bad Windsheim ein bemerkenswertes Angebot an Kulturveranstaltungen zu bieten. Das ist nicht zuletzt auch ein Verdienst von „pro musica“ aus Neustadt.
Sein 20-jähriges Bestehen feiert der Förderkreis pro musica aus Neustadt im kommenden Jahr. 2003 wurde der Verein von Dr. Dieter Geißendörfer, damals Leiter des Posaunenchors und der Fränkischen Bläservereinigung, gegründet und geführt. Nach seinem Tod im Herbst 2012 wurde Ulrike Wesche aus Dietersheim, bis dato seine Stellvertreterin im Jahr 2013 zur neuen Vorsitzenden gewählt.
Lebendige Mischung verschiedener Stile
Der gemeinnützige und ausschließlich ehrenamtlich getragene Verein widmet sich vor allem der Kammermusik. „Unser Anspruch ist eine lebendige und gesunde Mischung aus unterschiedlichen Stilrichtungen auf die Beine zu stellen, dargeboten von Laien, Halbprofis und Profis“, erklärt Ulrike Wesche. Ein besonderes Highlight ist dabei das traditionelle Neujahrskonzert mit großem Orchester. Zu den Höhepunkten des Vereinslebens gehörten aber auch die jährlichen, dreitägigen Opern-Fahrten nach Verona, bis Corona diese unmöglich machte.
Pro musica verfügt nach fast zwei Jahrzehnten über beste Kontakte in die lokale und auch deutschlandweite Musikszene. Das fängt beim Nachwuchs an, den Absolventen der Musik-Leistungskurse an den Gymnasien, der Neustädter und der Fürther Musikschule und der Nürnberger Hochschule für Musik und geht bis hin zu Stars der klassischen Musik.
Dabei finanziert man sich aus Beiträgen und Spenden. „Wir haben etwa 90 Mitglieder, das ist toll", findet Ulrike Wesche. Ihr Ziel ist es, die Eintrittspreise für die Konzerte erschwinglich zu halten. Bei den meisten Veranstaltungen kostet ein Ticket lediglich 15 Euro, im Vergleich zu anderen Klassikkonzerten ist das ein Schnäppchen.
Natürlich hat die Pandemie die Vereinsarbeit beeinträchtigt, zahlreiche Konzerte mussten vertagt werden. Doch nun gibt es Licht am Ende des Covid-Tunnels: „Aktuell stehen nur noch zwei dieser Veranstaltungen aus“, freut sich Wesche und findet für sich selbst einen kleinen Trost für die vergangenen Jahre: „Ich fand es dennoch schön, während der Pandemie die nächsten Programme planen zu können und meinen Blick in die Zukunft zu richten.“
Die Vorlaufzeiten für die Konzertprogramme sind beträchtlich, müssen doch vorab zahlreiche Bewerbungen von Ensembles und Musikern aus ganz Deutschland beurteilt und die Verträge ausgehandelt und geschlossen werden. Froh ist die pro-musica-Vorsitzende darüber, dass es ihren Erfahrungen nach in der Kammermusik kaum Stars mit Allüren und großen Ansprüchen gibt. Die Bewerbungen der Künstler durchlaufen verschiedene Stufen, gesammelt werden Informationen und Videos aus dem Internet, mitgeschickte CDs werden gehört und beurteilt.
Die Verwandtschaft hilft bei der Auswahl
Wenn möglich besucht Ulrike Wesche vorab sogar ein Live-Konzert des fraglichen Ensembles. Die angebotenen Programme klopft sie zudem auf ihre Tauglichkeit für das Zielpublikum ab. „Glücklicherweise habe ich einen künstlerischen Beirat“, sagt Ulrike Wesche – zu ihrer Verwandtschaft zählen außerdem studierte Musikerinnen und Musiker. „Wir diskutieren das auch mit den Künstlern, stellen teilweise einzelne Programmpunkte um.“
Erfreulich gut sei die Zusammenarbeit mit anderen Kulturträgern in der Region, betont Wesche. Man spricht sich regelmäßig ab, so dass es keine Überschneidungen gibt, möglichst keine Konzerte gleichzeitig stattfinden. Dankbar ist Ulrike Wesche auch den örtlichen Ladenbesitzern, bei denen man für pro musica plakatieren darf. Das sei eine wichtige Unterstützung für den Verein, der sich im übrigen jederzeit über neue Mitglieder freut.
Mit dem Pianisten Christoph Soldan steht am Sonntag, 8. Mai, ein besonderes Klavier- und Lesekonzert auf dem Programm. Der Titel: „Franz Liszt: Salonlöwe, Superstar, Mönch“. Beginn ist um 17 Uhr in der NeuStadtHalle am Schloss.
Soldan ist als Pianist und Dirigent seit 30 Jahren weltweit unterwegs. Er führt mit seiner Frau, der Tänzerin und Choreographin Stefanie Goes, ein eigenes Theater im Jagsttal und ist künstlerischer Leiter mehrerer Konzertreihen in Deutschland. Beim Konzert lesen Christoph Soldan und Stefanie Goes den Briefwechsel zwischen dem Komponisten und Marie d’Agoult, Liszts erster großen Liebe, die er als Student im Salon von George Sand in Paris traf. Die aufgeführten Klavierwerke stammen aus dem Zyklus „années de pèlerinage“ (Pilgerjahre).
GABI GRASSL
FLZ, 8. März 2022
Zarte und treibende Melodielinien
Das Klenke-Quartett aus Weimar gab Wiener Klassik und Zeitgenössisches zum Besten – Sphärische Klänge von Ursula Mamlok
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NEUSTADT an der AISCH – Mit dem Weimarer Klenke Quartett konnte der Förderkreis "pro musica" ein international renommiertes Ensemble gewinnen. Das Streichquartett war am Sonntag in der NeuStadtHalle zu Gast. Werke der Wiener Klassik, aber auch Zeitgenössisches stand unter dem Motto "Saitenklang" auf dem Programm.
Seit gut drei Jahrzehnten spielen die Musikerinnen zusammen. Annegret Klenke, Beate Hartmann, beide Violine, Yvonne Uhlemann, Viola, und die Cellistin Ruth Kaltenhäuser kennen sich aus Ihrer gemeinsamen Zeit an der Musikhochschule Franz Liszt in Weimar. Vielfach ausgezeichnet, gehören die vier Künstlerinnen inzwischen längst zur Streichquartett-Oberliga.
Vom virtuosen Spiel dieses Ensembles konnten sich die Zuhörerinnen und Zuhörer beim Konzert überzeugen: feiner Streicherklang, klar im Ton, verbunden mit höchster Aufmerksamkeit und Spielfreude. Das kennzeichnete das Spiel der vier. Zarte Melodielinien, kraftvolle und treibende Taktfolgen, beherrschen sie ebenso wie ausgeprägte Pizzicato-Passagen.
Hayden und Beethoven als Eckpfeiler
Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven bildeten die Eckpfeiler des Konzerts. Dazwischen setzte das Ensemble ein Streichquartett der deutsch-amerikanischen Komponistin Ursula Mamlok (1923 bis 2016) aus dem Jahr 1998. Mit ihrer jüdischen Familie hatte sie als Kind 1938 Berlin verlassen müssen. Sie lebte und wirkte in Amerika, ehe sie 2006 wieder nach Berlin zurückkehrte.
Mit den beiden Werken der Wiener Klassik, Haydns Streichquartett in G-Dur op. 77 Nr. 1 sowie Beethovens Streichquartett in Es-Dur op. 74, legte das Klenke Quartett eine für unsere Ohren eher gewohnte Klangspur, auf der Mamloks zeitgenössische Komposition erst richtig zur Geltung kommen konnte.
Beethoven war ein Schüler Haydns, soweit ist eine Verbindung nachvollziehbar. Beide hatten seinerzeit mit ihrer Musik neue musikalische Wege eröffnet, deren Tonsprache schon weit über das 18. Jahrhundert hinaus deutete. Das tat auch Ursula Mamlok mit ihrer Komposition.
Impulse gab für sie dabei die Zwölftonmusik, die alle zwölf Töne der Tonleiter, also auch die Halbtöne, in eine Reihe stellte. Ungewohnt und fremdartig klang das im ersten Moment, zumindest wenn man nicht mit der Zwölftonmusik vertraut ist. Sie eröffnete neue, sphärisch wirkende Klangräume. Beim ersten Satz, "With fluctuating tension", ist jeder Takt anders gestaltet.
Unterschiedliche Taktzahlen lassen keinen einheitlichen Rhythmus aufkommen. Kontrastreich und witzig klingt dies. Eine Herausforderung für die Streicherinnen ist es außerdem. Der Kernsatz in der Mitte, das Larghetto, tröpfelte dahin, bekam eine beinahe meditative Aura "Joyful", also mit fröhlicher Ausstrahlung, endete das Werk.
Für den reichlichen Applaus bedankte sich das Klenke Quartett mit dem Tango aus Erwin Schulhoffs "Fünf Stücke für Streichquartett". Auch er ein Wandler und Neuerer, an der Grenze zwischen Klassik und Jazz..
