Presseberichte

  • FLZ, 8. Oktober 2024

     

    Experimentelles Könnertum

    Jens Opitz von Grafenstein und Michael Munzert boten mit ihrer Kombination aus Gitarre und Posaune in Diespeck ein weltweit wohl einzigartiges Spektakel

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    DIESPECK – So originellen wie reizvollen Duo-Klängen durfte das Publikum in der gut besuchten Dies­pecker Johannes-Kirche gewiss noch nicht oft lauschen. Doch die beiden Solisten Jens Opitz von Grafenstein (Gitarre) und Michael Munzert (Posaune) können überdies ein Al­leinstellungsmerkmal beanspruchen.

    Denn mit einer gewissen Wahr­scheinlichkeit existiert diese Beset­zung, die vom Verein pro musica aus Neustadt eingeladen worden war, nur ein einziges Mal weltweit und sie geht zurück auf die langjährige Freundschaft der Musiker, die be­reits in mehreren Konzerten allein in der Region Früchte getragen hat.

    So führten sie auch gemeinsam durch das Programm, welches Genre­ Grenzen überschreiten musste, da eigentlich alles, was sie spielten, unter den Crossover-Terminus fallen muss. Man kennt vermutlich keine Originalliteratur – in welcher Sparte auch immer. Erfreulicherweise ver­zichteten die beiden weitestgehend auf die beliebten privaten Anekdo­ten zugunsten musikalischer Einbli­cke. Gerne hat man natürlich erfah­ren, dass der Handwerker  Opitz von den beiden Sportlern seine Gitarre durchaus selbst hat bauen können.

    Auch aus Gründen der Klangent­faltung bevorzugen die Herren den Kirchenraum. Mittlerweile werden beide Instrumente verstärkt und die Gitarre im Besonderen arbeitet mit . elektronischen Erweiterungsmög­lichkeiten. Das war nicht immer so, erfüllt aber den programmatischen Anspruch, mit Experimentellem zu konfrontieren. Während die Klang­gestaltung auf dem Saiteninstrument per se vielseitig ist und bisweilen vor allem perkussive Unterstützung er­fuhr, wurden beim Blasinstrument unterschiedliche Dämpfer eingesetzt, die den Radius ins Sonore und ins Feinnervige erweiterten.

     

    Zwischen Bardentum und sanfter Trauer

     

    Der Barde Sting eröffnete den Spätnachmittag – er ist nicht unbe­kannt für seine Ausflüge in elisabe­thanisches Liedgut aus seiner Hei­mat, aber in Diespeck stand der jaz­zig-rockige Titel „Shape of my Heart“ auf dem Programm. Musik aus La­teinamerika – Milonga, Tango – schloss sich an. Auch dies ein Ste­ckenpferd vieler Combos zwischen den Stühlen, doch keineswegs durch die Bank derart pfiffig gegen: den Strich gebürstet.

    Nach der Pause begab man sich mit Franz Schubert zunächst ins frühe 19. Jahrhundert. Die Arpeggione-So­nate für ein rasch wieder unterge­gangenes Saiteninstrument und Kla­vier verlangte beiden Könnern Fi­nesse und Virtuosität ab. Mit einem der beiden Duo-Sätze aus Olivier Messiaens im Kriegsgefangenenlager bei dürftigem Inventar komponier­ten Quartett „Auf das Ende der Zeit“ war sodann eine durchaus andere Stimmung wahrzunehmen als im kargen Original. Der Kirchenraum, er schwang mit im Rhythmus einer in sich versunkenen, quasi unendlichen Langsamkeit. Warum auch nicht!

    Das Moment sanfter Trauer setzte sich fort im Schlussabschnitt von Bachs Contrapunctus 14, wobei die Posaune die hohe Lage des Stim­mengeflechts übernahm. Zwar schien es bereits bei Schubert ähnlich, wenn dort die Verteilung der Stimmen ana­log gegen die Erwartbarkeit gestaltet war – dort indes eigentlich nichts Ungewöhnliches, ist nun einmal die Posaune kein figurierendes Begleit­instrument.

    Und wiederum Schmerzerfahrung – in lateinamerikanischem Gusto freilich – bei einer Weise von Ariel Ramirez, der für seine kreolische Messe bekannt geworden ist. Die heutige Komposition gilt jedoch dem Freitod von Salvador Allende, jenem umstrittenen Staatschef vergangener Tage in einem fernen Land.

    Zwei Zugaben erklatschte sich das Auditorium und dem Duo Grafen­stein-Munzert sind weiterhin so geistreiche und subtile Anverwandlungseinfälle zu wünschen wie in den letzten Jahrzehnten. Vielleicht geht da auch noch mehr im rein akusti­schen Bereich. Experimente er­wünscht!

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 16. September 2024

     

    Akkordeon ohne Grenzen

    Der Saisonstart nach der Sommerpause bei „pro musica“ in Neustadt wurde zum vollen Erfolg

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    NEUSTADT an der AISCH – Gleich das erste Konzert der Saison 2024/25 war für den Förderverein „pro musica“ ein Paukenschlag: Das Nürnberger Akkordeonorchester verhalf der be­währten Reihe zu einem voll besetz­ten Saal der NeuStadtHalle.

    Wenn ein Laienorchester aus der Region spielt, füllen viele ehemalige Mitspieler, Freunde und Verwandte die Reihen und wenn es dazu noch den Rang eines professionellen En­sembles aufweisen kann, ist das um­so verständlicher. Seit dem Ende des letzten Jahrtausends leitet Stefan Hippe das vielfach preisgekrönte Akkordeonorchester schon. Mit überschäumendem Engagement diri­giert er seine Spieler und verlässt schon einmal mit beiden Füßen den Bühnenboden. Gut, wenn man kein Dirigentenpult benutzt.

    Eigentlich ist bereits ein einziges Ziehinstrument mit seinen Tasten und Knöpfen ein Orchesterersatz, es hat ja alles, was vonnöten ist. In aller Welt ist es heimisch, vor allem in der Volksmusik. Wenn der tönende Blasebalg gar massenweise anrückt, werden die Klangmöglichkeiten im­mens und ermöglichen den Sprung in Filmmusik und klassische Musik. Es muss nur gut arrangiert sein, dann ersetzen Tasten Klarinetten, Trom­peten und Geigen. Allerdings waren im Hintergrund ein E-Piano und ein Drumset hineingemogelt – ganz ohne Rhythmus geht es halt doch nicht.

    Den Eröffnungswalzer, der Schos­takowitsch-Ohrwurm aus der Jazz­suite Nr. 2, gibt es mittlerweile für so ziemlich alle Instrumente, aber auf Akkordeons passt der Dreiviertel­takter ganz besonders gut - irgend­wie hat der tönende Blasebalg den Tanz in den Falten, ob Walzer oder Tango. Dem Orchester sind aber nicht nur Prokofjew und Tschaikow­skij ein Anliegen, sondern auch mo­derne Musik. Ist halt so, dass man die heutzutage nicht mehr außen vor las­sen kann.

    Das Herzstück des Konzertes unter dem korrekt gewählten Motto „Akkordeon ohne Grenzen“ ist etwas, das sich im Programm am Ende des ersten Teils ganz unauffällig ausnimmt: „Deutsche Volksweisen“ von Rudolf Würthner. Dem vorwiegend älteren Publikum sind unsere leiben alten Volkslieder noch ein Begriff – sie stehen für eine Zeit, in der tat­sächlich so einiges besser war als heute. Sie erinnern an die Geborgen­heit der Kindheit, als noch jedes Kind diese Lieder kannte, lernte und sang. Nicht nur das, sie wurden ja auch ganz oft vom Akkordeon gespielt, der Quetsch'n, der Ziach, dem Schiffer­klavier, bescheidene Verwandte der schwarzglänzenden Mammutkästen des Orchesters.

    Plötzlich war im Saal der Neu­StadtHalle noch etwas anderes zu hören als Instrumente: Stimmen, Summen, Gesang von Menschen, denen diese Musik mitten ins Herz gespielt wurde und die ihre Stimme erhoben, ohne sich dessen überhaupt recht bewusst zu sein. Wie schön, wenn dieses Medley der krönende Abschluss gewesen wäre – aber auch so war es ein Schmankerl, das ein wohliges Gefühl hinterließ und dem Orchester einen besonders kräftigen Applaus bescherte.

    HEIKE AUER

  • FLZ, 22. Juli 2024

     

    Start mit Akkordeonorchester

    Der Förderkreis „pro musica“ Neustadt hielt Mitgliederversammlung

    und plante bereits bis 2026

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    NEUSTADT an der AISCH – Mit kräftigem Applaus bedankten sich zahlreiche Mitglieder des Förderkreises „pro musica“ bei ihrer langjährigen Vor­sitzenden Ulrike Wesche für deren unermüdliches, erfolgreiches Wir­ken. Diese richtete, ebenso herzlich, ihren Dank an ihr Vorstandsteam so­wie die zahlreichen helfenden Ver­einsmitglieder.

    Die gut besuchte Mitgliederver­sammlung des Förderkreises „pro musica“ begann mit einem Rückblick auf eine erfolgreiche, vom Publikum hochgelobte kammermusikalische Konzertsaison.

    Danach erfolgte eine Vorschau auf die Konzertsaison 2024/2025. Diese beginnt mit dem „Akkordeonorches­ter Nürnberg“ am 14. September. We­sche konnte ein abwechslungsrei­ches, sowohl instrumentell als auch musikalisch ausgewogenes Programm vorstellen.

    Ebenso berichtete sie, dass man sich an der Aktion „75 Jahre Grund­gesetz“ beteiligt habe. Finanziell sei der Rahmen sehr eng gesteckt. Sehr schwierig sei es zudem, Sponsoren zu finden. Alle Pro-musica-Konzerte der zurückliegenden Saison wurden vom Verein selbst bezuschusst.

     

    An den Gagen will man nicht sparen

     

    Glücklicherweise gab es auch an­onyme Spenden. Deshalb konnte Kassier Martin Wolfart von einem ausgeglichenem Kassenstand berichten. Sparen könnte man nur an den Gagen, was jedoch zu Lasten der Konzert-Qualität ginge. Zudem sei man um einen fairen Umgang mit den Künstlern bemüht, so Wolfart. Nach Entlastung des Vorstands waren die Vereinsmitglieder gefordert. Anhand einer Vorschlagsliste konnten sie Musikgruppen für die übernächste Konzertsaison wählen. Eigene Vor­schläge waren ebenso willkommen. So war es einem Vereinsmitglied sehr wichtig, auf die Ausgewogenheit zwi­schen Bläsern und Streichern zu ach­ten.

    Mit Sorge blickte man auf das Nachwuchsproblem im Verein, denn das Vorstandsteam erreiche bereits ein höheres Alter. Wenngleich man momentan noch nicht an einen Rück­tritt denke, sei es doch dringend an­geraten, nach geeigneten Nachfol­gern zu suchen, hieß es.

    Zum Abschluss beauftragten die Vereinsmitglieder ihren Vorstand damit, eine Erhöhung des Vereins­beitrags vorzubereiten. Der neue Satz soll dann in der nächsten Mitglieder­versammlung beschlossen werden.

    RÜDIGER PFEIFFER

  • FLZ, 17. April 2024

     

    Junge Talente machten Musik lebendig

    Schülerinnen und Schüler geben gemeinsam mit ihren Lehrkräften der Neustädter Musikschule ein Konzert in der NeuStadtHalle

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    NEUSTADT an der AISCH – „Junge Talente stel­len sich vor!“ – Unter diesem Motto gaben Schülerinnen und Schüler der Musikschule gemeinsam mit ihren Lehrkräften auf Einladung des „För­derkreis pro musica Neustadt a. d. Aisch“ am Sonntag ein Konzert in der NeuStadtHalle am Schloss.

    Bemerkenswert war dabei nicht nur die Vielfalt der auf der Bühne vertretenen Fachbereiche (Holzblas-, Saiten-, Zupf-, Tasten- und Schlagins­trumente), sondern auch die Pro­grammauswahl, die das umfangrei­che Ausbildungsangebot an der Mu­sikschule widerspiegelt. So waren Werke aus Barock, Klassik und Ro­mantik ebenso im Repertoire wie Kompositionen zeitgenössischer Mu­sik und aktuelle Hits.

    Das Trio „Tempo Passato“ eröffne­te den Nachmittag mit Mendelssohns „Klaviertrio Nr. 1 d-Moll“. Die Lehr­kräfte Nectaria Delgadillo (Cello), Ralf Brösamle (Violine) und Stephan Eitel (Piano) hatten sich vor etwa zweieinhalb Jahren zu einem Trio mit diesem wohlklingenden Namen zusammengefunden.

    Während sie vergangenes Jahr bei der NeustadtNacht mit leichter Wie­ner Kaffeehaus-Musik unterhielten, begeisterten die drei Musiker das Pu­blikum nun mit dem ersten Satz aus Felix Mendelssohn Bartholdys Kla­vier-Trio „Allegro Molto ed Agitato“, mit äußerst virtuoser, aber in ein­zelnen Passagen lyrisch-singendem Spiel ihrer Instrumente.

    Wie alles einmal seinen Anfang nehmen kann, konnte man durch den Auftritt der erst neunjährigen Fenja Michalik (Violine) bewundern. Be­gleitet von Klavierlehrer Stephan Ei­tel, der diesmal seinen Schüler Luis Onyu Hanke vertrat, gab sie eine überzeugende Darbietung ihres Kön­nens, was dem Nachwuchs-Duo (Michalik und Hanke) schon einen ersten Preis beim Wettbewerb „Ju­gend musiziert““ beschert hatte.