ELKE WALTER
FLZ, 22. Februar 2022
Neuentdeckungen jenseits der Vorurteile
Das Gernsheim-Duo präsentiert in der NeuStadtHalle ein Konzert mit Werken fast vergessener jüdischer Komponisten
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NEUSTADT an der AISCH – Ulrike Wesche, Vorsitzende des Vereins „pro musica“ wies bei der Begrüßung zum Konzert des Gernsheim-Duos in der NeuStadtHalle auf den Kontext hin: Bereits vor dem Konzert bestand die Möglichkeit für Interessierte, eine Museums-Sonderöffnung im benachbarten Alten Schloss wahrzunehmen. Einmal mehr geht es um jüdische Kultur in Franken.
Damit jedoch zum eigentlichen Konzertereignis: Anna Gann (Sopran) und die Pianistin Naoko Christ-Kato hatten sich vor einigen Jahren zusammengetan, um liebevoll und akribisch ihre künstlerischen Berufe mit Archivarbeit zu verknüpfen. Ihre Neugier gilt Kunstliedern, die von „vergessenen“ Komponisten jüdischen Glaubens um die Wende zum 20. Jahrhundert aus spätromantischem Geist geschaffen wurden. Eine 2019 veröffentlichte CD-Produktion versammelt Weltpremieren von Liedern Friedrich Gernsheims.
Anna Gann eröffnete dem Publikum ihre These, die – im Rahmen des Programms – nur Maurice Ravel nicht betrifft. Seine quasi rezitativische, personalstilistisch nahezu neutrale Vertonung des Kaddisch-Gebets kennt vermutlich nicht jeder, der Ravel zum Lieblingskomponisten erklärt hat. Die im Konzert aufgeführten deutschsprachigen Komponisten, also Friedrich Gernsheim, der etwas bekanntere Karl Goldmark und der wohl noch weniger geläufige Salomon Jadassohn, genossen Ansehen in ihrer Zeit, die sie epochenstilistisch mitgestalteten.
Dies geschah nur bedingt in spezifischen Idiomen, auch gewiss in keinen jüdisch kolorierten. Nach ihrer radikalen, und rein ideologisch motivierten Verdrängung im Dritten Reich kann man erst seit Kurzem eine gewisse Renaissance beobachten. Verdeckte, quasi unterbewusste Ressentiments könnten hierbei eine Rolle spielen, die es vor 130, 150 Jahren gar nicht gab und die jetzt offenbar nicht leicht zu überwinden seien – so vermutet es zumindest Anna Gann. An der gefälligen Musik per se kann es jedenfalls nicht liegen.
Man mag hier einwenden, dass Musikliebende in unserer Medienwelt mit den genannten Namen bequem in Berührung kommen können, ohne mehr als rein musikalische Neugier zu befriedigen, ohne die beschriebenen Hintergründe überhaupt erst kennenzulernen. Dies hätte dann nichts mit Vorurteilen zu tun.
Es ändert indes nichts am Alleinstellungsmerkmal und am ungeheuer großen Wert der Arbeit des Gernsheim-Duos – schlicht weil zwar einzelne Sinfonien, Konzerte, Kammermusik und eine Oper (Goldmarks „Die Königin von Saba“) bekannt sein können, aber kaum die Kunstlieder.
Naoko Christ-Kato begleitete ihre Kollegin äußerst wandlungsfähig, konzentriert und in bestverstandenem romantischen Duktus; der wunderbare Flügel trug ein Wesentliches dazu bei. Mit zwei gefälligen Genrestücken, die sich zwischen der Fin-de-Siècle-Eleganz eines Lehar und chopinesk abgetönten Figurationen bewegen, agierte sie als Solistin. Die gewählten Lieder erwiesen sich als verblüffend vielfältig: die Themen betreffend, die Strukturen, die Stimmungen, gewiss auch die Textvorlagen als solche.
Zwischen keck, charmant und tragisch
Beinahe Rokokohaftes, doch zumindest Schubert’sches wie das Lied vom Mädchen, das zum Fenster eilen soll und dem charmant-kecken Plauderton Anna Ganns besonders entgegenkommt, stand neben den ihr ebenfalls sehr gut liegenden Volksliedern von Jadassohn. Dunklere Liebeslyrik findet sich neben der tragisch-pathetischen Sturmwind-Ode von Gernsheim. Jener hat auch eine Version des „Abendliedes“ von Matthias Claudius geschrieben, die man sehr gerne hört. Ebenfalls beeindruckend: sein zwitterhaft sanfter und schöner Todesengel oder Goldmarks Lied vom kahlen Grab.
So wurde es ein wunderschöner, mit herzlichem Beifall bedachter Liederfrühabend, welcher wahrlich auch denjenigen etwas zu bieten hatte, die ihr Grundwissen hersagen können: vom gewandten und formstrengen Brahms-Epigonen Gernsheim, dem volkstümlicheren Goldmark und seiner allzu ländlichen Hochzeit oder von Jadassohn als Schöpfer blühend melodiöser Klavierkonzerte, welche wie eigentlich all seine Musik erstmals im neuen Jahrtausend eingespielt wurden.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 10. November 2021
Dunkle Tonfarben mit
überraschender Durchschlagskraft
Das „ensemble sonorizzonte" hinterließ in der NeuStadtHalle einen grandiosen Gesamteindruck – Mit Schwung und Improvisationsgeist
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NEUSTADT an der AISCH – NeuStadtHalle statt Ehrenhalle – der Förderkreis pro musica hatte den Konzertgästen in schwierigen Zeiten mehr Luft verschaffen können. Und akustisch haben die drei hochprofessionellen Spezialisten des „ensemble sonorizzonte“ ebenso wenig ernsthafte Verluste hinnehmen müssen wie das Publikum.
„Kammermusikalische Raritäten“ verspricht der Programmzettel. Dies scheint eine pauschalierende Untertreibung. Denn Jessica Kuhn, die drei Violoncelli aus der Barockzeit mitgebracht hat – darunter ein kleineres Instrument mit Erweiterung in der Höhe, der Gambist Arno Jochem de la Rosee und der Lautenist Andreas Arend haben sich an diesem Spätnachmittag Klängen aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg bis hin zum Spätbarock gewidmet. Arend spielt allerdings in Neustadt keine uns geläufige Laute, sondern eine Theorbe, die sich durch wesentlich mehr Saiten und einen besonders langen Hals unterscheidet. Hintergrundinformationen über die Tätigkeit der Komponisten an den Höfen Frankreichs, Englands oder Fürstendeutschlands werden en passant kenntnisreich vermittelt. Man erfährt, dass eigentlich jeder, ob John Jenkins, Tobias Hume, Robert de Visée oder Marin Marais, seinerzeit erfolgreich war - gewiss im Rahmen
einer absolutistischen Dienstherrschaft.
Den bekanntesten Namen trägt der vermutlich Jüngste im Bunde, Francois Couperin. Ihm gelingt das musikalische Miteinander des französisehen
und des italienischen Stils – „Les gouts-reunis“ heißt die Sammlung, aus der ein Duo interpretiert wird. Bemerkenswert scheint, dass noch eher mit der formstrengen Suite in G von Marais jene Ausgewogenheit erreicht scheint, die bereits an Bach gemahnt.
Originelle Vorausschau auf den Manierismus
Das Gegenteil verkörpern indes Stücke für die Viola da gamba solo, die gute hundert Jahre früher Tobias Hume verfasst hat. Nicht nur praktiziert er erstmals die Bogentechnik des Col legno, sondern es wird auch gezupft oder gehämmert. In ihrer Unberechenbarkeit eine originelle Vorausschau auf den Manierismus des
Stürmers und Drängers Carl Philipp Emanuel Bach. „Caprice“ heißt denn auch das Programm in seinem Untertitel.
Am Ende steht eine Sonate des Thüringers Johann Michael Nicolai. Zwar gestattet sich das Trio, auf pfiffige Weise die Partitur zu erweitern, anzureichern, aber allenthalben eigen sind ihr folkloristische Züge, ein herzhaft tänzerisches Moment – generell keineswegs etwas der Barockzeit Fremdes, hier jedoch nicht in stilisierte Klischees gebannt.
Es ist sonore Musik in den diversen Schattierungen des Begriffs – und der Name, den sich die Gruppe gegeben hat, weist ja daraufhin. Man ist verblüfft über die dunklen Farben, man ist überrascht von deren Durchschlagskraft – und das gilt für alle drei Instrumente, ob sie allein, zu zweit oder zu dritt sich präsentieren. Dass Schwung, Improvisationsgeist und rhetorische Gestaltung wichtiger sind als Tonschönheit – umso besser.
Zwei – vielleicht geschmäcklerische – Desiderata seien angemerkt. „Horizonte“ will das Trio laut ihrem Gründungskonzept auch ins 21. Jahrhundert hinein eröffnen, nicht nur in der Alten Musik. Schade, dass es keine Kostprobe gab. Und jene wunderbar singende Zugabe, ein schottisches Lied, in den Ohren, hätte man sich mehr sonore und federführende Melodik des Barockcellos schon vorher gewünscht. Hörbar hatte zumindest eines der Celli deutliche Höhenprobleme. Zu viel der Obertöne quasi, vielleicht temperaturbedingt.
Dies tut dem grandiosen Gesamteindruck aber wahrlich keinen Abbruch.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 8. November 2021
Mitgliederversammlung vom 5. November 2021
So viele Konzerte wie noch nie
Der Förderkreis „pro musica“ hat Rüdiger Pfeiffer zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt – Den Kulturhunger der Leute stillen
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NEUSTADT an der AISCH – „Ich habe immer bewundert, was durch diesen kammermusikalischen Verein in Neustadt geboten wird.“ Dieser Satz stammt von Rüdiger Pfeiffer. Der durch den Neustädter Posaunenchor seit über 50 Jahren bekannte Trompeter wurde bei der Jahresversammlung des Förderkreises „pro musica“ zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
„Wir sind volljährig geworden“, bemerkte die wiedergewählte Vorsitzende Ulrike Wesche. In diesem Zusammenhang war es auch zu sehen, dass Georg Hopfengärtner, der den Konzertbesuchern von der Kasse wohlbekannt ist, nach 18 Jahren im Vorstand – seit Vereinsgründung – nicht wieder zur Wahl als stellvertretender Vorsitzender antrat: „Die
Konzerte waren klasse und das Geld reichte immer gerade so. Das waren tolle Jahre“, fasste er zusammen. Pro musica genieße einen „tollen Ruf“ und sei „eine Bereicherung der lebendigen Kultur in unserer Stadt“. Doch die Zeit sei jetzt für ihn persönlich reif für andere Interessen. Für Rüdiger Pfeiffer kam die Anfrage zur Kandidatur nicht überraschend. „Ich sehe in diesem Verein einen großen Sinn“, sagte er. Pro musica konnte in der Pandemiezeit von der Rathausehrenhalle in die größere NeuStadtHalle ausweichen. Das ist laut Wesche ein idealer Spielort für die in der Regel 60 bis 100 Konzertbesucher, die dort perfekt auf Abstand sitzen können. Wie Wesche – ihr stehen die wiedergewählten Beisitzerinnen Ellen Schuster und Dr. Christiane Wolfart zur Seite – ausführte, fand ein Jahr lang wegen Corona keine Mitgliederversammlung statt. Bis zum Sommer dieses Jahres habe man „quasi kulturlos gelebt“. Doch im Herbst sei man erfolgreich mit dem Konzert von Quadro Nuevo durchgestartet.
Corona-bedingt waren acht Konzerte ausgefallen. Die meisten davon wurden auf die jetzige Saison verschoben. „Insgesamt bieten wir in dieser Saison zehn, eigentlich elf Konzerte an – mehr als je zuvor“, so Wesche. Denn das Neujahrskonzert „Maskerade“ am Sonntag, 16. Januar 2022, mit dem Würzburger Kammerorchester wird zwei Mal in der NeuStadtHalle aufgeführt: um 12 und um 17 Uhr. Im Vorverkauf sind für beide Konzerte noch Karten erhältlich. Als besonderes Ereignis kündigte Wesche das Klenke-Quartett aus Weimar am Sonntag, 6. März, an.
Bedeutendes Streichquartett
Dies sei eines der bedeutendsten deutschen Streichquartette. Man wolle viel veranstalten, denn die Menschen seien kulturhungrig – und die Künstler teils existenziell von der Pandemie betroffen. Diese Vielzahl stelle den Verein an seine finanziellen und organisatorischen Grenzen. Die Vorsitzende listete die Erfolgsfaktoren des Vereins auf. Das seien die 89 Mitglieder und deren Beitrag, die Auswahl der Konzerttermine die mit anderen Veranstaltern im Landkreis abgestimmt werden, die Werbung, die Teamarbeit, die Homepage (www.promusica-nea.de) und die regelmäßigen Helfer, gerade in Corona-Zeiten. Auch dank Sponsoren und Spenden habe man trotz Corona einen „guten Grundstock“, sagte der wiedergewählte Schatzmeister Martin Wolfart. Doch Wesche stellte klar: „Auch wenn die Konzerte gut besucht sind, gibt es keines, das im Plus endet.“
Wesche hob das hohe Niveau der Veranstaltungen hervor, was inzwischen von den Besuchern erwartet werde. Viele Bewerbungen für Auftritte lägen stets vor. Die Vorsitzende, die häufig zu Konzerten in andere Städten fährt, die Künstler oder CDs oder YouTube prüft, erhielt Applaus für ihr Engagement – und auch den Wunsch, „dass wieder eine Fahrt nach Verona stattfindet“.
Saison 2022/23 wirft Schatten voraus
In der Saison 2022/23 will „pro musica“ wieder die ursprünglichen acht Konzerte veranstalten. Offene Wünsche aus der Mitgliederversammlung des Jahres 2020 waren ein Klavierabend mit Anne Riegler, ein Programm mit Ulrike Hünefeld, ein Holzbläserensemble mit Fagott und Gitarrenmusik.
Verträge, Vorgespräche, Anfragen und Ideen gibt es in unterschiedlicher Weise, so mit dem Trio Klangwelt (Klarinette, Violine/ Viola, Klavier). Zum Jahreswechsel 2022/23 ist ein Abend zum Thema „Raureifnächte“ mit Ulrike Bergmann anvisiert. Einen Liederabend zu Heinrich Heine unter dem Motto „Tausendkunst“ (Sopran, Bariton, Klavier) hat man auf der Liste, ebenso das Klaviertrio „toninton“ mit Cello, Violine und Klavier. Offen ist noch das Ensemble für das übernächste Neujahrskonzert am Sonntag, 15. Januar 2023. Des Weiteren ist unter den Mitgliedern der Wunsch nach einem Streichquartett, nach Blechbläsern und Klavier laut geworden. Das Sommerkonzert des Jahres 2023 – am 24. September (ein Sonntag) – mit der Marcus Marr Big Band steht bereits fest. Da der Verein im Jahr 2023 sein 20-jähriges Bestehen feiert, denkt man auch über ein „großes Jubiläumskonzert“ nach.
ANITA DLUGOSS
FLZ, 12. Oktober 2021
Wiener Klassik trifft Tango nuevo
Junge Musiker des Trios Schmuck begeistern in der NeuStadtHalle
mit Beethoven, Chopin und Piazzolla
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NEUSTADT an der AISCH – Die drei hochbegabten, mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten jungen Musiker des Trios Schmuck – Sayaka Schmuck (Klarinette), Kasia Wieczorek (Klavier) und Ken Schumann (Violine und Viola) – haben in der NeuStadtHalle bei ihrem Konzert „Vom Gassenhauer zu nächtlichen Weisen“ fulminant überzeugt.
Ein kammermusikalisches Trio in der genannten Instrumentierung erscheint heute ungewöhnlich. Im 19. Jahrhundert bevorzugten jedoch zahlreiche Komponisten solch eine Besetzung. Auch der junge Ludwig van Beethoven gehörte dazu. In seinem humorvollen „Gassenhauer Trio“ lässt er bereits sein ungestümes Temperament erkennen.
Dieses Frühwerk enthält aber auch für ihn eher untypische weiche, filigrane Klangfolgen. Beethoven bearbeitete die eingängige Melodie aus Joseph von Weigels Oper „Der Korsar aus Liebe“. Im damaligen Wien wurde diese einprägsame Melodie zum Gassenhauer und war vielfach zu hören. Die drei Musiker meistern die anspruchsvollen Passagen mit Präzision und Leichtigkeit. Man genießt den Schalk, mit dem Beethoven das Thema vielfältig aufarbeitete. Im folgenden Nocturne lässt Pianistin Wieczorek, den Flügel kraftvoll anschlagend, kontrastierend dazu feinfühlig, melancholisch erklingen. Ihre Körperspannung, ihre Mimik unterstreichen die musikalisch perfekt gelungene Interpretation der Komposition von Frederic Chopin.
Es folgt „Meditation“, ein Evergreen der Klassik. Das Stück für Solovioline und Orchester scheint dem Streicher Ken Schumann auf den Leib geschrieben. Er, der für seine verhinderte Schwester Lisa Maria einsprang, streicht leidenschaftlich, gefühlvoll die Violine.
Mit Leidenschaft und einfühlsam
Schumann, Mitglied des bekannten „Schumann Quartetts“, konzertiert regelmäßig in den großen Konzertsälen dieser Welt. Die NeustadtHalle ist ihm nicht zu gering, dem Publikum zu beweisen, wie ernst er es nimmt. Mit musikalischer Leidenschaft interpretiert er dieses symphonische Intermezzo aus der Oper ,,Thais“ des französischen Komponisten Jules Massenet. Einfühlsam, unaufdringlich, jedoch selbstbewusst begleitet ihn Kasia Wieczorek am Flügel.
„Die vier Jahreszeiten“ von Astor Piazzolla stehen nach der Pause auf dem Programm. Der Jahreslauf im Rhythmus des Tango nuevo beschreibt die sengende Sonne Argentiniens, gewaltige Gewitter, leise rieselndes Herbstlaub, trübe Wintertage und die explosiv erwachende Natur im Frühling. Ausdrucksstark, rhythmisch harmonisch, musizieren und interpretieren die drei Instrumentalisten erneut kongenial. Witzige Glissandi und Pizzicati der Violine, waghalsige Läufe und Triller der Klarinette und ein virtuos untermalendes Klavierspiel zeichnen diesen zweiten abwechslungsreichen Konzertteil aus.