    Mit Mirjam Enser und Manolis Schiller betraten sodann zwei ehe­malige Schüler der Musikschule die Bühne und entführten mit hochkon­zentriertem Spiel die Zuhörerinnen und Zuhörer zunächst jeweils solis­tisch mit einer Partita von Johann Sebastian Bach und anschließend mit der Sonate von Jean-Marie Le­clair in die Welt des Barock.

    Unterschiedlich in Klang und Stil aber keineswegs gegensätzlich zum bisher Gehörten: die Komposition „Luminance“ von Nathan Kolosko, Michael Neumann (Lehrkraft für klassische Gitarre) und Nectaria Del­gadillo (Cello) interpretierten dieses doch sehr persönliche Werk des ame­rikanischen Multiinstrumentalisten einerseits leicht verspielt, aber den­noch äußerst einfühlsam und gaben der Idee des Komponisten eine ganz eigene Tiefe.

    Nach der Pause entführten Gitar­rist Neumann und seine Kollegin Ul­rike Döpfer (Querflöte) das Publikum mit „Abrazao de Tango“ von Claudio Camisassa nach Argentinien und lie­ßen erahnen, dass nun eher moder­nere Kompositionen den weiteren Konzertverlauf bestimmen sollten.

     

    Mit Saxophon auf Bundeswettbewerb

     

    So zum Beispiel „Pequenia Czar­da“ (Kleiner Czardas) von Pedro Iturralde, souverän vorgetragen von Aladin Dizdarevic. Der junge Nach­wuchs-Saxophonist vertritt die Mu­sikschule im Mai beim diesjährigen Bundeswettbewerb „Jugend musi­ziert“. Dabei hat er auch eine Inter­pretation von Johann Sebastian Bachs „Air“ im Programm und man kann nur erahnen, welche Werke Bach für dieses Instrument kompo­niert hätte, so es denn zu seiner Zeit schon existiert hätte.

    Ein Instrument, dass zu Bachs Zeiten eher weltlich und zu militäri­schen Zwecken eingesetzt wurde, ist die „kleine“ oder Marschtrommel. Dass diese jedoch in den unter­schiedlichsten Musikstilen zu Hause sein kann und nicht nur „militärisch traditionell“ sondern auch mal „ländlich“, „hochgradig wienerisch“ oder „temperamentvoll, ausgelas­sen“ klingen kann, ließ Wolfgang Schniske die Konzertbesucher mit Wolfgang Reiffeneders „Crossover“ wissen.

    Zum Finale brachte das Saxophon­ und Klarinettenensemble unter Lei­tung von Sven Schöllmann ein wenig U-Bahn-Flair in die NeuStadtHalle und spielte „temperamentvoll, aus­gelassen“ einige Kompositionen der durch die New Yorker „Tube“ be­kannt gewordenen US-Formation „Lucky Chops“. Schließlich wurde das Publikum selbst Teil des Ensem­bles und durfte mit Gesang – ange­leitet von Sven Schöllmann – den letzten Titel mitbegleiten, was be­stimmt dafür sorgt, dass dieser sehr abwechslungsreiche Konzertnach­mittag der Musikschule im Land­kreis dem einen oder anderen im Ge­dächtnis bleiben wird.

    WOLFGANG SCHNISKE

  • FLZ, 20. Februar 2024

     

    Die erstaunlichen Facetten des Saxophons

    Das Trio Etolies gastiert auf Einladung von pro musica in der NeuStadtHalle und bietet ungewöhnliche Bearbeitungen voller Charme

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    NEUSTADT an der AISCH – Der Name, den sich die Formation gegeben hat, zeugt durchaus von Selbstbewusstsein. Zu Gast beim jüngsten Konzert des Ver­eins „pro rnusica“ in der NeuStadt­Halle ist das Trio Etoiles und seine Besetzung ungewöhnlich genug: Zwei Saxophone werden am Klavier begleitet auf ihrer Reise von West nach Ost.

    Als ganz stimmig erweist sich die­ses Motto – „Journey East“ – zwar nicht im Verlauf des Abends, aber eine solche formale Ungenauigkeit kann man der sympathisch selbst­ironischen Münchnerin Sarah Lilian Kober am Sopraninstrument so we­nig verübeln wie den beiden Herren. Kober führt auch informativ und hu­morvoll durch das Programm. Alt- re­spektive Bariton-Saxophon spielt der in Serbien gebürtige Vanja Sedlak und aus der Ukraine stammt der Pia­nist Vadym Palii, der bei Poulenc auch einmal das Heft an sich reißt und ansonsten ein kongenial geläufi­ges, rhythmisch versiertes oder sub­tiles Fundament gestaltet.

    Das Saxophon ist ein Holzblasins­trument aus Metall und dient so der stärkeren akustischen Wirkung, et­wa im Freien, und es ist auch un­empfindlicher gegen Witterungsein­flüsse als die verwandte Klarinetten­familie. Lange bevor der Jazz das Sa­xophon für sich entdeckt hatte, gab es nach dessen Erfindung Mitte des 19. Jahrhunderts eine sehr über­schaubare Zahl an Originalkomposi­tionen. Gewisse Farben lassen durchaus an die Streicher im klassi­schen Klaviertrio denken, aber neben mancher Neukomposition unserer Tage wird naturgemäß für diese und ähnliche Besetzungen vorzugsweise bearbeitet.

    Auch das Trio Etoiles hat das im­mer wieder getan und bei Francis Poulencs bekanntestem Chanson, das von den Wegen der Liebe er­zählt, liegen solche Versionen auf der Hand. Noch viel mehr Bearbeitungen gibt es von Gershwins diversen Hö­hepunkten aus seiner Oper „Porgy and Bess“. Die in Neustadt dargebo­tene Suite ist wahrlich nicht die schlechteste – die Dame und die bei­den Herren können ihre makellos souveränen technischen, musikali­schen und nicht zuletzt geschmackli­chen Fähigkeiten und Fertigkeiten unter Beweis stellen.

    Das Konzert beginnt mit einem Na­men, der gewiss einer Allgemeinheit kaum bekannt sein dürfte, für die Entwicklung des frühen Saxophons indes ganz wichtig ist. Jean-Baptiste Singelée (1812 – 1875) erinnert in seinem „Duo concertant“ an die Frühromantik eines Carl Maria von Weber. Eine weitere Originalkompo­sition erscheint bei Weitern tiefer lo­tend und gänzlich verschieden in Stimmung und Anlass. „Sarajewo“ stammt von Guillermo Lago (*1960). Was sich zeigt: Das Saxophon kann in allen Lagen sonor singen, ja Schmerz verströmen, steckt voller Melancholie und Wärme. Lagos Kom­position – er kommt auch bei einer Zugabe nochmals zur Geltung – ist deutlich beeinflusst von der Folklore des Balkans.

    Das Publikum erweist sich als sehr empfänglich für solcherlei Atmo­sphäre. Aber es kann nicht überra­schen, wenn Begeisterung noch stär­ker von den pfiffigen Arrangements mancher Welthits hervorgerufen wird. Zwar darf mit Astor Piazzolla der Tangokönig nicht fehlen und da­mit doch wieder eine dunklere Seite der Unterhaltungsmusik, aber zu brillieren vermag das Bariton-Instru­ment besonders in Vittorio Montis unverwüstlichem Csardas. Wirklich im Osten angelangt nach vielem Kreuz und Quer zuvor ist man dann bei fünf Stücken von Dmitri Schos­takowitsch. Freilich: Auch seiner Musik geht das gehaltvoll Verhaltene kaum je ganz ab.

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 19. März 2024

     

    Die Flötentöne beigebracht

    Beim flautississimo-Konzert in der NeuStadtHalle wurde eventuelle Vorurteile über ein nur scheinbar biederes Instrument eindrucksvoll zerstreut

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    NEUSTADT an der AISCH – Die Idee ist nicht gänzlich neu, aber so rar wie kurios und in Neustadt eine Premiere. Das Blockflötenorchester „flaµtississiino“ unter der Leitung von Petra Menzl gastierte im jüngsten Konzert von „pro musica“ in der NeuStadtHalle. Erfreulich viele Gäste hatten sich eingefunden und feierten einen ex­quisiten Hörgenuss.

    Schon vor Beginn konnte man den ganzen Reichtum der Instrumente auf der Bühne und rechts und links der Stuhlreihen bestaunen. Die Blockflötenfamilie kennt zehn Stimmlagen, vom Garkleinflötchen bis zum Subkontrabass-Instrument. Bei ersterem, so in einer launigen Anmerkung Menzls, die auch höchst informativ durch den Spätnachmit­tag führte, darf man nicht zu tief ein­atmen, sonst „ist es weg“. Letzteres hat die Ausmaße von drei Metern. Ein einziges Manko: Wir hätten ger­ne Kostproben aller Typen kurz so­listisch kennengelernt.

    Wenn man die Kinder- und Ju­gendensembles einbezieht, die ihre separaten Auftritte wahrnehmen, so hatten sich über 60 Musizierende, vorwiegend aus ganz Bayern, zum gemeinsamen Spiel gefunden und in Petra Menzl eine mitreißende Fach­frau und Dirigentin für sich gewon­nen. Manche ihrer Zöglinge können auf Erfolge beim Wettbewerb „Ju­gend musiziert“ zurückblicken. Und auch wenn die Mädchen und Damen überwogen, so präsentierte sich doch ebenso das andere Geschlecht. Schließlich kennt die Blockflöte weltberühmte Solistinnen wie Doro­thee Oberlinger im historisch infor­mierten Fach oder Michala Petri, die das moderne Repertoire erweitert und erschwert hat, was man in Neu­stadt sehr wohl zu hören bekam – di­verse Finger- und Überblastechniken oder das simultane Singen und Spie­len inbegriffen. Doch gibt es eben auch Männer von höchstem Rang – Menzl nennt den Schweizer Maurice Steger.

     

    Vom kleinen Kaktus bis zum Cha-Cha-Cha

     

    Eine breite Palette an musikali­schen Vorlagen lud zum Genießen ein. Die Jüngeren gaben den kleinen grünen Kaktus der Comedian Har­monists zum Besten, interpretierten aber auch barocke Klänge von John Playford. Im Duo hörte man eine charmante Pièce von Sören Sieg (*1966), im Quartett den pfiffig choreographierten Cha-Cha-Cha von Raphael Benjamin Meyer (*1987). Sylvia Corinna Rosin (*1965) stand am Ende: „The River“ ist ein von kelti­scher Folklore beeinflusstes ameri­kanisches Lied, das bemerkenswert kunstvoll ausgestaltet wurde. Es diente dann in der Wiederholung als Zugabe, wobei das Auditorium die erste Strophe mitsingen durfte, was hörbar kraftvoll geschah.

    Dennoch – und vielleicht auch gar nicht überraschend: Gerade in den sonoren Tiefen, die im wahrsten Sin­ne große Blockflöten sehr wohl zu ar­tikulieren imstande sind, lagen die intensivsten Höhepunkte des Pro­gramms. Blockflötenensembles steht der Klang von Streicherbesetzungen nicht allzu fern. Und wer hätte ge­dacht, dass es neben räumlich mani­festen chorischen Wirkungen wie bei Giovanni Gabrieli gerade die feierli­chen Choralmelodien waren, die un­gemein beeindruckten? Das galt für das Andante festivo von Jean Sibe­lius ebenso wie für das Abendlied von Josef Gabriel Rheinberger und sogar für eine doch eher vordergrün­dig poppige Nummer wie „Palladio“ von Karl Jenkins (*1944).

    Wunderbar erhob sich aus solchen Tiefen in einem weiteren, einem an­onymen Satz gegen dessen Ende der Gesang des Sopranino. Spätestens jetzt – aber wohl längst vorher – hat­ten sich mögliche Vorurteile zer­streut, mit denen freilich die wenigs­ten gekommen sein dürften.

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 9. Januar 2024

     

    Das Konzert in der Klarinettenhochburg

    Das Kammerorchester Bad Brückenau kam mit dem Virtuosen Sebastian Manz in die NeuStadtHalle - Originelles Programm

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    NEUSTADT an der AISCH – Was wäre Neustadt ohne sein Neujahrskonzert? 2024 einmal mehr mit dem Bayerischen Kammerorchester, das in Bad Brü­ckenau residiert und von dem nicht nur deutschlandweit erfahrenen Se­bastian Tewinkel geleitet wird. Gast ist der renommierte Klarinettist Se­bastian Manz.

    Federführend seitens der Organi­satoren und Zuschussgeber zeichnet der Verein „pro musica“, dessen Vor­sitzende Ulrike Wesche Grußworte spricht. So gut wie kein Platz ist in der NeuStadtHalle leer geblieben. Nicht erst am Ende zollt das Publi­kum begeisterten und lange anhal­tenden Beifall. Tewinkel und Manz vermitteln auch verbal Einblicke in ein überaus originelles Programm, das vor allem einigen Landen um das Mittelmeer gilt.

    Die Klarinette erfährt nicht nur ein Höchstmaß an Virtuosität bei den Aufführungen, manche spezielle technische Kostprobe gibt es über­dies vorweg. Gioachino Rossinis „In­troduktion, Thema und Variationen“ präsentiert sich wie eine Opernszene in glasklar brillanten Läufen des So­listen bei frühromantisch charman­ten Orchesterfarben.