Die Zugabe, eine Tango-Ballade, beendet ein träumerisches, imposantes, einmal durfte das klassisch interessierte Publikum ein musikalisches Highlight genießen. Ungewöhnlich für eine Kleinstadt wie Neustadt. Dem Förderkreis pro musica gelang es dank finanzieller Unterstützung des Lions Club, in der vielfältigen, abwechslungsreichen Kulturszene von Neustadt erneut einen Akzent zu setzen. Das galt im Übrigen sogar für die Pause: pro musica schloss sich dem Fairtrade-Konzept der Stadt Neustadt an und bietet künftig regionale, fair gehandelte Bioprodukte an.
RÜDIGER PFEIFFER
FLZ, 27. September 2021
Von der mediterranen Leichtigkeit des Seins
Die unaufgeregten Virtuosen von Quadro Nuevo begeistern in der NeuStadtHalle mit südlich~swingendem Klang
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NEUSTADT an der AISCH – Zum Ende der „Fairen Woche 2021“ hatten der Neustädter Weltladen und der Förderverein pro musica mit Hilfe der Stadt am Freitag zu einem Konzert in betörenden Klangfarben in die NeuStadtHalle geladen. Quadro Nuevo zelebrierten dabei die betörende Leichtigkeit des mediterranen Seins.
Nach dem Durchlaufen der strengen, gut organisierten 3G-Kontrollen nahmen die zahlreiche Konzertbesucher ihre Plätze ein. Hallenchef Bastian Haas hatte einen umsichtigen, ausgeklügelten Sitzplan erstellt. Klaglos wurden die Sicher-heitsmaßnahmen von den meisten Besuchern akzeptiert, teilweise sogar begrüßt.
Ab dem ersten Ton war die Spielfreude der Formation zu spüren. Andreas Hinterseher bediente Akkordeon und Bandoneon virtuos und trug so manche eingehende, sanfte Melodie auf seinem Vibrandoneon bei. Mulo Francel, versierter Saxophon- und Klarinettenspieler, erwies sich nicht nur als charmanter Conferencier, sondern auch als Herr über waghalsige Klarinettenläufe und ruhig schwingende Saxophonvibratos. D.D. Lowka, Kontrabass und Perkussion, über-zeugte als geradliniger Rhythmusgeber. Zwischenzeitlich funktionierte er lächelnd seinen Kontrabass temperamentvoll zu einer Cajón um oder entlockte ihm fröhliche südlich-swingende Melodien. Der Jazzgitarrist und Komponist, Paulo Morello, der nicht zur ständigen Besetzung der Gruppe gehört, begeisterte mit eigenen Kompositionen. Er ließ seine Gitarren im Bouzouki-, Mandolinen- oder Balalaikasound erklingen.
Musik und Licht statt der großen Show
Auf eine große Bühnenshow verzichteten die Musiker. Sie ließen ihrer Musik den gebührenden Raum – Showeffekte waren überflüssig. Lediglich eine dezente Illumination unterstrich ihr Spiel. Italienische Tangos, französische Valse, ägäische Mythen-Melodien, argentinische Tangos, orientalischer Groove, Brazilian Flavour und neapolitanische
Gassenhauer mit Titeln wie Ada's Song, Kaliji Steps, Samba di Didi oder Samba Boy sowie Die Reise nach Batumi versetzten die Zuhörer in eine andere, freundlichere, sonnigere und deutlich unbeschwertere Welt. Musikalisch fanden sie sich in Pariser Bistros, im orientalischen Basar, in argentinischen und brasilianischen Bars oder in der quirligen italienischen Hafenstadt Neapel wieder.
Mit jedem Vortrag zeichneten die sympathisch unaufgeregten Musiker ein musikalisches, einprägsames Bild der vielen von ihnen bereisten Länder. In „Ikarus' Dream" beschrieben sie anhand der griechisehen Mythologie einfühlsam den Blick von der Insel Samos über das Meer und den Wunsch nach Freiheit. Nach der letzten Zugabe, dem Cha-Cha-Cha Luna Rossa, trugen die Besucher in ihren Köpfen Bilder vom Urlaub in einem unbekannten Paradies, dem Duft nach Dolce Vita und reifen Zitronen mit sich. Pro musica, Weltladen und Stadt präsentierten den Neustädtern und etlichen Auswärtigen ein erlebnisreiches, entspannendes, vor allem hochqualifiziertes Konzert. Der Aischgrund darf sich wahrlich glücklich schätzen, dass pro musica immer wieder derartige Musiker ausfindig macht und nach Neustadt bringt.
RÜDIGER PFEIFFER
FLZ, 22. Juli 2021
pro musica startet wieder durch
Verein kündigt für den September die Wiederaufnahme
der Klassik-Konzerte an
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NEUSTADT an der AISCH (pat) – Nach der langen „coronabedingten“ Konzertpause gibt es in Neustadt ab September wieder regelmäßig „lebendige und hochwertige Kammermusik“. Wie die Vorsitzende des Vereins „pro musica“, Ulrike Wesche, nun ankündigte, werde man ein vielfältiges Konzertprogramm mit Musik aus verschiedenen Epochen und Stilrichtungen anbieten – dargeboten von regional und überregional tätigen Künstlerinnen und Künstlern. Für den rein ehrenamtlich tätigen Verein ist laut Wesche die Bewältigung der vergangenen Monate nicht ganz einfach gewesen. Mehrfach mussten Konzerte abgesagt, verschoben und umorganisiert sowie neue Konzerttermine mit den Musikern vereinbart werden.
Einige Wermutstropfen bleiben auch nach dem Neustart: So kann pandemiebedingt der bisherige Veranstaltungsort, die Rathausehrenhalle in Neustadt, nicht mehr für Konzerte genutzt werden, der Organisationsaufwand für die einzelnen Abende sei erheblich gestiegen. Umso erfreulicher ist es, dass alle Veranstaltungen in der NeuStadtHalle stattfinden können. Die Anzahl der Sitzplätze ist jedoch begrenzt, außerdem werden diese beim Einlass zugewiesen.
Bei allen Konzerten gelten die zum jeweiligen Zeitpunkt aktuellen behördlichen Vorschriften, Abstands-, Hygiene- und Verhaltensregeln.
Eröffnet wird die Konzertreihe am 24. September mit dem international erfolgreichen Quartett „Quadro Nuevo“. Es macht im September in der NeuStadtHalle Station, eingeladen von pro musica, dem Weltladen und der Stadt. Weitere Gäste sind am Samstag, 9. Oktober, das „Trio Schmuck“, dessen Programm „Vom Gassenhauer zu nächtlichen Weisen“ heißt und am Sonntag, 24. Oktober, spielen dir in Neustadt bestens bekannte Pianistin Britta Köstner und Wolfgang Schniske, Leiter der Musikschule, ein Programm unter dem Motto „Piano meet: percussion“.
Kartenvorverkauf über die Buchhandlungen Dorn und Schmidt. Weitere Infos unter www.promusica-nea.de.
PATRICK LAUER
FLZ, 17. Dezember 2020
pro musica sagt Konzerte ab
Kammerorchester erst im Mai
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NEUSTADT an der AISCH (pat) – Neujahr im Mai: Auf Grund der coronabedingten Infektionsschutz-Maßnahmen hat der Neustädter Musikförderverein „pro musica" nun auch das für den Januar geplante Neujahrskonzert mit dem Würzburger Kammerorchester abgesagt und vorerst auf den Mai des kommenden Jahres verschoben.
Wie Vereinsvorsitzende Ulrike Wesche schreibt, habe man bereits einen Großteil der bislang geplanten Konzerte abgesagt und bemühe sich derzeit, diese auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. ,,Der Förderkreis ,,pro musica" sei aktuell mit allen davon betroffenen Künstlern im Gespräch, um gemeinsam Lösungen zu finden und möglichst alle ausfallenden Veranstaltungen im Jahr 2021 nachzuholen."
Ganz aktuell entfällt der am 29. Dezember geplante Konzertabend „Flöten- und Harfenklänge aus vier Jahrhunderten", der in der Rathausehrenhalle hätte steigen sollen. Die für den 17. Januar geplanten beiden Konzerte „Maskerade - Neujahrsklänge anders" (ehemals Neujahrskonzert) mit dem Würzburger Kammerorchester in der NeuStadtHalle werden auf Sonntag, 30. Mai, verschoben. Bereits gekaufte Eintrittskarten behalten laut Ulrike Wesche ihre Gültigkeit.
Weitere Informationen und die feststehenden Termine sind im Internet der homepage von pro musica (www.promusica-nea.de) zu entnehmen.
PATRICK LAUER
FLZ, 13. Oktober 2020
Geistreiches Konzert
mit breitem emotionalen Spektrum
Duo-Combo „B unlimited!“ zog die Zuhörer in der NeuStadtHalle schnell in seinen Bann – Konzert wurde vom Förderkreis „pro musica“ mit großer
Perfektion organisiert
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NEUSTADT an der AISCH – Mit einem vom Neustädter Förderkreis „pro musica“ in schwierigen Zeiten perfekt organisierten Konzert hat die Kammermusik-Saison 2020/2021 begonnen. Diesmal stand die NeuStadtHalle zur Verfügung und es gastierte mit der Duo-Combo „B unlimited!“ eine Formation, welche die Zuhörerschaft rasch in ihren Bann zog.
Christoph Mayer ist längst ein höchst erfolgreicher und weltweit aktiver Violinist vor allem mit alter Musik und historischer Aufführungspraxis. Christoph Hillmann hat sich als Schlagzeuger einen vergleichbaren Rang im Jazz verschafft. Zwei recht unter-schiedliche Szenen treffen hier aufeinander, aber dass die beiden Mittfünfziger sich gegenseitig hoch schätzen, bleibt niemandem verborgen.
Hochzuschätzen ist, was sie in ihren Genres an Kreativität miteinander verbindet – und der Terminus „Crossover“ deckt dies beileibe nicht ab. Denn was die beiden Instrumentalisten dank vielfältiger Arrangements und Eigenkompositionen für die Bühne erarbeiten, verfolgt ein so gekonntes wie geistreiches Konzept – natürlich ist es auch ein Konzept, das charakteristisch in unsere postmoderne Zeit gehört und das sich als höchst publikumswirksam erweist. Die „Fusion“ zeigt sich darin, dass entweder von folkloristischen Standards oder von gotischer bis barocker Musik ausgegangen wird und in fließenden Entwicklungen innerhalb der Kompositionen ein zeitgenössischer Rahmen hergestellt wird. Man mag ihn als „Free Jazz“ bezeichnen, aber das ist eben auch nur ein Schlagwort.
Allenthalben bietet dieser Rahmen – im Verein mit gelegentlichen atmosphärischen Einsprengseln per Rechner – der Geige wie dem Schlagwerk viel virtuosen Spielraum, durchmisst ein breites emotionales Spektrum, und erzählt dabei so allerlei.
Nicht nur erzählen Hillmann und Mayer gerne, wie es auf privater Ebene zu ihren Stücken kam, und stellen interessante kulturelle Hintergründe vor, sondern Titel wie „Innocent Journey“ oder „Fool's Rands Hope“ zeigen auch das assoziative Bildspektrum auf, das man im künstlerisch Präsentierten gerne nachvollzieht.
Wäre der Begriff „Weltmusik“ nicht so beliebig geworden, könnte man ihn guten Gewissens verwenden. Zum einen tauscht Mayer das klassische oft gegen ein elektrisches Instrument ein und verwendet beide auch in ein und derselben Nummer parallel. Zum anderen erweitert Hillmann seine Batterie gerne, indem folkloristische Instrumente verwendet werden. Uralt und weltweit erprobt ist eine flache Rahmentrommel, die immer wieder zum Einsatz kommt.
Eine Stahltrommel namens Garrahand erinnert äußerlich an einen Grilltopf, klingt aber gleichermaßen erlesen nach Karibik und Südsee. Heller im Timbre, eher einem Xylophon vergleichbar, aber kaum mehr als handgroß, ist die Kalimba. Hillmann ist stolz darauf, ein neuartiges chromatisches Instrument für sich gebaut bekommen zu haben.
So erlebt das Auditorium eine riesige historische wie regionale Bandbreite zwischen etwa der Vorgabe einer Ductia aus den „Cantigas de Santa Maria“, einer spätmittelalterlichen portugiesischen Liedsammlung, oder aber indischen Ragas und persischen Modi nachempfundene Melodiestrukturen. Doch vielleicht ist es sogar ein herauszuhörender Personalstil, der das Publikum zu begeistertem Beifall motiviert.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 29. September 2020
Neustart für die Kultur
Förderverein „pro musica“ geht nach schwieriger Saison voller Zuversicht
in den Herbst
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NEUSTADT an der AISCH – Mit überraschend viel Zuversicht, aber auch mit einigen „Platzproblemen“ geht der Förderverein „pro musica“ in die bevorstehende Spielzeit. In der Hauptversammlung des Vereins, der vor allem für die von ihm ausgerichteten Konzerte in der Rathausehrenhalle bekannt ist, billigten die rund 15 erschienenen Mitglieder das vorgelegte Programm für Herbst und Winter 2020 sowie für das kommende Jahr.
Wie Vorsitzende Ulrike Wesche im Anschluss an die Versammlung gegenüber der FLZ erklärte, habe man ein schwieriges Jahr hinter sich gebracht. Zwei Konzerte im März und April habe man coronabedingt absagen müssen, wobei man immerhin Ersatztermine im kommenden Jahr habe vereinbaren können. Seitens der Künstler sei sie durchweg auf Verständnis getroffen, so Wesche - ,,ich habe sehr gute Gespräche geführt“. Der Verein selbst sei aus der Pandemiekrise mit einem blauen Auge davongekommen: Zwar sei der kulturelle Aderlass in Neustadt spürbar gewesen, doch zumindest finanziell habe man kaum Ausfälle gehabt, da man nur bei einem der beiden Konzerte bereits in der Plakatwerbung gewesen sei und „wenn wir ehrlich sind, zahlen wir doch sowieso bei fast allen Konzerten noch drauf“.
Die Finanzen also sind nicht das große Problem, das „pro musica“ in den kommenden Monaten intensiv beschäftigen wird - die Raumnot schon wesentlich eher. Denn die geliebte Rathausehrenhalle, in die in normalen Zeiten gut 100 Besucher passen, wird auf absehbare Zeit als Veranstaltungsort nicht mehr in Frage kommen. ,,Bei den geltenden Abstandsregeln kriege ich da höchstens 15 Personen rein“, so Wesche - ,,das ist natürlich viel zu wenig für uns“.
Folgerichtig stehe man aktuell auch noch in Verhandlungen - unter anderem mit der Neustädter evangelischen Kirchengemeinde bezüglich der Stadtpfarrkirche und des Gemeindezentrums. Auch eine „Auslagerung“ einzelner Konzerte in eine Nachbargemeinde sei denkbar, doch diesbezüglich gebe es noch keine konkreten Gespräche. Sicher sei bereits, dass ein Teil der Konzerte in der NeuStadtHalle stattfinden werde, in der auch die Akustik sehr ordentlich sei. ,,Da sind wir sehr dankbar dafür, dass uns diese Möglichkeit geboten wird“, so Wesche, die aktuell von drei bereits fest vereinbarten Konzerten spricht, bei denen der Austragungsort noch unklar sei.
Im Übrigen, so berichtet die Vorsitzende, sei die Stimmung in der Hauptversammlung, bei der keine Neuwahlen angestanden hatten, ,,sehr gut“ gewesen. Die Anwesenden hätten sich vor allem über das Konzertjahr 2019 sehr zufrieden gezeigt, in dem es gelungen sei, viele Wünsche der Mitglieder zu berücksichtigen.
Auch ein größeres Problem habe man mittlerweile gelöst. Weil das Würzburger Kammerorchester, das zum traditionellen Neujahrskonzertebenfalls seit Jahren von „pro musica“ ausgerichtet – seit Monaten nicht mehr habe proben können und mit den verlangten Auflagen auch gar nicht mehr auf die Bühne der NeuStadtHalle gepasst hätte, sei die Würzburger Orchesterleitung auf einen Trick verfallen: Man habe aus. den eigenen Reihen nun unter anderem ein Streichquartett gegründet, das am Sonntag, 17. Januar 2021, in Neustadt gastieren wird. Um keinen Etikettenschwindel zu betreiben – unter Neujahrskonzert versteht man ja gemeinhin die große Besetzung – habe man auch gleich noch eine Umbenennung vorgenommen. Statt Neujahrskonzert laute der Titel nun „Maskerade – Neujahrsklänge anders“. Dafür jedoch plane das Ensemble gleich zwei Aufführungen in Neustadt, so dass tatsächlich alle Interessierten trotz Abstandsregeln einen Platz ergattern könnten. Das Problem für die Musiker: Da es für Streichquartette „gar nicht so viele Werke gibt“, so Wesche, sei man derzeit dabei, etliche Kompositionen entsprechend neu zu arrangieren, eine anspruchsvolle Aufgabe für ein anspruchsvolles Vorhaben.
Offizieller Start der pro musica-Saison ist Sonntag, 11. Oktober, mit B unlimited – einem Duo, bestehend aus Christoph Mayer (Violine) und Christoph Hillmann (Percussion), das laut Ankündigung mit „Magie melodies“ eine Mischung „poetischer, zeitloser Musik, die alle Schubladen hinter sich lässt“ und von der ,,Alten Musik“ über den Jazz bis hin zur Weltmusik zahlreiche Facetten beinhalte, präsentieren werde. Die Pianistin Anne Riegler steht am Sonntag, 29. November, mit klassischen Werken auf dem pro musica-Programm und das Duo Chen Shen und Anton Mangold präsentiert am Dienstag, 29. Dezember, Flöten- und Harfenklänge aus vier Jahrhunderten.