    Ganz anders die hebräische Fan­tasie für Klarinette und Streicher des Amerikaners Samuel Gardner (1891–1984). Wir sind im Reich des Klez­mer und die kleinteilig bunte Komposition, die stets auf dem Boden einer orientalisch modal gefärbten Tonalität verharrt, bietet Raum vor allem jenem Klarinettenton, den Gio­ra Feidman weltberühmt gemacht hat.

    Souveräne Beherrschung konven­tioneller wie quasi avantgardisti­scher Blastechniken lässt das Ins­trument säuseln und brüllen, seufzen, jauchzen und – nicht zu verges­sen – eben auch wundersam singen.

    Freilich fordert die „Klarinetten­Hochburg“ Neustadt, so der Solist des Abends, zumindest einen Satz aus dem berühmtesten klassischen Konzert – und sei es erst mit der Zu­gabe. Bei Mozart lässt Manz auf dem Bassett-Instrument ein Maß an geis­tiger Durchdringung und Versenkung vernehmen, ohne das eben doch eine wesentliche Komponente gefehlt hätte.

    Die etwa 20 Berufsmusiker, die re­gelmäßig in ihrem unterfränkischen Konzertsaal proben, beweisen auch in Neustadt einen Grad an Profes­sionalität, der sich nicht in lupenrei­ner Intonation und tadellosem Zu­sammenspiel erschöpft, sondern eben auch souveräne stilistische Ein­fühlung beweist. Denn wie anders ge­artet ist das übrige Programm.

    Der Grieche Nikos Skalkottas (1904–1949) hat vorwiegend ato­nal gearbeitet; wirklich bekannt sind jedoch seine „36 Griechischen Tänze für Orchester“ geworden, die der Folklore seiner Heimat beinahe na­turalistisch huldigen.

     

    Eher lyrisch statt orgiastisch

     

    Fünf Nummern werden dargebo­ten, in einer gebräuchlichen Fassung für Streicher allein. Wer in erster Li­nie an Alexis Sorbas am Strand denkt, mag überrascht sein von Rhythmen, die keineswegs orgias­tisch nach vorne drängen. Der Duk­tus ist bisweilen eher lyrisch oder die Metrik bewegt sich stampfend und stockend wie auf der Stelle.

    Das Konzert beginnt mit einer frü­hen Sinfonie von Joseph Haydn, aus der Tageszeitenfolge: „Le soir“ (Hob. 1:8). Hier prägt noch nicht die macht­voll strenge Strukturierung der Wie­ner Klassik das musikalische Gesche­hen, sondern es ist eine Schöpfung des Übergangs und wie geschaffen für ein Projekt-Orchester aus Voll­profis. Denn immer wieder werden Solisten gefordert, und wann hört man schon in einem nicht-konzer­tanten nachbarocken Orchesterwerk eine kleine Kadenz des Kontrabasses?

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 2. Januar 2024

     

    Tango in der Wohlfühlkulisse

    Bettina und Wolfram Born gastieren in der RathausEhrenhalle und verbreiten südländisches Flair ohne Effekthascherei

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    NEUSTADT an der AISCH – Um Silvester herum ist Heiteres gefragt, umso mehr, als man sich das neue Jahr mit dieser Eigenschaft wünscht. Dem hatte der Förderverein „pro musica – Neustadt a. d. Aisch“ Rechnung getragen und, bereits zum zweiten Mal, Bettina und Wolfram Born aus Weimar in die Rat­hausEhrenhalle eingeladen. „Mi tan­go querido - mi tango misterioso“ lautete der Programmtitel.

    Thüringen meets Tango in der „Wohlfühlstadt“ Neustadt. Das aus­ladende und gut ausgeleuchtete Wer­beplakat als Kulisse beherrschte die Szene und schien bereits gewisse Voraussetzungen für die Perfor­mance zu schaffen.

    Es gibt nämlich zwei Möglichkei­ten, sich einem landesfremden folk­loristischen Genre zu nähern: Das häufiger praktizierte ist das Nachah­men, aus dem zumeist ein Nachäffen wird. Man tut so, als hätte man süd­ländisches Temperament, verbiegt die Wirbelsäule in besorgniserregen­den Verrenkungen und verdreht ent­rückt die Augen. Das ist die dämli­che Variante.

     

    Saubere Variante als die bessere Wahl

     

    Dann gibt es noch die akademi­sche: Man spielt die Noten sauber, gibt ihnen Gestalt, zeigt ihre Mög­lichkeiten auf und macht eine gut verdauliche Musik daraus. Diese klu­ge Wahl hatten der Pianist Wolfram Born und die Akkordeonistin Betti­na Born getroffen.

    Die Zeit, in denen mit Tango ein anzüglicher Tanz assoziiert wurde, den der bayerische König und der ös­terreichische Kaiser ihren Offizieren gar verboten hatten, sind schon lan­ge vorbei. Das Kind der argentini­schen Slums ist in die feinen Kreise aufgestiegen und salonfähig gewor­den. Er ist nicht nur Musik, sondern auch Dichtung. Nur Gesellschaftskri­tik mag der Tango gar nicht: Er liebt die Romantik und die Volkshelden.

    Born und Born stellten in ihrem Programm die großen Meister des Tangos vor: Namen wie Eduardo Arolas, Anibal Troilo und Ángel Vil­loldo gehörten dazu und natürlich der populärste – Astor Piazolla, der wie kein anderer für den Siegeszug des Tangos um die Welt steht.

     

    Das Klavier sorgt für die Eleganz

     

    Die beiden Instrumente legen den Stil fest: Das Klavier, nicht gerade das typische Instrument für den rio­platensischen Tanz, schafft eine ge­wisse Eleganz, entfernt sich von der Improvisation auf Bandoneon und Gitarre, verleiht dem Straßenkind Professionalität und Ernsthaftigkeit.

    Bettina Born unterbricht mit ge­schnurrten, manchmal schrillen, lau­nisch vibrierenden und oft tief me­lancholischen Akkordeontönen das klassische Element und kreiert da­mit den für unsere Ohren typischen wehmütigen Tango-Sound. Er ist nicht einheitlich, der Tango, er ist vielfältig und wandelbar. Eines aber ist er immer: zutiefst menschlich, ob mit oder ohne Text. Er ist der Aus­druck derer, die Musik ohne Diplom und Notenlinien erschufen, spielten und sangen. Er ist ein Lebensgefühl, das nicht auf ein bestimmtes Land begrenzt ist, wie die Eigenkomposi­tionen der beiden Musiker zeigen, er bildet keine geschlossene Gattung.

    Es ist jedem einzelnen überlassen, sich seinen Lieblingskomponisten herauszusuchen. Lauscht man aller­dings Tangoklassikern wie „Los pa­jaros perdidos“ von Astor Piazolla oder „El choclo“, dem Dauerbrenner von Ángel Villodo, der als Zugabe gegeben wurde, möchte man sich in die Musik hineinlegen wie in Scho­koladencreme. Sie ist schon arg schön ...

    HEIKE AUER

  • FLZ, 21. November 2023

     

    Franz Schubert alternativ

    Die Erlkings aus Wien bieten in der NeuStadtHalle ein Programm

    mit Augenzwinkern

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    NEUSTADT an der AISCH – Eine prallvolle NeuStadtHalle und so viele Gäste wie selten: Der Verein pro musica feiert sein zwanzigjähriges Bestehen ohne viele Reden, dafür mit einem inter­national renommierten Quartett. Es nennt sich „The Erlkings“ und bietet einen alternativen Schubert-Lieder­abend. Begeisterungsstürme schon vor dem Finale.

    Bürgermeister und Schirmherr Klaus Meier sowie die Vorsitzende Ulrike Wesche, die auch dieses Kon­zert wie viele der rund 150 Veran­staltungen zuvor ins Leben gerufen hatte, begrüßen das Publikum. Meier würdigt auch Wesches Vorgänger im Amt, Dr. Dieter Geißendörfer, Kam­mermusik vom Feinsten stand stets im Zentrum, über die Jahrhunderte hinweg verfasst und in einem be­trächtlich breiten Rahmen der Be­setzungen. Auch wenn junge, regio­nal verankerte und noch nicht auf der großen Bühne erprobte Musikerinnen und Musiker ihre Chancen ganz genauso wahrnehmen konnten, so gelangen doch viele überragende Entdeckungen. Das ist umso bemer­kenswerter, als trotz Sponsoren und der Zusammenarbeit mit der Stadt die finanziellen Mittel naturgemäß begrenzt sind. Doch gerade das Neu­jahrskonzert hat Jahr für Jahr sogar die Begegnung mit professionellen Orchestern erlaubt.

    Vier souveräne Könner an ihren Instrumenten formieren die Gruppe „The Erlkings“ mit Sitz in Wien. Der Bariton Bryan Benner fühlt sich sichtlich inner- und außerhalb des klassischen Kanons wohl. Er spielt auch die Gitarre und führt mit sei­nem pfiffig amerikanisch-österrei­chischen Akzent durch das Pro­gramm.

    Ivan Turklj verleiht dem Violon­cello Prägnanz, Simon Teurezbacher spielt die Tuba mal in rustikaler, mal in amouröser Manier. Die Schlag­zeugeffekte erweisen sich nicht selten als minimalistisch pointiert, ro­ckige oder jazzige Virtuosität steht eher hintan. Indes zeigt das Vibra­phon sein Vermögen als liebevoller Deuter von Beziehungsproblemen.

    Vor der Pause finden sich Schu­bert'sche Preziosen in ungewöhnli­cher Sicht quer durch sein ganzes Liedschaffen. Ein freundliches Zwin­kern gilt nicht nur dem berühmten Erlkönig, sondern ebenso der Forel­le, während das enthusiasmierte Pu­blikum sich spürbar launisch der jo­delnden Unterstützung hingibt.

    Gretchen am Spinnrade weiß nicht wirklich, ob sie traurig sein soll, dies aber nachdrücklich. Bryan Benner hat alle Neudichtungen in englischer Sprache verfasst. Er liebt deutsche Lyrik und kennt Wien bestens, aber er will seine Herkunft aus den Staa­ten eben nicht verleugnen und das macht ihn allenthalben sympathisch.

    Nach der Pause geht es sodann um den zweiten großen Liederzyklus von Franz Schubert nach Gedichten von Wilhelm Müller, der schönen Mülle­rin. Seine Tragik mag hintergründi­ger sein, als dies bei der Winterreise der Fall ist. Eine moderne Version von Letzterer zwingt nicht in glei­cher Weise zu subtilen Anpassungen. Doch es ist dies ohnehin nicht das Problem der Combo aus Wien. Denn ihre sinnig verkürzte Fassung er­scheint in der Tat als die amüsantes­te, die man sich denken kann.

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 31. Oktober 2023

     

    Eine Hommage an Johannes Brahms und

    ein türkisches Andenken

    Das Klaviertrio „toninton“ gastierte am Sonntag beim Neustädter Verein

    „pro musica“ – Klangschönheit und Homogenität: Der Name ist Programm

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    NEUSTADT an der AISCH – Kammermusik auf exquisitem Niveau. Das Anliegen der vorn Verein „pro rnusica“ veranstal­teten Reihe in der NeuStadtHalle er­füllte diesmal glanzvoll ein klassi­sches Klaviertrio mit Namen ,tonin­ton". Es musizierten Vilja Godiva Speidel (Violine), ihr Bruder Ukko Speidel (Violoncello) und der Pianist Helge Aurich.

    Der Name ist Programm, denn sel­ten erlebt man solche Klangschön­heit und, wichtiger noch, souveräne Homogenität, zu der sich manche zu dritt spielenden Starindividuen nicht in gleichem Maße durchzuringen ver­mögen. Des 125. Todestages von Jo­hannes Brahms galt es 2022 zu ge­denken. Zwei Werke sind ihm an die­sem Abend direkt respektive mittel­bar gewidmet. Auch der dunkel und warm tönende Bösendorfer-Flügel ist für solche Romantik ideal geeignet, der gut besuchte Saal trägt ein Übri­ges zur gepflegten Akustik bei.

    Vor der Pause hat das Trio noch ein zehn Jahre altes postmodernes Werk einstudiert. Es heißt „Space Jurnp“ und verkörpert wiederum ein Andenken – in der für den türki­schen Pianisten und Komponisten Fazil Say so charakteristischen nar­rativ-bildhaften Manier. Viele haben die Bilder 2012 gesehen, als der Ex­tremsportler Felix Baumgartner sei­nen Sprung aus dem Weltall in 40 Ki­lometern Höhe erfolgreich absolvie­ren konnte.

    Die Musik bleibt tonal und das mo­tivische Material eher einfach ge­strickt. Die bestechende Wirkung ist instrumentenspezifisch, wimmelt es doch von Glissandi, Pizzicato-, Col­legno- und Oberton-Effekten, von flimmerndem Klavierdiskant und maschinenhaft Grellem. Und natür­lich nimmt man akustisch die geo­graphische Herkunft ihres Schöpfers wahr, aller atmosphärischen Orna­mentik zum Trotz.

     

    Die Renaissance der Clara Schumann

     

    Der Abend wird eröffnet mit dem Klaviertrio in g-Moll von Clara Schu­rnann, deren nicht ganz einfache, aber unverkennbare Beziehung zu Brahms sich kaum in zwei Sätzen umreißen lässt. Die Komposition wurde erst in den vergangenen Jah­ren stärker gewürdigt, gewiss im Zu­ge einer neuen Wertschätzung hoch­begabter weiblicher Komponisten.

    Das Werk erweist sich als in Melo­dik und Harmonik ausgesprochen reizvoll und lässt auch kaum an for­maler Geschlossenheit zu wünschen übrig. Im Finalsatz gemahnt eine ge­wisse Widerborstigkeit an Brahms; fugierte Passagen zeigen dezente Ge­lehrsamkeit auf. Wir hören weiterhin ein keck melodiöses Menuett, einen langsamen Walzer mit leidenschaft­lichem Mittelteil, und im Kopfsatz vergisst Clara Schurnann, geborene Wieck, nicht, dem Ehegatten die Re­verenz zu erweisen.

    Zweifellos wird nach der Pause mit dem Klaviertrio, Nr. 1, in H-Dur von Brahms der Wert dieses etwas kür­zeren Trios seiner Gesinnungs­freundin noch einmal übertroffen. Eine Pointe besteht überdies darin, dass die Zuhörerschaft ein Frühwerk genießen darf, welches zugleich Spätwerk ist. Die deutlich redundan­tere, aber nicht wirklich schwache erste Fassung wurde mittlerweile mehrmals auf Tonträger eingespielt. Dennoch hört man gemeinhin die reife Altersversion, von der Brahms sinngemäß gesagt hat, ihr seien die Haare gekämmt, aber keine Perücke aufgesetzt. Der Cellist zitiert hier im Rahmen seiner einführenden Worte.

    Die Darbietung der Komposition überzeugt: Leidenschaft überall, herbstliche Farben vor allem im Fi­nale und – vielleicht der Höhepunkt – ein ungemein ausdrucksstarker langsamer Satz mit einer grandios nuancierten Tongebung in feinster Abstimmung der Instrumente. Viel­leicht hätte das Scherzo noch ein we­nig mehr Impetus vertragen, aber da streiten sich bei den Weltklasse-Ein­spielungen die kritischen Gelehrten.

    Enthusiastischer Beifall und er­holsamer Joseph Haydn als Zugabe.

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 11. Oktober 2023

     

    Bigband-Sound vom Feinsten

    Marcus Marr und seine Musiker sowie Sänger Warren Hardy boten Klassiker der Swing-Literatur in der NeuStadtHalle

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    NEUSTADT an der AISCH – „I did it my way“ er­klang zum Ende eines fulminanten Konzertabends. Besser als mit dem Song „My Way“ von Frank Sinatra kann man es nicht ausdrücken. 18 Bandmitglieder folgten ihrem Fee­ling, blieben sich treu, produzierten ehrlichen, groovenden Big-Band­Sound. Die „Marcus Marr Bigband“ performte mitreißend – auf ihre ganz eigene Art.

    Südamerikanische Rhythmen, Ro­ckabillys, moderner Jazzrock sowie Klassiker der Swing-Literatur verein­ten sich unter „Swing-Memories“. Hilfreich auflockernd gelang es Re­nate Windsheimer, den Abend zu moderieren und sie steuerte eigene musikalische Erfahrungen bei. Mar­cus Marr – Bandleader, Trompeter, Solist – bedankte sich am Ende für ihre fundierten Informationen zu den Stücken und Komponisten. Ebenso dankte er dem Team von pro musica für eine hervorragende Organisation.

    „Rock this town“ von Brian Setzer rockte als erste Nummer die ausver­kaufte NeuStadtHalle. Von Beginn an gingen die begeisterten Zuhörer mit. Nur still sitzen und zuhören war in diesem Konzert kaum möglich. Flo­rian Fömer und Jakob Schäffer (Drums, Percussion) erzeugten präzi­se Rhythmen. Spielerisch entlockten sie ihren Schlagwerken musikalische Gags. Eingestimmt aufeinander funktionierten sie als rund laufender Motor des Orchesters.

     

    Wohltuende Entspanntheit

     

    Souverän unterstützt wurden sie von Karl Künkele an der Gitarre so­wie Andreas Eckart (Tuba, Bassgi­tarre). Tommy Kerling, entspannt am Flügel agierend, untermalte in höchster Perfektion. Der Jazzstan­dard „Work song“ zeichnete sich durch die Soli des Trompeters Stef­fen Ketterner sowie des Posaunisten Klaus Griebsch aus. Alexander Jobst erzeugte mit weichem Flügelhorn­klang, sicher intonierend, musikalisch wohltuende Entspanntheit in „Feels so good“ von Chuck Mangio­ne. „Computer“ – komponiert vorn Chefdirigenten der WDR Big Band in Köln – erzählt musikalisch was pas­siert, kommt ein Körnchen Sand ins Getriebe des Rechners.

    Beeindruckend leitet Hermann Schmelzer (Saxophon) das Chaos, welches von der Bläsergruppe auf­genommen wurde, ein. Musikali­scher Wirrwarr erfüllte den Raum und doch klang es organisiert. Ein­drucksvoll tragend, führte Christoph Drescher am Saxophon gefühlvoll durch Phil Collins „Against all Odds“. Zahlreiche weitere Soli gaben ihm Gelegenheit, seine Perfektion am Sa­xophon zu demonstrieren.

    Warren Hardy gab der Band seine Stimme. Mit feinem Tempre, unauf­geregt, elegant, ohne sich zu verbie­gen, sang er Titel wie „My Baby Just cares for me“, „Cheek to Cheek“, „Mack the Knife“,  „Moondance“, in voller Bassstimme, „Call me irre­sponsible“, dann wieder tempera­mentvoll und erzählerisch „Straight­en up and fly right“. Hardy entführte das Publikum in die Ballrooms des Chicago der Dreißiger- und Vierziger Jahre. Seine Stimme verlieh einer mitreißenden, perfekt aufspielenden Big Band das i-Tüpfelchen.

    Zusammengehalten, organisiert und musikalisch überzeugend in Sze­ne gesetzt wurde alles vom rührigen Bandleader Marcus Marr. Die schnel­le Samba „Mas Que Nada“, der Pop ­und Jazzstandard „Just a Gigolo“ und der Filmhit „Theme from New York, New York“ leiteten das Ende eines stimmungsvoll groovenden Konzert­abends ein. Tosender Applaus und Standing Ovations waren der Dank der Zuhörer für eine stilsichere, en­gagierte, musikalisch perfekte Big-Band.

    RÜDIGER PFEIFFER

  • FLZ, 16. September 2023

     

    Volle Kraft voran

    Der Neustädter Förderkreis pro musica feiert heuer sein 20-jähriges Bestehen und plant die Saison 2023/24

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    NEUSTADT an der AISCH – Der Neustädter För­derkreis pro musica feiert heuer sein 20-jähriges Bestehen und plant be­reits die Saison 23/24. Dahinter steckt ein großes Engagement, wie die Mitgliederversammlung zeigte. Damit der Kammermusikverein jähr­lich seine acht Konzerte stemmen kann, wird hinter den Kulissen viel verhandelt und organisiert.

    Vorsitzende Ulrike Wesche zeigte sich am Donnerstagabend mit der vergangenen Saison 22/23 "sehr zu­frieden. Wir konnten Künstler aus vielen Ländern und aus Neustadt ge­winnen." Sowohl Stammpublikum als auch Gäste weit über die Region hin­aus hätten die Konzerte besucht. In bayernweiten Veranstaltungsforen sei man inzwischen vertreten.

    Der einzige "Wermutstropfen" sei die finanzielle Situation aufgrund der Pandemie: Man druckte bei­spielsweise ein Plakat, aber das Kon­zert fiel aus. Trotzdem erhielten alle Künstler ihre vereinbarte Gage.

    Kassierer Martin Wohlfahrt analy­sierte die Finanzlage. Ins Visier nahm er nur die sechs "eigenen" Konzerte, denn die beiden Neujahrskonzerte, darunter das nachgeholte, wurden zusammen mit der Stadt Neustadt veranstaltet. Das heißt: Der Gewinn oder Verlust wird danach aufgeteilt.

    Fast bis auf den Euro genau hiel­ten sich Eintrittsgelder (7022 Euro) und Gagen (7023 Euro) die Waage. Doch verschlingen die Werbung mit Plakaten, Homepage und Flyern knapp 2600 Euro und auch die Gema fordere ihren Tribut neben Versiche­rung und EDV. Der durchschnittli­che Verlust pro Konzert habe 57 Euro betragen – ohne Sponsoren und Spender sogar 490 Euro. Dem gegen­über stehen die Mitgliedsbeiträge von 3100 Euro.

     

     Die Mitglieder sind die Erfolgsgaranten.

     

    92 Mitglieder zählt der Verein der­zeit – zwei mehr als noch im Jahr zu­vor . "Finanzen sind keine klejne Auf­gabe", fasste stellvertretender Vor­sitzender Rüdiger Pfeiffer zusam­men. .Die Mitglieder sind die Er­folgsgaranten des Vereins", betonte Wesche.

    Für die Saison 23/24 hat sie be­reits Konzertanfragen und Ideen. Darunter befindet sich die japani­sche Pianistin Naoko Christ-Kato, ein Streichquartett einer Musikhoch­schule, die Cellistin Eva Hofmann, Gesang der 20er und 30er Jahre mit

    Klavierbegleitung, ein Duo mit Gi­tarre und Posaune, ein Abend mit Klarinette, Violine und Klavier, eine klassische Veranstaltung für Kinder, ein Konzert mit dem Tenor Jan Kobow und eventuell ein Bläserkon­zert, wie bei der Versammlung gefor­dert wurde.

    Ulrike Wesche ist es, die in ganz Deutschland Konzerte besucht und Künstler anspricht, die dann bisweilen auch in der NeuStadtHalle am Schloss auftreten. So wird es in die­sem Jahr noch mit "The Erlkings" aus Wien gesehen, die das Jubiläumskonzert am Sonntag, 19. November (17 Uhr), bestreiten. Nur weil diese Pro­fis, die sie bei der Original-Schuber­tiade in Hohenems kennenlernte, ihr preislich entgegengekommen seien und auch noch sechs Sponsoren ge­wonnen werden konnten, kann die­ses Konzert stattfinden, hob sie her­vor. Durch diese Musiker soll der Komponist Franz Schubert auch Ju­gendlichen zugänglich gemacht wer­den.

    Auf diesen Termin fiebert der Ver­ein hin – Plakate aus 20 Jahren wer­den an dem Abend ausgestellt, und Auszeichnungen, die der ehrenamt­lich wirkende Verein erhalten hat. Eine Kooperation mit einem Ipsheimer Winzer hatte man sich zu­sätzlich einfallen lassen. Bei den Neuwahlen wurde der Vorstand im Amt bestätigt. Wesche, Pfeiffer und Wohlfahrt werden durch die Beisit­zerinnen Ellen Schuster und Dr. Christiane Wohlfahrt komplettiert. Die Kassenprüfung obliegt Bringfrie­de Asche und Winfried Deckelmann.

    ANITA DLUGOSS

  • FLZ, 26. April 2023

     

    Messing und Termitenholz

    Ottone versatile: Ein Quartett mit Musikern aus drei Kontinenten gastierte in ungewöhnlicher Besetzung in der NeuStadtHalle

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    NEUSTADT an der AISCH – Sie stammen aus drei Kontinenten, leben in Franken, wo sie als Berufsmusiker agieren, und bestreiten in ihrem faszinieren­den Programm eine bunte Musikre­vue. Ein begeistertes Publikum feiert sie beim Konzert des Vereins „pro musica“ in der NeuStadtHalle: das vierköpfige Ensemble „Ottone versa­tile“.

    Matthias Eckart (Trompete, Corno da Caccia), Susumu Kakizoe (Tuba), Stephen Jenkins (Posaune und Did­geridoo) sowie der Pianist Christian Hutter sind diese vielseitigen Künst­ler, von denen drei ihr Messing bei sich tragen.

    Wer allerdings einen Mischmasch an Crossover-Gefälligkeiten erwartet hat, wird angenehm enttäuscht. Die Originalmusik gehört den letzten fünfzig bis hundert Jahren an und sie galt und gilt es erst zu entdecken, was dem Ensemble größte Freude bereitet. Auf Arrangements wird nicht verzichtet, sie stehen aber nur am Schluss des Konzerts und vor der Pause eher im Mittelpunkt, wenn es schwerpunktmäßig um Barockmusik oder einen Renner wie Tschaikows­kys Nussknacker-Musik geht. Dessen Version von Eckart erklingt so origi­nell wie geschmackvoll.

    Anthony Holborne wiederum er­tönt genau so, wie man sich das bei Unterhaltungsmusik der frühen Neu­zeit vorstellt, und nur das Basso con­tinuo am Bösendorfer erlaubt dem Pianisten weder eine Chance für Vir­tuosität noch für historische Akribie – doch er wird für beides noch etli­che Gelegenheiten finden. Eine sol­che bietet zunächst der langsame Satz des berühmt-berüchtigten Kon­zerts für Tuba und Orchester von Ralph Vaughan Williams, wo Hutter den Klavierauszug spielt – und Letz­tere stellen oft genug unvorherseh­bare Ansprüche.

    Der Tubist ist nicht nur der freundliche Komödiant des Quar­tetts – so wie im Vergleich Jenkins' Wesen ein ernstes zu sein scheint –, sondern hat nach der Pause manche Rarität aus unseren Tagen ausgegra­ben. Die Rolle des Accompagnisten kommt ihm indes erstaunlich selten zu.