Der Pianist Christoph Soldan wird am 7. Februar die Reihe fortsetzen, ehe es am 21. Februar zum Ersatzkonzert für den im Frühjahr abgesetzten Auftritt des Gernsheim-Duos kommt: Die Sopranistin Anna Gann sowie Naoko Christ-Kato spielen dann Werke jüdischer Komponisten.
PATRICK LAUER
FLZ, 11. Februar 2020
Beethoven traf aufs 20. Jahrhundert
Kontrastreiche Begegnungen zwischen dem Jubilar und zeitgenössischen Komponisten in der Neustädter Rathausehrenhalle
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NEUSTADT an der AISCH – Das Jahr 2020 ist dem großen Komponisten Ludwig van Beethoven gewidmet; Anlass ist dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr. Grund genug für den Neustädter Förderkreis „pro musica“, dieses Musikgenie mit einem Konzertabend in der Rathausehrenhalle zu würdigen. Das „Pegasus Trio“ aus München setzte Beethoven – in Kontrast mit Musikern des 20. Jahrhunderts – in Szene.
Im „Pegasus Trio“ vereinen sich eine Flöte, eine Viola und eine Gitarre und interpretieren durch diese überraschende Zusammensetzung Beethovens Serenade op. 8 ganz außergewöhnlich. In einer Bearbeitung von Wenzeslaus Matiegka – einem Zeitgenossen Schuberts – erschufen die Instrumentalistin und die beiden Instrumentalisten einen musikalischen Rahmen, in den sie im Wechsel mit Sätzen aus der Serenade Beethovens auch Werke der Gegenwart einfügten. Nach den aufrüttelnden Einschüben erdeten Beethovens Klänge immer wieder.
Somit erklang zunächst ein freudig-beschwingter Auftakt aus der Beethoven’schen Feder (Marsch) bevor Kazuo Fukushimas „Mei“ einen Kontrapunkt setzte. Das Werk „Mei“, das nach dem japanischen Schriftzeichen für „Mond im Spiegel“ benannt ist, zeichnet für die Hörenden gebrochene Licht-Schatten-Spiele in ungewöhnlichen Klangfarben nach. Prononciert und lebendig ließ Flötist Christian Mattick sein Instrument sprechen. Nach einem Beethoven’schen Zwischenspiel wirkte das Violinen-Solo „Widmung" des italienischen Komponisten Bruno Maderna geradezu progressiv. Violinistin Michaela Buchholz reizte bei diesem Werk sämtliche Spieltechniken der Violine aus und versetzte das Publikum mit ihrem virtuosen Spiel in Erstaunen. Auch der Dritte in der Runde beeindruckte mit einem Solo-Stück: „Paisaje cubano con campanas“ (Leo Brouwer): Gitarrist Thomas Etschmann fing mit seinem temporeichen Spiel und flinken Fingerwechseln das Flirren der Hitze in der kubanischen Sommerlandschaft ein. Wer genau hinhörte, konnte sogar den Klang von Glocken aus der Ferne in der Komposition ausmachen.
Immer wieder führten die Sätze der Serenade auf die Pfade der Klassik zurück; Flöte, Viola und Gitarre verschmolzen miteinander und boten einen reizvollen Klang. Dabei gelang es dem Trio mühelos, den Kontrast zwischen Beethoven und den zeitgenössischen Kompositionen bewusst herauszuarbeiten und Bezüge herzustellen.
Das „Pegasus Trio“ bescherte dem Neustädter Publikum mit einer absolut außergewöhnlichen und ebenso hörenswerten Zusammenstellung der Werke einen spannungsreichen Abend zu Ehren Beethovens; die Anwesenden dankten es mit langem Applaus.
EVELYN BECK-PIELER
FLZ, 16. Januar 2020
Eine Dekade Neujahrskonzerte in Neustadt
Hochkarätige Künstlerinnen und Künstler sorgen für herausragende Hörerlebnisse – Weitere Jubiläen von Komponisten und Werken gefeiert
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NEUSTADT an der AISCH – Bereits zum zehnten Mal lud der Neustädter Förderkreis „pro musica“ Musikfreunde zum Neujahrskonzert in die NeuStadtHalle ein. Seit ihrem Bestehen entwickelten sich die Konzerte zu einem Publikumsmagneten; dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass auch die diesjährige Veranstaltung Wochen vor dem Termin ausverkauft war.
Das Programm gestaltete sich um den zehnten Geburtstag: Das Würzburger Kammerorchester unter der Leitung von Professor Wolfgang Kurz sowie die Solisten Ljuba Nitz (Sopran) und Sangmog Lee (Tenor) sowie das „Männer, Männer! Vokalquartett“ bejubelten musikalisch das „runde Wiegenfest“. Es wurde ein Konzert, wie es sich der Jubilar verdient hatte – inklusive Ständchen, das Kurz eigens arrangierte: Zwischen Fanfarenstößen der Blechbläser suchten sich die bekannten Themen aus „Zum Geburtstag viel Glück“ beziehungsweise „Viel Glück und viel Segen“ ihren Weg.
Die Vorsitzende des Förderkreises, Ulrike Wesche, würdigte die Vielseitigkeit der Konzertreihe, die 2011 von Dr. Dieter Geißendörfer ins Leben gerufen worden war, und die in Neustadt so gewachsene Tradition, das neue Jahr mit einem „klassischen und schwungvollen Konzert“ zu starten. In diese Tradition fügt sich das Würzburger Kammerorchester um Kurz, das bereits zum fünften Mal das Neujahrskonzert gestaltete, sehr gut ein. Auch die Wahl der Komponisten drehte sich um Jubiläen. Ob 250, 175 oder 150 Jahre – Komponisten und Werke eint ein besonderer Jahrestag im Jahr 2020.
Den musikalischen Auftakt lieferte das Orchester mit der Sinfonie Nr.1 (C-Dur) von Ludwig van Beethoven, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr gedacht wird. Mit frischen Tempi zollten Dirigent und Orchester dem großen Sinfoniker ihre Reverenz – spritzig und lebhaft interpretiert. In die Reihe der Jubilare gesellte sich auch der 1845 geborene Gabriel Fauré: Mit „Masque et bergamasque op. 112“ wurde zum Maskenball beim „Clair de Lune“ geladen und in temporeichen Höhen zur Gavotte getanzt. Für weitere bemerkenswerte Geburtstagsgratulationen sorgten die Solisten und das „Männer, Männer! Vokalquartett“.
Mit imposanter Kraft in der Stimme schmetterte Tenor Sangmog Lee das neapolitanische Volkslied „0 Sole Mio“. Leidenschaftlich und stürmisch durchdrang der Wunsch nach der italienischen Sonne die NeuStadtHalle. Für ein Schmunzeln im Publikum sorgte das Männerquartett, das (vielleicht passenderweise?) mit dem „Weibermarsch“ aus der Operette „Die lustige Witwe“ kokettierte. Mit Witz und Ironie besangen Alexander Geiger, Hemán Vuga, Taiyu Uchiyama und Simon Kuhn das weibliche Geschlecht. In die Runde der Gratulanten reihte sich auch Sopranistin Ljuba Nitz. Ihr warmer Schmelz zeichnete den Schmerz des liebeskranken Jägersmannes im „Wilja-Lied“ nach.
Kurz ließ es sich nicht nehmen, auch „persönlich“ zu gratulieren: Mit der Komposition „Dreihundertsechsundsechzig“ für vier Männerstimmen lieferte er mit einem Augenzwinkern ein musikalisches Wetteifern um die Zahlen „365“ und „366“ – natürlich ein Verweis auf das Schaltjahr 2020.
Übermütig sollte der Geburtstag mit der Polka „Ohne Sorgen“ von Josef Strauss ein (vorläufiges) Ende finden. Doch die Mitfeiernden zeigten sich damit nicht einverstanden: Begeisterte Ovationen und Jubel forderten mehr als eine Zugabe. Wenn das nicht ein enthusiastischer Auftakt in die nächste Dekade war.
EVELYN BECK
FLZ, 10. November 2019
Liedgut auf der Höhe der Zeit
Kammerkonzert-Trio überzeugte in der Rathausehrenhalle mit seinem ambitionierten Programm
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NEUSTADT an der AISCH - Der Förderkreis „pro musica“ ist im Neustädter Konzertleben für besondere Glanzpunkte und Überraschungen immer gut. So gestaltete sich auch der Kammermusikabend in der Rathausehrenhalle am Sonntag zu einem Erlebnis für Freunde musikalischer Neubegegnungen und Reminiszenzen.
Die drei Interpretinnen – in Neustadt durchaus keine Unbekannten – Elisabeth Ort (Sopran), Karoline Hofmann (Viola) und Britta Köstner (Klavier) musizieren, jede für sich genommen und auch als Ensemble, auf einem Niveau, das über provinzielles Bemühen weit hinausreicht. Profis eben – dafür spricht schon die Programmgestaltung, die Liedkomponisten wie Max Bruch, Yrjö Kilpinen, Gija Kantscheli und Ralph Vaughan Williams den gebannt lauschenden Zuhörern näherbrachten oder gar erst vorstellten.
Da nahmen sich alte Bekannte, wie Franz Schubert mit seinem anspruchsvollen Nachtstück oder Astor Piazzolla mit „Le grand tango" geradezu reminiszenzträchtig aus, passten jedoch hervorragend ins Bild.