    Die vier Musiker lassen keine Ge­legenheit verstreichen, ihre gegensei­tige Hochschätzung nicht nur hör-, sondern auch sichtbar werden zu lassen. Es mag sein, dass Eckart, der Älteste, was man ihm nicht ansieht, bislang gerne den Weg gewiesen hat, und dass Hutter sich stets beschei­den zurücknimmt, die Perfektion der Darbietungen, Seriosität, Ehrgeiz, Entdeckerfreude sind ihnen allen uneingeschränkt gemeinsam. Was die Präsentationen ganz besonders weit über allzu, modische Konzepte und Wunschkonzertniveaus hinaus­hebt, kann an den verbalen Werk­charakteristiken durch Eckart und Jenkins festgemacht werden, die kaum je über Besetzungsfragen, klei­ne Komponistenporträts und ande­res Sachwissen oder die Motivation für Arrangements im Unklaren las­sen.

    Hier sollen stellvertretend einige charakteristisch unterschiedliche Beispiele angeführt werden. Glän­zend gelingen Bach'sche Cellosätze auf der Posaune, wenn über die me­lodische Brillanz hinaus Doppelgrifftechniken adaptiert werden. Das „Jazzical“ von Howard J. Buss stellt in seiner strukturellen Verknüpfung von Jazz und Neuer Musik mit Hilfe einer atomistischen Phraseologie vielleicht die intellektuellste Heraus­forderung des Konzerts dar. Ganz anders hingegen „Reflective Mood“ von Sammy Nestico – eine ans Herz rührende Jazz-Ballade.

    Vielleicht ist dennoch der Höhe­punkt bereits unmittelbar vor der Pause anzusetzen. „Earth“ verkör­pert eines der vier Elemente aus dem Konzert für Didgeridoo und Orches­ter von Sean O'Boyle. Und hier darf Stephen Jenkins das Volksinstru­ment der Aborigines spielen – der Komponist hat es ihm erlaubt, eine Vorführ-Konserve war die Vorausset­zung. Nicht nur zeigt sich der typi­scherweise von Termiten ausgehöhl­te Baumstamm in seiner archaischen Authentizität – nein, man kann sich eigentlich gar nicht vorstellen, was nun bezüglich der Originalversion für großes Orchester an Farbreich­tum würde hinzutreten können. Die Mixtur von Didgeridoo, Trompete, Tuba und Klavier lässt keine Wün­sche offen. Vielleicht bietet sie sogar ein Mehr an Bildkräftigkeit dank grö­ßerer Transparenz.

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 21. März 2023

     

    Warme Töne, pures Holz

    La Selva Armonica gastierte in der NeuStadtHalle

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    NEUSTADT an der AISCH – Das Ding sieht aus wie eine Blockflöte mit Strohhalm, hat es aber in sich. Genauso wie die anderen historischen Instrumente, die die Zeit Mozarts und Haydns wie­der lebendig machen. Das Trio La Selva Armonica gastierte in der NeuStadtHalle – mit Instrumenten, wie sie am Ende des Barocks und in der Klassik gespielt wurden.

    So entpuppte sich die Blockflöte als Oboe mit sehr klarem, kräftigen Klang; manche würden sagen, ganz leicht gepresst. Wäre sie eine Farbe, dann vielleicht Lila. In sattem Ocker käme das historische Fagott hinzu, während die Flöte in den oberen Ok­taven einem heller werdenden To­matenrot entgegeneilte.

    Ulrike Hünefeld ist auf ihrer Flöte unendlich fleißig; in drei Oktaven fließen die Töne dahin. Der hölzer­ne Nachbau des klassischen Instru­ments klingt etwas wärmer als die modernen Instrumente, die heutzu­tage in Edelmetall und mit vielen Klappen daherkommen. Zugleich ist der Ton nicht ganz so strahlend.

    Zum Staunen taugt das Fagott von Julia Marion. Auch dieses Instrument entspricht in seiner Bauart dem Vorläufer aus der Klassik.

    Unglaublich sind die Töne, die ihm entlockt werden: Vielfache Modula­tion, überraschende Solostellen mit schnellen Läufen, dann wieder der Wechsel in den Basso continuo. Manchmal zaubert Marion gar ein leichtes Vibrato hervor, das auf dem Cello wohl möglich, auf einem Fa­gott aber schwierig zu erzeugen ist.

    Besonders das zweite Stück, Ales­sandro Besossizs Trio III in G-Dur, lässt die Virtuosität der Fagott-Spie­lerin aufblitzen.

    Die drei Musikerinnen treten zwi­schendurch immer mal ans Mikro­fon, um ihr Instrument zu erklären und das nächste Stück anzukündi­gen. Joseph Haydn bezeichnet Ma­rion als "witzig" und meint damit die überraschenden Wendungen in sei­nen Kompositionen. Mit Haydns Londoner Trio I in C-Dur setzen die drei Musiker den Schlussakkord.

    Zuvor zeigt aber noch die Oboe, was sie kann. Sie besticht durch ihre vielfach tragende Rolle in perfekter Harmonie mit der Flöte. Astrid Knöchlein formt das Konzert mit ihrem Instrument, das in der Klas­sikversion weniger durchdringend erscheint. In Mozarts Divertimento III hatte die Oboe den stärksten Auf­tritt. Nach der Pause übernimmt die Flöte mit dem Cantabile den her­vorklingenden Part. Bis dann beim witzigen Haydn alle drei Instrumen­te wieder in ihre gleichberechtigten Rollen zurückkehren.

    Pro musica, Neustadts rühriger Verein für besondere Konzerte, hat einen wunderbar entspannten Kon­zertnachmittag ermöglicht.

    JUDITH MARSCHALL

  • FLZ, 7. Februar 2023

     

    Wenn die Flöte mit der Harfe ...

    Das Duo Chen Shen und Anton Mangold spielte auf Einladung

    von „pro musica“ in der NeuStadtHalle

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    NEUSTADT an der AISCH – Musikalische Fein­kost beim jüngsten Konzert von „pro musica“ in der NeuStadtHalle. Das Duo Chen Shen/ Anton Mangold spielt auf Flöte und Harfe. Erfreulich viele Gäste haben sich eingefunden vielleicht ein Nachklang des Neu­jahrskonzertes. Es möge so bleiben.

    Das Programm zu einer nicht all­täglichen Besetzung erweist sich als höchst vielfältig. Rasch wird klar, dass nicht nur zwei Instrumente, sondern auch zwei noch weit vom mittleren Lebensalter entfernte mu­sikalische Partner perfekt harmonie­ren. Mangold an der Harfe stellt die Stücke im Wesentlichen vor, Chen Shen gesellt sich in dieser Hinsicht bei ihrem späteren Solo dazu.

    Bei einer der Flötensonaten Bachs, an denen vermutlich sein Sohn Carl Philipp Emanuel beteiligt ist, auch wenn die Musik noch keine deutli­chen Züge der Empfindsamkeit trägt, ersetzt die Harfe ein relevantes Tas­teninstrument der Zeit, zum Beispiel ein Cembalo. Hier nimmt Mangold sich dynamisch zurück, verweisen Leggiero-Passagen per se auf eine Ära jenseits jeglichen strengen Aka­demismus – sei es im 18. Jahrhun­dert, sei es später.

    Auch die Fantasie, op. 124, des rei­fen Camille Saint-Saëns hat nichts Akademisches an sich – sonst dem Komponisten keineswegs fremd. Stattdessen öffnet sich dessen klas­sizistisch ausgewogene und melo­dienselige Sprache hin zum Tonfall eines Maurice Ravel. Ohne ihren Bach im Geringsten abwerten zu wollen, ist doch jetzt das eigentliche Element für das Duo erreicht.

     

    Nino Rota, elegant und fast schwerelos

     

    Nach der Pause erlaubt die viel später komponierte Sonate des Ita­lieners Nino Rota, der als Komponist von Filmmusik namhaft geworden ist, einen Schritt zurück. Wenn man so will, wird hier die Haltung jenes Saint-Saëns wieder ins Zentrum ge­rückt, über die seine Fantasie hin­weggeht. Was man bei Rota allent­halben festhalten kann, ist sein ele­gant-virtuoser, fast schwereloser Duktus, den eine gewisse Schlicht­heit in der Erfindung des Materials ausgewogen ergänzt.

    An der Harfe allein interpretiert Mangold später noch Rotas „Sara­bande e Toccata“. Eine eigenwillige Mixtur aus barockem Formgestus und verspielter Italianitá. Von Saint-Saëns wiederum wird eine Version des Schwans aus dem „Karneval der Tiere“ als Zugabe dargeboten. Flöte statt Cello? Ein schöner Vogel auf jeden Fall, vielleicht kein sanft dahin­gleitender mehr.

    Beachtlich und hörbar nicht ganz frei von Anstrengung ist eine baro­cke Fantasie für die Flöte allein. Die Flötistin hat ein tiefer gestimmtes Instrument aus Holz mitgebracht, dem Telemann, der Barockmeister, recht Rücksichtsloses abverlangt.

    Kann der Guru des Bandoneons, der Weltmeister des Neuen Tango, der Crossover-Herrscher in allen Kammerkonzerten der ungewöhnli­chen Art sich als Höhepunkt gerie­ren? Vielleicht. Doch entpuppt sich die „Histoire du Tango“ zwischen Bordell 1900, Cafe 1930 und Night Club 1960 als ein garnicht so knap­per, gar nicht so reißerischer Rück­blick auf einen Musikstil mit eben dessen Mitteln. Komplexität, Brü­chigkeit, Sprunghaftigkeit, natürlich auch der nötige Schwung und die nö­tige Melancholie sorgen für Span­nung und bewirken doch ein Mo­ment der Abstraktion.

     

    Bis an die Grenzen des Instruments

     

    Die Dreiteilung des Werks im obigen Sinn braucht es indes nicht. Je­der formale Abschnitt ist nach allen Seiten offen. Eine Selbstschau und Materialsichtung des Komponisten, aber keine enzyklopädisch konsequente. Chen Shen führt ihr Instru­ment an bis dahin ungekannte Gren­zen. Wilde Schreie, scharfes Überblasen – das gehört dazu.

    Ihr Lieblingsstück präsentieren die beiden Stars am Ende. Zu Zeiten eines Carl Maria von Weber – an den die Musik stilistisch markant erin­nert – schrieben der Flötist Jean-Louis Tulou und der Harfenist Fran­cois-Joseph Nadermann ein wirkungs-sicheres Nocturne in drei Sät­zen. Warum diese im Saal begeistert aufgenommene Nummer nun unbe­dingt ein Nocturne sein soll und nicht eher eine Aufforderung zu Tanz und Konversation bei Tageslicht, sei dahingestellt. Doch was bedeutet schon solch ein beckmesserndes Fra­gezeichen im Angehör eines glänzen­den Konzerts zum frühen Abend.

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 17. Januar 2023

     

    Schwungvolle Klassik vom Balkan

    Opulentes Pro-Musica-Neujahrskonzert mit dem virtuosen Bayerischen Kammerorchester Bad Brückenau in der NeuStadtHalle

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    NEUSTADT an der AISCH – Alljährlich erweist sich das „Festliche Neujahrs-konzert“ als Publikumsmagnet. 2023 wurde es organisiert und finanziert von der Stadt, dem Verein „pro musica“, der Sparkasse im Landkreis sowie der Gärtnerei Dornauer. Rüdiger Pfeiffer als zweiter Vorsitzender des Vereins kann ein volles Haus begrüßen.

     

    In der NeuStadtHalle gastieren das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau unter der Leitung ihres künstlerischen Leiters Sebastian Te­winkel sowie Alon Sariel, Spezialist für Laute und Mandoline. Letztere hat er mitgebracht und interpretiert vor der Pause das Konzert für Man­doline und Orchester, G-Dur, von Jo­hann Nepomuk Hummel.

    Der Frühromantiker seiner Reife­zeit bewegt sich hier noch ganz auf den Spuren Joseph Haydns. Der So­lo-Part erklingt so geschliffen wie eingängig. Virtuose Forderungen stellt die Musik nicht, große Gesten sind ihr völlig fremd, die Melodien la­den zum Mitsingen ein. Sofort wird spürbar, welche Sympathien die Mu­sikerinnen und Musiker nicht nur einander, sondern auch dem Solis­ten wie dem Dirigenten entgegen­bringen, und dass dies natürlich auf Gegenseitigkeit beruht und der char­manten Musik in ganz gleicher Weise gilt. Sebastian Tewinkel vermittelt in seinen subtilen wie pointierten Ges­ten souveräne Sicherheit und in Er­innerung könnte auch seine sehnig elegante Körperlichkeit schlechthin bleiben.

    Mozart ist vor und nach der Pause zu hören, zunächst eine Sinfonie des Sechzehnjährigen, KV 134 in A-Dur, später das Divertimento in F-Dur, KV 138. In seiner Sinfonie werden die Streichinstrumente neben Hörnern von Flöten statt der üblichen Oboen unterstützt, Zeichen einer gewissen Leichtigkeit, des Verzichts auf jegli­chen steifen Akademismus. Das Di­vertimento – wie alle weiteren Stü­cke im Orchester den Streichern vor­behalten – zeitigt dann bereits einen frühreifen Humor. All diese dezen­ten Finessen vermag das Orchester aus Berufsmusikern, aber keines­wegs nur bayrischen, berückend prä­zise und tonschön zu vermitteln. Wenn so genannte B- oder auch „Telefonorchester" heutzutage kaum mehr von den Spitzenensembles zu unterscheiden sind, so sind die Stars dieses Neujahrskonzerts wahrlich beredte Zeugen.

     

    Rumänische Klänge steigern den Anspruch

     

    Das restliche Programm nebst Zu­gaben gehört folkloristisch geprägter musikalischer Erfindung. Hier sind die Ansprüche an das Ensemble deutlich größer. Vielleicht noch nicht so sehr im Falle Bela Bartoks, aber zweifellos, was dessen Landsmann – aus historischer Sicht – Sandor Ver­ess betrifft. Stilistisch ist da der Ungar Bartok nicht weit weg, der Ru­mäne Georges Enescu auch nicht. Veress hat eine viersätzige Tanzsuite verfasst, die Transsilvanien huldigt. Soli für Violine oder Viola oder Vio­loncello beschwören eine dunkle Balkan-Natur herauf. Imitatives und fugiertes Material steht neben rhyth­mischer Komplexität, deren Höhe­punkt im Finalsatz erreicht wird. So raffiniert ungarische Metren auch sein mögen, mit rumänischen steigt der Anspruch noch einmal. Kein Pro­blem für die Bad Brückenauer Musi­kanten.

    Alon Sariel beeindruckt im Rahmen des Zugabenblocks mit seiner Version des recht bekannten Klavierstücks „Asturias“ von Isaac Albeniz, oft auch auf der Gitarre gespielt. Die beliebten „Rumänischen Volkstänze“ von Bela Bartok wiederum gewinnen in seiner Adaptation für Mandoline und Streicher an Witz. Es gibt derart viele Fassungen des Fünf-Minuten­-Renners, dass man vielleicht gar nicht so gespannt ist, dann aber überrascht wird von dem waschech­ten Puszta-Tonfall.

    Das Auditorium ist hellauf begeis­tert, klatscht in gänzlich prä-rumäni­schen Metren, die Combo respektive der Solist bedanken sich mit Fla­menco – wie vormals schon erwähnt – und vorher mit einem Tango Nue­vo.

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 2. Januar 2023

     

    Dunkle Nächte zum Fürchten und Wundern

    Ulrike Bergmann gab in der Neustädter Rathaus-Ehrenhalle Erhellendes, Erheiterndes und Erschreckendes über die so genannten Rauhnächte preis

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    NEUSTADT an der AISCH – Die Zeit zwischen Heiligabend und dem Drei-Königs-Tag ist etwas ganz Besonderes. Die Bräuche mischen dabei auf manch­mal irritierende Weise christliche und vorchristliche Traditionen. Ulri­ke Bergmann aus Ermetzhof entführ­te das Publikum von pro musica in der Rathausehrenhalle in diese manchmal ganz fremde Welt.

    Mitgebracht hatte sie die Dreh­leier, eine keltische Harfe und die Gi­tarre. Die Hauptrolle spielte dabei die Drehleier, die mit ihrem liegen­den Bass vom Klang her an einen Du­delsack erinnert. Darüber hinaus hat sie aber sogar eine Schnarrvorrich­tung, die für den Rhythmus sorgt. So dass man gleich ein ganzes Orchester hat – sofern die Percussionabteilung ihren Dienst nicht gerade versagt.

    Dieses Instrument war 1000 Jahre lang bis ins 19. Jahrhundert ge­bräuchlich. Als sogenannte „Bettler­geige“ ist es besonders geeignet, Denkweisen, Witz, Glauben und Aberglauben der vermeintlich „ein­fachen Leute“ wiederzugeben.

    Ulrike Bergmann füllte die Rat­hausehrenhalle gut. Sie ist vielen be­kannt, sei es aus ihrer Zeit als VHS­-Leiterin oder durch die Konzerte bei ihr zu Hause im Marktbergeler Orts­teil auf der Frankenhöhe.

    Sie sang, jodelte und bewies schau­spielerisches Talent: bei der Unter­haltung zweier Ochsen ebenso wie­ beim Herbeirufen der Bilder der „wilden Jagd“, der sie wiehernd, miauend und heulend Leben ein­hauchte. Beim Singen schaltete sie von einem Moment auf den anderen zwischen klarem Alt und dem Kräch­zen einer Hexe hin und her. Die ver­schiedensten Dialekte, vor allem aus Österreich, waren ihr geläufig und wurden dem Publikum übersetzt.

     

    Vom Lukasevangelium zur Eselsmesse

     

    Der psalmodierende Vortrag des Lukasevangeliums, der ältesten bi­blischen Überlieferung der Weih­nachtsgeschichte, stand ganz am An­fang des aufschlussreichen Abends. Den denkbar größten Kontrast dazu bildeten die „Eselsmessen“, bei denen der niedere Klerus ein Ventil für die Entsagungen und die verord­nete Disziplin im übrigen Jahr fand: obszöne Segenswünsche, das Ver­speisen fetter Würste auf dem Altar und orgiastisches Tanzen nahmen vermutlich auch ältere Traditionen mit auf, wie die Saturnalien der Rö­mer. Statt Weihrauch wurden alte Schuhsohlen oder Exkremente ver­brannt.

    Apropos Rauch: Der war vermut­lich namensgebend für die Rauh­nächte. Vor dem neuen Jahr wurden nämlich alle Räume ausgeräuchert, auch die Ställe.

    Kinder, die ihre Eltern mit Ruten schlugen und ihnen dabei Glück wünschten oder das dreifache Her­umtragen der drei ersten Krapfen durch die jungen Mädchen ums Haus waren weitere fremd anmutende Bräuche. Bei den ersten beiden Um­gängen ums Haus, begegneten die jungen Frauen dabei den Geistern, beim dritten aber konnten sie ihren zukünftigen Bräutigam erblicken. Aber Vorsicht! Sie durften ihn nicht ansprechen, sonst wäre er gestor­ben.

    In den durchlässigen Nächten, den dunkelsten des Jahres, war eben so einiges unterwegs, was sich den Rest des Jahres wieder irgendwo verbarg. So auch der Tatzelwurm in der Müh­lauer Klamm in Tirol. Der machte mit seinem feurigen Atem so manchem bravem Wanderer den Garaus. Als aber einmal ein „katzbuckliges Weib“ dort nach Streu für ihre Geiß suchte, verkroch sich der Drache vor dem „bösen Weib“ ins hinterste Loch – und wurde nicht mehr gesehen.

    „Da bin ich froh, dass Sie jetzt la­chen“, sagte Bergmann nach dem Vortrag im breiten Tirolerisch. Schließlich sei das Lied nicht poli­tisch korrekt. „Aber wir können die alten Lieder ja nicht ändern“, meinte sie.

    Auch die Tiere im Stall spielten in der Heiligen Nacht eine große Rolle: Sie sprachen die menschliche Spra­che und das, was sie vorhersagten, erfüllte sich. In diesem Sinne wünschte der stellvertretende Vor­sitzende von pro musica Rüdiger Pfeiffer dem Publikum nach einem anregenden Konzert, dass die Tiere ihnen nur Gutes geweissagt hatten.

    ULLI GANTER

  • NN-Online, 31. Dezember 2022

     

    pro musica – Jahresabschluss

    Zwischen Jahren und Welten

    Über magische Zeit der „Raunächte“ gesungen und erzählt

    von Harald Munzinger

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    NEUSTADT an der AISCH – In von Geistern und Dämonen beherrschte sowie von Sagen umwobenene Nächte wurde das Publikum beim musikalischen „pro musica“-Jahresabschluss entführt. Mit archaischen Klängen ihrer Drehleier und durchdringendem Gesang verstand es Ulrike Bergmann, die Mystik der Rau(h)nächte zwischen Weihnachten und dem Fest der Heiligen Drei Könige mit einem magischen Spannungsbogen in die Ehrenhalle des Neustädter Rathauses zu zaubern.

    Melodien sollten der Kahn sein, auf dem die Geschichten erzählt wurden, die singend vorgetragen, viel eindringlicher sein sollten, wie Bergmann auf jene Zeit einstimmte, der im europäischen Brauchtum eine besondere Bedeutung zugemessen wird und das sich teilweise bis in die Gegenwart erhalten hat. Auch wenn wohl kaum noch an der Schwelle des Neuen Jahres Stuben und Ställe ausgeräuchert werden, Historiker im Silvesterfeuerwerk „noch einen Teil dieses Brauchtums erhalten“ sehen.

    Ulrike Bergmann drehte mit dem Rad ihrer Leier die Zeit der intensiv gelebten „12 heiligen Nächte“ zurück, bezog auch die „Thomasnacht“ zur Wintersonnenwende mit ein. Damit sollte die dunkelste und gefürchtete Zeit der „durchlässigen Grenze des Dies- und Jenseits“ im Jahr beginnen, in der düstere Wesen mit allerlei Schabernack die Menschen schreckten, die vor dem „rastlosen Irren armer Seelen“ in ihren Stuben Schutz suchten, auf Weihwasser und -rauch zur Abwehr böser Geister setzten. Dafür sollten auch die Rosenkranzgebete und kräftiges Geläut der Kirchenglocken sorgen.

    Mit variantenreich-ausdrucksstarker Stimme beim Gesang und den Erzählungen verstand es Bergmann ausgezeichnet, den Geschichten von den sprechenden und Unheil prophezeienden Tieren im Stall, dem Umgang der Jungfrauen, lautstarken wüsten Umtrieben der Dämonen oder den singenden und Glück wünschenden Kindern, dem Wäscheverbot, dem Weinen und Klagen der Unwesen oder Rutenschlägen zu den Neujahrswünschen die entsprechende Dramatik zu verleihen. Da fanden aufgestaute Emotionen ebenso ihren Ausdruck, wie die bedrückende Erinnerung an den Kindermord in Betlehem oder die wilde Jagd des von Odin (Wotan) und Holga (Frau Holle) angeführten Reiterheeres. Schrecklich der Gedanke, dass aus aufgehängten Wäschestücken Leichentücher würden oder die Seelen der Toten als mythische Jäger durch die Lüfte ziehen.

     

    Erzählungen und Liedern gespannt gefolgt

     

    Vom „Anklöpfellied“, mit dem Kinder in kleinen Gruppen unterwegs waren, um Glück zu wünschen und dafür kleine Geschenke zu erheischen, bis zum lärmenden Austreiben des Bösen in der letzten der zwölf Raunächte spannte Ulrike Bergmann den Bogen um ein mystisches Brauchtum, in dem sich „christliches Vorstellungswelt und sogenannte abergläubische Ansichten begegnen“. Das Publikum folgte Erzählungen und Liedern (zu Drehleier und Gitarre) gespannt und hätte mit seinem reichlichen Szenenapplaus wohl alle bösen Geister lange vor der Nacht auf den 6. Januar vertrieben, in der sie sich nach dem Volksglauben „zur Ruhe begeben“.

    Offen musste Bergmann lassen, auf was sich der Begriff der Raunächte bezieht, ist doch die Etymologie des Wortes bis heute umstritten. Es könnte sich ebenso auf die Kürschnerei mit ihrer „Rau – oder Rauchware“, also Pelzen beziehen, da die Dämonen in Felle gehüllt ihr Unwesen trieben. Oder auch auf das Räuchern von Stuben und Ställen, über das schon im späten 15. Jahrhundert berichtet wird. Angenommen wird, dass der Brauch seinen Ursprung in der 12-Nächte-Differenz der Zeitrechnung von Mond- und Sonnenjahr hat, in den „toten Tagen“ die Gesetze der Natur außer Kraft gesetzt und daher die Grenzen zu anderen Welten offen sind. Eben jenen Welten mystischer Gestalten, die Angst und Schrecken verbreiteten, sich Dämonenglauben und Christentum verknüpfen. Das alte Jahr mit Getöse zu vertreiben ist mit den Feuerwerken geblieben.

    Das neue begrüßt der Förderkreis „pro musica“ mit einem festlichen Konzert am 15. Januar 2023. Das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau gestaltet es ab 17 Uhr in der „NeuStadtHalle“ am Schloss mit Kompositionen von Wolfgang Amadeus Mozart, Johann Nepomuk Hummel, Sándor Veress und Béla Bartók.

    HARALD MUNZINGER

  • FLZ, 21. November 2022

     

    Hommage an Heinrich Heine

    Der von Leidenschaft erfüllte Dichter hatte zahlreiche Liebschaften

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    NEUSTADT an der AISCH – Zwei wahre Stern­stunden durfte das Publikum bei der Veranstaltung des Vereins pro musi­ca in der NeuStadtHalle erleben. Drei Künstler mit fränkischen Wurzeln nahmen sich in einer der Musik, der Rezitation und letztlich auch dem Theater verpflichteten Hommage des Dichters Heinrich Heine an.

    Im Dunklen setzt das Geschehen ein, im Dunklen endet es mit dem Tod des Protagonisten. Er liegt in sei­ner Matratzengruft, „auf gewalkten Lumpen“, vermutlich lungenkrank, aber bis zuletzt aus der Erinnerung in einem fragwürdigen Selbstbild schwelgend.

    Der Schauspieler Christian D. Kaltenhäußer spielt so inbrünstig wie pompös den welterfahrenen und doch lebensmüden Skeptiker, sei es im senkrecht aufgestellten Bühnen­bett, sei es an der Schreibkommode, inszeniert in lapidarer Gestik und Mimik die Doppelbödigkeit eines genialischen Daseins zwischen der li­terarischen Romantik seiner Zeit und deren Gegengift.