Dieses gestalteten die drei Künstlerinnen homogen und mit gegenseitiger Beachtung der jeweiligen Qualitäten. Elisabeth Ort, die Sopranistin mit der glockenreinen Stimme und dem intelligenten Einsatz ihrer vielfältigen Mittel, zu denen auch hervorragende Textverständlichkeit gehört, erwies sich prädestiniert für die Interpretation gerade dieser zeitgenössischen Lyrikvertonungen. Vor allem in den Christian-Morgenstern-Liedern des finnischen Komponisten Kilpinen konnte sie die wandlungsfähige Gestaltungskraft ihrer gut sitzenden Stimme und ihr Gespür für den tiefen Inhalt von Lyrik in Verbindung mit Musik eindrucksvoll präsentieren.
So war Ort zusammen mit den beiden Instrumentalistinnen auch eine gute Anwältin für die Uraufführung des Abends, der Fantasie op. 158 von Uwe Strübing nach zwei Herbstgedichten von Theodor Fontane. Als Einführung in den Abend, der den Herbst und das mit ihm verbundene Todeserleben zum Inhalt hatte, erwiesen sich die beiden uraufgeführten Gesänge in ihrer Melancholie und in der harmonischen Reibung als adäquate Türöffner.
Einen interessanten Kontrapunkt zu der leicht-lüftigen Sopranpräsenz bot auf dem Podium Hofmann mit ihrer Viola. Mit weicher, warmer Tongebung, aber auch mit kräftigen Aussagen führte sie ihr Instrument in einer Romanze von Max Bruch elegant in das Konzertgeschehen ein – der „gran tango“ im zweiten Teil erfüllte dann in allen Phasen das vor der Pause gegebene Versprechen.
Köstner, die als Moderatorin die einzelnen Komponisten kurz vorstellte, fungierte am Klavier als stützende Begleiterin und Co-Musikantin, nicht ohne die Möglichkeiten zur solistischen Brillanz, die immerhin in den einzelnen Lyrikvertonungen auch mitgeboten waren, aufs Beste zu nutzen. So geriet der ungewöhnliche Konzertabend zu einem besonderen Erlebnis mit neuen Erfahrungen im Bereich des zeitgenössischen Liedschaffens.
IRMGARD BAUR
FLZ, 15. Oktober 2019
Spannend und lehrreich
Bettina und Wolfram Born legten hohe Musikalität und Professionalität
bei ihrem Kammerkonzert an den Tag
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NEUSTADT an der AISCH - Mit einem ungewöhnlichen Kammerkonzert überraschte der Verein pro musica zu Beginn seiner herbstlichen Kammermusik-Reihe das Publikum. Das Duo Bettina und Wolfram Born zeigte in der Kombination von Akkordeon und Piano die. Möglichkeiten auf, die ein „tango querido“ einem hochqualifizierten Duo bieten kann.
Er kann solistische Exkursionen hervorrufen, aber auch zu geradezu erotisch anmutendem Zwiegesang der doch so unterschiedlichen Instrumente verführen. Und so erlebten die Besucher in der Rathausehrenhalle ein spannendes Konzertereignis – kurzweilig, informativ-lehrreich durch die sehr geschickte Moderation, aber auch sehr unterhaltsam – zumal die beiden Interpreten an ihren Instrumenten hohe Musikalität und Professionalität bewiesen.
Bettina Born bringt das Akkordeon, zum Schmeicheln und Stampfen, zum rhythmischen Taktieren und tonschönem Schwingen – ein wahrhaft „klassisches“ Instrument, das weit entfernt ist von bloßem Volksmusik-Sound. Mit leicht angerautem Timbre stellte die Musikerin zudem auch noch in einem Lied ihre Gesangsbegabung unter Beweis.
Wolfram Born am Piano gelang das Kunststück, sich aus dem Begleitmodus für die Eskapaden seiner Partnerin immer wieder zum solistischen Wort zu melden und dem Tango-Erlebnis mit elegant-brillanten Läufen und kräftigen Akkorden auch durchaus pianistisch einen beachtlichen Stempel aufzudrücken.
Am Rande sei vermerkt, dass die beiden Künstler auch als begabte Komponisten in Erscheinung traten. Daneben hatten sie noch die Werke von einigen unbekannteren Tondichtern aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert im Gepäck. Die Begegnung mit diesen, dem ungewöhnlichen Duo und der interessanten Präsentation darf man als vielversprechender Start in die Kammermusik-Saison von pro musica begreifen. Das macht Lust auf viele weitere Konzertereignisse.
IRMGARD BAUR
FLZ, 18. September 2019
BlechMafia zelebrierte Bläsermusik
Gelungener Konzertauftakt des Förderkreises „pro musica“ –
Mit raffinierten Arrangements folgte ein Höhepunkt auf den anderen
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NEUSTADT an der AISCH - Einen gelungenen Auftakt zur neuen Konzertsaison präsentierte der Förderkreis „pro musica“ mit Vorsitzender Ulrike Wesche am Sonntagabend mit dem Konzert des Blechbläserensembles BlechMafia Nürnberg.
Das Ensemble stellte einen Mix auf die Bühne, der die Zuhörer von der Hochklassik bis in die Gegenwart führte und so die verschiedenen Facetten gepflegter Bläsermusik geradezu zelebrierte. Die Protagonisten jedenfalls verstehen ihr Handwerk: Regina Scherer und Matthias Eckart an der Trompete, Charly Hopp am Horn, Stephen Jenkins an der Posaune und der Tubist Susumu Kakizoe verbreiteten - trefflich unterstützt von Wolfgang Schniske am Schlagzeug – reinen Wohlklang mit weicher, sauberer Tongebung und fein aufeinander abgestimmten individuellen Klangfarben der einzelnen Instrumente.
So entstand im Laufe des Abends ein zauberhaftes, sanft schwingendes, aber doch dynamisches und abwechslungsreiches musikalisches Gemälde bläserischer Gestaltungskraft und Einfallsreichtums. „Wie Wasser zum Klingen kommt“ – wollten laut Vorankündigung und Programmheft die sechs Musiker dem Publikum vermitteln. So hatten sie aus dem reichen Schatz von Filmmusiken, aber auch gehobener Unterhaltungsmusik jene Perlen herausgesucht, die sich erfahrungsgemäß hervorragend zur Bearbeitung für ein Blechbläserensemble eignen.
Ein Höhepunkt folgte auf den anderen, ob Debussys „Cathedrale Engloutie“ (Die eingesunkene Kathedrale), Tschaikowskis „Schwarzer Schwan“, Charles Trenets „Beyond the Sea“ oder Herbie Hancocks „Watermelon Man“ – die raffinierten Arrangements ließen die oft hinlänglich bekannten Stücke neu glänzen und boten dem faszinierten Publikum immer wieder neue Facetten musikalischer Erlebniskultur.
Die BlechMafia war ein echter Glücksgriff zum Beginn des Jahresprogramms von pro musica, das mit einem gut platzierten Flyer Lust auf weitere Konzerterlebnisse macht: Im Oktober lockt „Mi Tango querido – Malena“ – ein Duo-Abend der besonderen Art. Im November steht ein Konzert für Sopran, Viola und Klavier ins Haus, im Februar begleitet die Zuhörer das Pegasus Trio, bestehend aus Flöte, Violine und Klavier auf das Abenteuer musikalischer Zeitsprünge, im März stellt Sopranistin Anna Gann zusammen mit Pianistin Naoko Krist Kato Werke vergessener jüdischer Komponisten der Romantik vor und im April schließlich sind kammermusikalische Raritäten aus Barock- und Renaissancezeit zu hören.
IRMGARD BAUR
NN online, 16. Juli 2019
Künstler klopfen in Neustadt an
Förderkreis "pro musica" in der Musikszene bestens etabliert
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NEUSTADT/AISCH - Gut bis sehr gut besuchte Konzerte, ein durchweg gutes Feedback, eine ebenso stabile Mitgliederzahl wie Finanzlage: Der Förderkreis "pro musica" kann zufrieden auf eine "sehr erfolgreiche Saison zurückblicken" und mit gleicher Vorstandschaft neue Pläne schmieden.
Dabei bleibt man sich seinen Maximen treu, wie es Vorsitzende Ulrike Wesche und ihr Stellvertreter Georg Hopfengärtner in der Mitgliederversammlung betonten. Das musikalische Angebot, bei dem Wünsche aus dem Mitgliederkreis richtungweisend sind, soll verschiedene Stilrichtungen und Epochen umfassen, mal beschwingt, mal ernst sein und auch mal den Anspruch an neue Hörgewohnheiten erheben, schmunzelnd umschrieben mit "Erhörtem und Unerhörtem". Heimische Interpreten werden ebenso weiterhin das Programm mitgestalten, wie überregionale Künstler, die auch schon "weltweit angereist" sind.