    Heine, ein politischer Asthet, ein konservativer oder vielmehr naiver Revolutionär. Franzose ist er gewor­den und Christ, der einstige Deut­sche und Jude. Von Leidenschaft und Leidenschaften ist er erfüllt.

    Seiner Frau hat er versprochen, treu zu sein, aber fortwährend miss­lingt ihm die richtige Anrede, ersetzt er ihren Namen durch die Namen seiner zahllosen Liebschaften. „War­um Mathilde nicht Mathilde hieß“, so heißt denn auch das Programm im Titel. Heines französische Gattin trug als Mädchen einen wieder anderen Vornamen (Augustine Crescence).

    Gesang stand im Mittelpunkt

    Mathilde, das ist Cornelia Schmid. Gelegentlich kontert sie, mild ange­ödet, aber auch die Rolle der Sor­genden weiß sie zu verkörpern. Wenn der Gesang im Mittelpunkt steht, und das tut er zumeist, erweist sich ihr Sopran als tiefensicher, bruchlos, sonor, dem Lyrischen ebenso zugetan wie dem Ballades­ken.

    Eine exzellente Stimme, die am Klavier ebenbürtig begleitet wird von Britta Köstner. Die Pianistin passt sich mühelos den jeweiligen Stimmungslagen und deren erforderli­cher Rhetorik an. Das bedeutet indes im besten Sinne des Wortes Harmo­nie, weder Begleitung im engen Sin­ne noch Kampf noch Profilierung oder Unterordnung.

    Die Mitwirkenden haben ein Pro­gramm erstellt, welches nur bei akri­bischer Materialkenntnis möglich ist. Allein die präzisen Werkangaben auf dem Programmblatt lassen dies be­reits erkennen.

    Was soll man, alles in allem, mehr bewundern? Die stets subtile Ver­knüpfung der gedanklichen und strukturellen Elemente, bis hin zum Wortspiel – etwa wenn die Konzert­pause, die Theaterpause ansteht? Oder schlicht die Auswahl der Texte und vor allem der Lieder? In Stich­proben, subtil beleuchtet zwischen sehr Bekanntem und nur Spezialis­ten Vertrautem, wird der Kosmos ro­mantischer Vertonungen abgedeckt.

    Zu den ausgewählten Gedichten gehören jeweils bis zu fünf Kompo­nistennamen. Wie unterschiedlich klingt die Vaterlandsbegeisterung, wenn mild resignativ getönt im Sin­ne Schumanns oder wenn pathoser­füllt im Sinne Wagners. Die „einsame Träne" einer Nadja Boulanger, der spätesten Romantikerin des frühen Abends – wie viel französischer, ja greller ertönt sie bei aller harmoni­schen Süffigkeit als der gleiche Text, von Peter Cornelius gedeutet.

    Wer war also Heine, der hier einem dankbaren Publikum so unterhalt­sam wie lehrreich vermittelt wird? Die Prosa, aus der zitiert wird und die von Kaltenhäußer keineswegs vorgelesen werden muss, zeigt einen durch und durch zerrissenen Träu­mer.

    Mit allen Wassern der Ironie ist er gewaschen. Er bricht herunter, was heilig ist oder scheint. Und je mehr sich der Popanz geriert, auf den Hei­ne einst hereingefallen ist, desto schärfer ist sein Spott.

    Heine hat mitgeprägt, was man als „romantische Ironie“ bezeichnet, ein freilich sehr komplexes Phänomen. Romantische Ironie zeigt das Ge­dicht „Handstand auf der Lorelei“ – von Erich Kästner als dem Über-Ich Heines post mortem. Und natürlich bedeutet romantische Ironie, sich selbst als existenzielles Konzept in Frage zu stellen. Sie bedeutet aber eben auch, ein Bild von sich aufzu­hängen.

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 2. November 2022

     

    Wandlungsfähig, farbig und höchst virtuos

    Brillantes Konzert mit ungewöhnlichen Facetten in der NeuStadtHalle

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    NEUSTADT an der AISCH – „Farben & Märchen“ haben sie ihr Programm betitelt, das Trio Klangwelt. Nicht zum ersten Mal in der Region, waren sie diesmal der Einladung des Vereins pro musica in die NeuStadtHalle gefolgt. Erlesen sind die Farben und eine rare Welt im Reich der Kammermusikklänge haben sie dem begeisterten Audito­rium anzubieten.

    Miroslaw Bojadzijew (Viola), Mar­co Alexander Gorencic (Klarinette) und die Pianistin Elena Polyakova machen bekannt – oder noch einmal vertrauter – mit einer kleinen Zahl von Preziosen, unter denen in der Musikgeschichte Mozarts Trio, KV 498, nicht nur den vermutlichen Be­ginn, sondern zugleich Höhepunkt verkörpert. Ganz auf das melodische Element fokussiert und eben von ex­quisiter Farbigkeit, sind die drei Sät­ze keineswegs auf Kontrastwirkun­gen angelegt. Mozart scheint hier nicht weit entfernt von romantischer Delikatesse jenseits formaler Stren­ge. Vor allem im ersten Satz ordnen sich die Musiker einander unter, ak­zentuieren den Mischklang, um dann im Finale doch das virtuose Element der einzelnen Parts hervorzukehren.

    Die Dame am Klavier, während sämtlicher Werke des Abends stets gefordert und stets souverän, dabei ungemein wandlungsfähig, die beiden Herren, die sich später je eine Pause gönnen dürfen, scheinen sich jetzt ganz individuell auszuleben. Dass dies der Geschlossenheit eines Gipfelwerks klassischer Kammermu­sik keinen Abbruch tut – man darf es bewundern. Erwähnt sei noch, dass Gorencic sich kleine Zierfinessen ge­stattet, auf die man quasi gewartet hat – ein wenig noch barockisierend, um dem Werk auch in der Retro­spektive Geltung zu verschaffen.

    Neben Mozart hat Schumann für die Besetzung mit der Bratsche ge­schrieben. Es sind die späten „Mär­chenerzählungen“, op. 132. Jetzt erscheint von Beginn an der Zugriff des Trios spürbar beherzt, voller Leiden­schaft, pauschal höher in der Dyna­mik ausgepegelt. Man spürt, dass das Trio Klangwelt das ungewöhnliche Farbspektrum nicht zum Eigenwert erklärt, sondern sehr wohl andere Zeitläufte mit anderem Stilbewusst­sein zu verknüpfen weiß.

    Ein pfiffiges längeres Salonstück für Klarinette und Klavier setzt das Konzert nach der Pause fort. Michele Mangani, Jahrgang 1966, hat „Colors from China“ in Töne gesetzt. Das pentatonische Stereotyp wird nach­impressionistisch aufgeweicht; die Musik erklingt so attraktiv wie un­prätentiös.

    Dann wechselt Bojadzijew zur Vio­line und brilliert, ganz wörtlich und im übertragenen Sinne, in den höchsten Tönen. Eigentlich kann man Pablo de Sarasates „Zigeuner­weisen“ als Berufsmusiker nicht leicht in den Sand setzen, dennoch verblüfft in Neustadt die Eigenstän­digkeit des hochvirtuosen Geigen­parts, denn jenseits des eher grellen Klischees bleibt genügend Raum für Melancholie und Beschaulichkeit.

    Der frühe Abend wird beschlossen mit dem Konzert für Klarinette, Vio­la und Orchester, op. 88, des eigent­lich recht biedermeierlichen Max Bruch. Man vermisst keinen Augen­blick den großen Apparat, den die Pianistin ersetzt. Allenthalben über­lässt sie ihren Kollegen die Bälle, die diese sich so gekonnt wie liebevoll zuwerfen. Das Werk lohnt – es muss nicht immer nur das berühmt-be­rüchtigte Violinkonzert in g-Moll sein, das man sich gerne zu Gemüte führt

    Eine erfreulich längere Zugabe präsentiert das Trio, nicht ohne vor­ her dem Publikum ob seiner Kompetenz und Ulrike Wesche ob ihrer per­fekten Organisation zu danken. Im Finalsatz von Beethovens „Gassen­hauer-Trio“ muss die Bratsche Cello spielen. Als wäre es immer so gewe­sen.

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 12. Oktober 2022

     

    Ein Konzert der Täuschungen

    Ungewöhnlicher Zeitpunkt, ungewöhnliche Themenwahl

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    NEUSTADT an der AISCH – Neujahr im Ok­tober: Unter Leitung von Professor Wolfgang Kurz holte das Würzburger Kammerorchester das zu Jahresbe­ginn wegen Corona, ausgefallene Neustädter Neujahrskonzert jetzt nach. Um es vorweg zu nehmen: Die Verschiebung des musikalischen Jahresbeginns tat der Qualität der Darbietungen keinen Abbruch.

    Der Verein „pro musica“ wollte an­gesichts aktuell wieder steigender Inzidenzen den Besuchern einen möglichst ansteckungsfreien Musik­genuss bieten. Somit wurden am Sonntag gleich zwei Aufführungen geboten - der Zuhörerraum konnte dadurch deutlich „entzerrt“ werden.

    Der Nachwuchs durfte Fragen stellen

    Erstmalig hatte „pro musica“ Schülern der örtlichen Musikschule den kostenlosen Besuch des Kon­zerts ermöglicht, Die Resonanz dar­auf war höchst erfreulich und als kleine Überraschung beantworteten die aufführenden Musiker geduldig Fragen ihrer möglichen zukünftigen .Kollegen".

    Das Programm verwunderte auf den ersten Blick. Romantiker wie Ro­bert Schumann oder Camille Saint­Saens. Opern- und Operettenkompo­nisten wie Ruggero Leoncavallo, Ri­chard Strauß, Giuseppe Verdi, Wolfgang Amadeus Mozart trafen auf den der Volksmusik zugewandten Aram Chatschaturjan, den Verfasser von Hymnen und Sinfonien, Dimitri Schostakowitsch und Songwriter Bert Kaempfert. Neben bekannten Opern- und Operettenmelodien ka­men ein Popsong, ein Walzer sowie andere Melodien zur Aufführung. Eines jedoch haben alle Werke ge­meinsam: Ihnen liegt eine Maskera­de, eine Täuschung, zugrunde.

    Von Arbeitsteilung und Pseudonymen

    Professor Kurz moderierte amü­sant und aufklärend. So war zu er­fahren, dass Johann Strauss, Kom­ponist der „Fledermaus“, hauptsäch­lich die Melodien komponierte, weite Teile der Instrumentierung aber von Richard Genee ausgeführt wurden. Um Frank Sinatras „Strangers In The Night“ gab es Streit, ob tatsächlich Bert Kaempfert der Komponist sei zahlreiche andere Komponisten be­anspruchten die Urheberschaft eben­falls. Camille Saint-Saens ließ seinen „Carneval der Tiere“ nicht zu Leb­zeiten aufführen da er Ärger mit Be­rufskollegen fürchtete, die er darin zitierte. Wolfgang Korngold wieder­um, dem man mit 23 Jahren schon das Genie Mozarts zugeschrieben hatte, komponierte zusammen mit seinem Vater die Oper „Die tote Stadt“ unter einem Pseudonym.

    Obwohl noch im Masterstudium erwiesen sich die fünf Streicher des Ensembles auf der Bühne der NeuS­tadtHalle im Verbund mit Professor Kurz am Flügel als wahre Meister an ihren Instrumenten. Chatschatur­jans Walzer „Masquerade“ zelebrier­ten sie mit Temperament und Lei­denschaft. Mozarts .Canzonetta des Don Giovanni" bereicherten sie mit exakten, sensiblen Pizzikatos, die „Ouvertüre der Fledermaus“ gestal­teten sie schwungvoll, verspielt. Den Galopp aus Schostakowitschs „Die Hornisse“ strichen sie energisch und kontrastreich sensibel. Sie erwiesen sich als perfekte Begleiter der Ge­sangssolisten und trugen ihre Musi­kerkollegen einfühlsam und auf­merksam durch ihre Arien. Beson­dere Erwähnung gebührt Yiyeong Kims Spiel des Violoncellos, im „Kar­neval der Tiere“. In tenoraler Stimmlage ließ sie vor den inneren Augen der Zuhörer einen majestätisch da­hingleitenden Schwan erscheinen.

    Die drei Gesangssolisten, ebenfalls Masterstudenten, wurden von Kurz als „creme de Ja creme“ der Opern­schule der Würzburger Hochschule für Musik vorgestellt. Wahrschein­lich hat er nicht übertrieben: Yuli Zhang (Tenor) überzeugte mit voller Stimme. Vor allem das „Lied des Armando“ in Fred Raymonds „Maske in Blau“ gestaltete er leidenschaft­lich und sehr temperamentvoll, aber auch sensibel und mit dem notwen­digen Gefühl. Dass er stellenweise ablesen musste, und phasenweise et­was derangiert wirkte, trübte den Gesamteindruck allerdings etwas. Auch ein interessiertes Kleinstadt­publikum darf sicherlich Textsicher­heit und angemessene Kleidung er­warten.

    Der Bariton Dong Won Seo artiku­lierte sehr klar und verzichtete dan­kenswerterweise darauf, Frank Si­natra zu imitieren. „Strangers In The Night“ interpretierte er statt dessen sehr schlicht, beinahe puristisch, so dass dieser klassischste aller Pop­songs einen ganz neuen, jedoch sehr angenehmen Klang erhielt.