Ulrike Wesche freut sich, dass das "auf hohem künstlerischem Niveau gehaltene Programm" zunehmend auch Musikfreunde aus dem Landkreis und darüber hinaus anspricht und die Konzerte überwiegend gut besucht sind, man sogar schon infolge starker Nachfrage von der Rathaus-Ehrenhalle in das Evangelische Gemeindezentrum ausweichen musste. Erster Bürgermeister Klaus Meier, der das Wirken von "pro musica" als wertvolle Bereicherung des kulturellen Lebens würdigte, das Neujahrskonzert als "Highlight sowie Institution" heraushob, und allen dankte, die sich im 92 Mitglieder starken Verein beispielhaft engagierten, bot dem Förderkreis das städtische Nutzungsrecht am Gemeindezentrum an, wo man auch dem vielfach bei klassischen Konzerten störenden Lärmen auf dem Marktplatz ausweichen könnte.
Meiers Kompliment und Ermunterung "so weiterzumachen" erwiderte Vorsitzende Wesche mit dem Dank für die gute Zusammenarbeit mit dem Kulturamt. Dass sich "pro musica" auf einem sehr guten Weg befindet, bestätigen zunehmend Angebote von Interpreten und Orchestern, gerne wieder einmal nach Neustadt zu kommen. Man schätze hier, so gab es Georg Hopfengärtner weiter, die schöne Atmosphäre und Resonanz des Publikums. Und auch der Anspruch an die musikalische Qualität genieße in Künstlerkreisen hohe Wertschätzung.
Vorstand einstimmig bestätigt
Der konnte sich auch die Vorstandschaft versichert sehen, der nach dem trotz unterschiedlichen Konzertdefiziten positiven Bericht von Schatzmeister Martin Wolfart sowohl einstimmig die Entlastung erteilt, wie für eine weitere Amtsperiode das Vertrauen ausgesprochen wurde. Der Wahlleitung war es dabei mit der "Blockabstimmung" leicht gemacht. Ulrike Wesche wurde mit Georg Hopfengärtner als Vorstandsduo bestätigt, ebenso Kassier Martin Wolfart, wie die Beisitzer Ellen Schuster und Christiane Wolfart.
"Einen guten Start hinlegen" will man in die neue Saison mit dem großen Sommerkonzert, zu dem sich "pro musica" am Sonntag, 15. September, eine volle "NeuStadtHalle am Schloss" erhofft, wenn die "BlechMafia" den "Klangauftrag H2O – wie Wasser zum Klingen kommt" erfüllt. Matthias Eckart "Trompete" und Wolfgang Schniske (Schlagwerk) sind die Neustädter "Lokalmatadore" im Nürnberger Sextett. Der Vorverkauf im Neustädter Buchhandel ist angelaufen.
Tangorhythmen und russische Klänge
In die "Rathaus-Ehrenhalle" lädt "pro musica" am Sonntag, 13. Oktober zu Tangorhythmen mit Wolfram und Bettina Born (Klavier und Akkordeon), am Sonntag, 20. November, zu "Kammermusik für Sopran, Viola und Klavier" mit Elisabeth Ort, Karoline Hofmann und Britta Köstner, sowie am Sonntag, 29. Dezember, zu "Klängen aus dem alten und neuen Russland" ein. Dabei gibt es ein Wiederhören mit dem Balalaika-Orchester aus St. Petersburg, zu dem es einst enge Neustädter Verbindungen gab. Ferner wirken namhafte Solisten mit.
Für das "Festliche Neujahrskonzert" mit dem Kammerorchester Würzburg und Solisten am Sonntag 12. Januar 2020, wird ein besonderes Programm vorbereitet, ließ Ulrike Wesche wissen. Denn "pro musica" lädt zu einem Jubiläumskonzert ein, wird mit ihm doch bereits zum zehnten Mal das neue Jahr musikalisch begrüßt. Ebenfalls ein Jubiläum prägt das Konzert "Beethoven plus…" am Sonntag, 9. Februar 2020, wenn zum 250. Geburtstag des großen Meisters auch zeitgenössische Komponisten gratulieren.
Weit ins Jahr 2021 geplant
Werke vergessener jüdischer Komponisten der Romantik erklingen am Samstag, 14 März, mit dem "Gernsheim-Duo" Naoko Christ-Kato (Klavier) und Anna Gann (Gesang) in der Rathaus-Ehrenhalle und am Sonntag, 19. April, ist mit "Caprize" Barock- und Renaissancemusik eine Premiere verbunden. Denn dazu lädt "pro musica" in die St. Johanneskirche in Diespeck mit ihrer ausgezeichneten Akustik ein. Die Planungen des Förderkreises reichen schon weit in die Saison 2020/21 hinein, in der bereits eine Beethoven-Lese-Konzert am 7. Februar 2021 im Nachklang zum Beethoven-Jahr sowie am 9. April 2021 in der Birkenfelder Klosterkirche ein Konzert mit dem Klenke-Streichquartett aus Weimar vorgemerkt werden können. Ebenso wie das "Schmuck-Trio" aus Wuppertal am 11. Oktober 2020 und ein Klavierabend mit Anne Riegler aus Würzburg am 15. November 2020, das mit Weltmusik geplante große Sommerkonzert am 20. September 2020 und das "Festliche Neujahrskonzert" am 18. Januar 2021 inklusive.
In Kürze kann man sich über das Programm von "pro musica" online informieren. Armin Held hat die Homepage für den Förderkreis erstellt, die er mit viel Beifall der Mitgliederversammlung präsentierte. Unter www.promusica-nea.de soll sie zum Wochenende freigeschaltet werden und durch die Vernetzung mit anderen Veranstaltern zeigen, "was im Landkreis alles geboten ist". Nach einer Pause freute man sich im Förderkreis, das "Verona wieder an Horizont", im August 2020 eine Fahrt zu einer Neuinszenierung geplant ist.
HARALD J. MUNZINGER
FLZ, 17. April 2019
Gelungene Parallelen zwischen Wort und Musik
Besucher erlebten großartiges musikalisches wie auch christlich-meditatives Erlebnis mit dem Fürther Elisen-Quartett
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BIRKENFELD - Zum Konzert des Neustädter Förderkreises „pro musica" konnte Ulrike Wesche in der Birkenfelder Klosterkirche das Fürther Elisen-Quartett begrüßen. Im Verein mit den verbindenden Worten von Pfarrerin Sabine Rabenstein vermittelte sich dem zahlreich versammelten Publikum ein großartiges musikalisches wie christlich-meditatives Erlebnis.
Die vier Musikerinnen - Anja Schaller und Maria Schalk (Violine), Karoline Hofmann (Viola) und Irene von Fritsch (Violoncello) - hatten mit dem neunsätzigen Zyklus „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze" von Joseph Haydn die musikhistorisch vielleicht reifste· instrumentale Komposition zur Passionszeit gewählt und sie deuteten diese mit historischer Aufführungspraxis nachempfundener expressiver Kraft und Schnörkellosigkeit.
Sabine Rabenstein vermittelte Hintergründe zum Werk nur in knappster Form und beleuchtete dann zwischen den musikalischen Betrachtungen das jeweilige Zitat aus dem Munde Jesu, wie es die Evangelisten wiedergeben, in allgemeinverständlicher und anschaulicher Exegese.
So wurde den Zuhörenden bewiesen, wie genial es Haydn gelingt, einen Bogen zu schlagen zwischen nachbarocker Rhetorik und klassischer Formerfüllung. Es kam gewiss keine Langeweile auf bei den fast durchwegs getragenen „Sonaten", denn die technisch kaum zu differenzierenden Tempobezeichnungen ,,Adagio", ,,Lento", ,,Largo", „Grave" und „Maestoso" mögen auf unterschiedliche Charaktere verweisen, erlaubten dem Hörer aber nicht wirklich trennscharfe Zuordnungen. Insofern war es allein das Verdienst des Quartetts, Parallelen zwischen Wort und Musik aufzutun und dabei Unterschiede im Grad der Reflexion zwischen beinahe Naturalistischem und primär Strukturellem wahrzunehmen und zu interpretieren.
Es war nicht schwer zu hören, wie raffiniert Haydn durchwegs zwischen dem Dur- und dem Moll-Geschlecht changiert und manch ungewohnte harmonische Rückung wagt, die von Schubert stammen könnte. Noch zwei konkrete Beispiele von vielen möglichen zu Einzelaspekten - zunächst: ,,Frau, siehe, das ist dein Sohn". An Mozarts modern-kommunikative Freimaurer-Gesten gemahnte eine choralhafte Sanglichkeit. Dann: ,,Mich dürstet". Faszinierend, wie auf Pizzicati schärfste Unisono-Schläge folgten. Nur der ruhelose finale Satz „Terremoto. Presto con tutta la forza", rief den· nichtverbalen Zusammenhang des verbalen Geschehens in Erinnerung. Die Passionsgeschichte war nicht nur ein Erdbeben für die Menschheitsgeschichte, sondern führte auch real-symbolisch zu einem solchen. Diesbezüglich bedurfte es keiner Exegese. Erfreulich, dass das äußerst konzentrierte Birkenfelder Publikum am Ende mit seinem herzlichen Beifall noch ein wenig gewartet hat. Ob Haydn mit diesem Finale denn doch auf Rezeptionskonventionen geschielt hat, sei dahingestellt. Ganz ohne Humor ging es bei ihm kaum jemals ab.
WOLFGANG ZIMMERMANN