    Die Sopranistin Yutong Shen klang selbst in höchsten Höhen sehr volu­minös, rein und klar. Besonders glänzend gelang ihr die „Arie des Os­car“ in Guiseppe Verdis „Ein Mas­kenball“.

    Eine Zugabe war offensichtlich nicht vorgesehen. Zumindest in der zweiten Aufführung gelang es dem begeisterten Neustädter Publikum allerdings mittels Standing Ovations eine solche zu erklatschen: Die Künstler wiederholten das „zweite Finale“ aus der „Fledermaus“.

    rpf

  • FLZ, 8. September 2022

     

    Mit Heinrich Heine und Mandolinensolo

    Der Förderkreis pro musica präsentiert ein buntes und beeindruckendes Programm mit acht Veranstaltungen – NeuStadtHalle ist Hauptspielort

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    NEUSTADT an der AISCH – Mit acht Veranstal­tungen lockt der Förderkreis pro mu­sica in der Saison 2022/23 zu Kon­zerten. Gefördert werden – so steht es in den Vereinsstatuten – Kammer­musik und junge Talente. Quer durch die Jahrhunderte und Stilrichtungen wird ein buntes Programm geboten, bei dem teilweise auch Literatur zu erleben ist.

    Dies teilte die Vorsitzende Ulrike Wesche nun mit. Den Anfang macht das Würzburger Kammerensemble in der NeuStadtHalle – fünf Mitglieder des Würzburger Kammerorchesters – am Sonntag, 9. Oktober. Es gibt sogar zwei Konzerte – eines um 12 Uhr und eines um 17 Uhr. Die Veranstaltung ist mit dem Wort „Masquerade“ über­schrieben. Die Solistinnen sind Yu­tong Shen (Sopran), Yuli Zhang (Te­nor) und Dong Won Seo (Bariton). Die Leitung hat Professor Wolfgang Kurz inne.

    Auf dem Programm des Streich­ensembles stehen das Klavierquin­tett von Robert Schumann, Es-Dur, op. 44, 1. Satz, der Schwan aus dem Karneval der Tiere von Camille Saint­-Saėns und Teile aus der Hornisse von Dmitri Schostakowitsch. Von Johann Strauß wird die Ouvertüre aus der Operette Fledermaus geboten, die Masquerade-Suite von Aram Cha­tschaturjan wird gespielt sowie Arien und Duette aus Opern, Operetten und Musicals.

    Farben und Märchen ist Motto des Abends

    Noch im gleichen Monat, am 30. Oktober, gastiert das Trio Klangwelt ab 17 Uhr in der NeuStadtHalle am Schloss. Der Abend trägt das Motto „Farben und Märchen“. Die Ausfüh­renden sind Miroslaw Bojadzijew an der Violine und an der Bratsche, Marco Gorencic an der Klarinette und Elena Polyakova am Klavier. Im Repertoire haben sie das Kegelstatt-­Trio von Wolfgang Amadeus Mozart, die Märchenerzählungen von Robert Schumann, die Farben Chinas (Co­lors from China) von Michele Mangani, die Zigeunerweisen von Pablo de Sarasate und das Doppelkonzert von Max Bruch.

    Dem großen deutschen Schriftstel­ler Heinrich Heine widmen Britta Köstner am Klavier, Sopranistin Cor­nelia Schmid und Bariton Christian D. Kaltenhäußer eine Aufführung. Diese findet am Samstag, 19. Novem­ber, statt (17 Uhr). Mit dem Satz „Warum Mathilde nicht Mathilde hieß …“ ist es überschrieben. In der NeuStadtHalle sind die drei Musiker mit Werken von Felix Mendelssohn­-Bartholdy, Clara Schumann, Alban Berg, Robert Schumann, Edvard Grieg, Anton Bruckner und Carl Loe­we zu erleben.

    Am Donnerstag, 29. Dezember, kommt Ulrike Bergmann mit ihrer Drehleier in die Rathausehrenhalle. Ab 19 Uhr singt sie Lieder und liest Geschichten rund um die Rauhnäch­te. Dies sind die zwölf Nächte zwi­schen den Jahren. Ihr Motto lautet: „Beschütz’ uns jetzt und alle Zeit – die Menschen, Viech und Leit“.

    Einen Höhepunkt in der pro-musi­ca-Saison stellt das mittlerweile re­gelmäßig veranstaltete „Festliche Neujahrskonzert“ dar. Am Sonntag, 15. Januar 2023, spielt das Bayeri­sche Kammerorchester Bad Brücke­nau ab 17 Uhr.

    Rumänische und transsilvanische Tänze

    Die Leitung obliegt Sebastian Te­winkel. Als Solist fungiert Alon Sariel auf der Mandoline. Das Orchester wählte eine interessante Programm­-Kombination: Wolfgang Amadeus Mozarts „Sinfonie A-Dur“, Johann Nepomuk Rummels „Konzert für Mandoline und Orchester“, Sandor Veress' Quattro danze transsilvane und die Rumänischen Volkstänze von Béla Bartók.

    Flöte und Harfe sind die Instru­mente des Duo-Abends am Sonntag, 5. Februar 2023. Es beginnt um 17 Uhr in der NeuStadtHalle, Einlass ist ab 16 Uhr. Werke von Johann Sebas­tian Bach, Camille Saint-Saėns, Astor Piazzolla, Nino Rota, Georg Philip Telemann, Jean-Louis Tulou und Franççois-Joseph Nadermann präsen­tieren die Künstler Chen Shen (Flöte) und Anton Mangold (Harfe).

    „La Selva Armonica“ – das klingt spanisch. Das Geheimnis lüften am Sonntag, 12. März 2023, ab 17 Uhr drei Musikerinnen in der NeuStadt­Halle auf historischen Instrumenten der Klassik: Ulrike Hünefeld an der Flöte, Astrid Knöchlein spielt die Oboe und Julia Marion das Fagott.

    Unter dem Titel des Abends „Klas­sik original“ bringen sie die eher un­bekannten Kompositionen von Jacques Widerkehr (Trio F-Dur) und von Giuseppe Maria Cambini (Trio C-­Dur) zur Aufführung. Bekannter da­gegen dürften von Wolfgang Ama­deus Mozart die „zwei Divertimenti“ und von Ludwig van Beethoven das Trio C-Dur op. 87 sein.

    Die Konzert-Saison klingt mit dem BläserQuartett aus. Dahinter verber­gen sich Matthias Eckart (Trompete), Susumu Kakizoe (Tuba und Cimbasso), Stephen Jenkins (Posaune und Didgeridoo) sowie Christian Hutter am Klavier. Ihr Konzert am Sonntag, 23. April 2023, ab 17 Uhr in der NeuStadtHalle verspricht. „Unge­wöhnliche und lebendige Kammer­musik aus verschiedensten Kulturen und Epochen“. Unter dem Motto „Ot­tone versatile“ werden Werke von Georg Christoph Wagenseil, Antony Holborne, Henry Purcell, Arthur Fra­ckenpohl, Trygve Madsen, Richard Roblee, Matthias Eckart und Stephen Jenkins zum Besten gegeben.

    Einlass zu den Konzerten ist je­weils eine Stunde vor Beginn. Karten im Vorverkauf. gibt es in den Neu­städter Buchhandlungen Dorn und Schmidt sowie zusätzlich online für das Masquerade - und das Neujahrs­konzert über reservix.de. Weitere Infos stehen unter www.promusica-­nea.de zur Verfügung.

    Auch eine Vorschau in Sachen Jazz kann der Förderkreis bieten: Am Samstag, 7. Oktober 2023, tritt die Marcus Marr Bigband auf.

    ANITA  DLUGOSS

  • FLZ, 10. Mai 2022

     

    Der zerrissene Superstar

    Christoph Soldan vermittelte beim Klavierkonzert in der NeuStadtHalle

    ein eindrucksvolles Bild des Romantikers Franz Liszt

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    NEUSTADT an der AISCH – „Annees de Pelerina­ge“ – Franz Liszts Pilgerjahre, ein großartiger Klavierzyklus, in fünf Auszügen geboten von einem groß­artigen Pianisten. Doch der Clou beim jüngsten Konzert im Rahmen der Neustädter Reihe „pro musica“ war deren frappierende Kombina­tion mit der Lesedarbietung eines aufschlussreichen Briefwechsels.

    Christoph Soldan spielt am Bösen­dorfer-Flügel und vermittelt Sach­information über die Vita Liszts so­wie manch Anekdotisches, das quasi nebenbei Rückschlüsse auf den Pro­totyp einer romantischen Künstler­karriere im 19. Jahrhundert erlaubt. Soldans Gattin Stefanie Goes, Cho­reographin, Tänzerin, bietet im Wechsel mit Soldan Beispiele aus den die Distanzform vergangener Ta­ge stets wahrenden Briefen, die Liszt und Gräfin Marie d'Agoult, seine wichtigste Lebensabschnittsgefähr­tin, zwischen 1833 und 1840 ge­tauscht haben.

    Der aus 26 Stücken bestehende Zy­klus ist neben der h-Moll-Sonate wohl Liszts wichtigste Klavierschöpfung. Er ist über Jahrzehnte hinweg in drei Heften erschienen. Es sind reale Reisestationen, doch orientiert an lite­rarischen Vorbildern, und sie gestal­ten, ganz im Sinne des Titels, die Pil­gerschaft einer kreativen Seele.

    Das Spektrum der programmati­schen Kompositionen reicht von den effektsicheren, hoch pathetischen Nummern aus dem ersten und zwei­ten Heft – „Sposalizio“ und „Vallee d'Obermann“ – hin zum Spätwerk des jetzt in Kutte gekleideten Kom­ponisten, den berühmten Wasser­spielen der Villa d'Este zu Tivoli so­wie dem eher schlichten Angelus-Ge­bet.

    Nicht nur in denkbar größter dy­namischer Breite, bei stetem Kör­pereinsatz und hörbar wahrzuneh­mender gedanklicher Durchdringung präsentiert Soldan diese Musik, er erläutert auch zuvor Motivisches, be­tont die Rolle des Glockenklangs, lässt implizit schließlich ebenso die Bedeutung des Wassermotivs bei sei­ner Auswahl erkennen. Denn das Stück „Au bord d'une source“, na­mentlich von einer Quelle inspiriert, stellt den Vorläufer der Tivoli-Musik dar, die Ravel später im Ohr gehabt haben muss bei seinen „Jeux d'eaux“. Vielleicht gilt Analoges auch für die Glockenklänge.

    Ausgespart bleiben bei dieser sinnfälligen Wahl aufgrund der Pro­grammvorgabe nur das karge, beina­he atonale Spätwerk, bleiben aber ebenso die zahllosen, nicht selten nur vordergründigen Virtuosennum­mern, die Liszts Ruf zugleich geför­dert und behindert haben. Eigentlich erinnert allenfalls die Obermann­Skizze mit auftrumpfend orchestra­len Figurationen an diese Modepro­dukte – andererseits klingt aber hier die exzellente Sonate in h-Moll an.

    Was das „Klavier- und Lesekon­zert“ so ganz nebenbei bewirkt, ist al­so gewiss nicht eine Bestätigung von Klischees zu Liszts Musik. Anders be­stellt ist es indes um den Menschen, der in den Briefen zu uns spricht. Liszt als ein früher Pop-Titan, der sich nicht retten kann vor Verehre­rinnen und sich mit falschen Haarlo­cken behelfen muss. Während die Gräfin sich gerne bescheidet in der ihr zugewiesenen Standesordnung und allenfalls gelegentlich ein weiblich subtiles Augenzwinkern heraus­zulesen ist, beteuert das Genie höchste Empfindungen mit religiöser Inbrunst, ohne je Nachhaltigkeit zu praktizieren.

    Zweifellos ist Liszt ein zerrissener unter den gebrochenen romanti­schen Musikern. Und das „Spirituel­le“, auf das Soldan mehrmals direkt hinweist, scheint hier relevant wie nicht annähernd für tragische, stets in Todesnähe schaffende Künstler, sagen wir wie Schubert, Schumann oder Tschaikowsky. Oder geschieht dies in Liszts Fall nur der Form hal­ber? Ist dieses Spirituelle nicht doch primär die bloße Attitüde eines (sie­he Programm-Untertitel) „Salonlö­wen“ und „Superstars“, der jetzt als gealterter „Mönch“ den schönen Blick auf die Wasserspiele genießen darf? Liszts Pilgerreise am Klavier nimmt gedanklich Bezug auf Goethes Wilhelm-Meister-Romane, auf ein wichtiges Werk des Dichterfürsten aller Deutschen seit zweihundert Jahren. Freilich war Goethe, der Idealist, ein rücksichtsloser Oppor­tunist im realen Leben.

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 1. April 2022

     

    Hoffnungsträger der Klassikfreunde

    „pro musica“ feiert im kommenden Jahr 20. Geburtstag und hat die Pandemie laut Ulrike Wesche mittlerweile schon ganz gut verdaut

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    NEUSTADT an der AISCH – Im Bereich der klas­sischen Musik hat der Landkreis Neustadt an der Aisch – Bad Windsheim ein bemerkenswertes Angebot an Kul­turveranstaltungen zu bieten. Das ist nicht zuletzt auch ein Verdienst von „pro musica“ aus Neustadt.

     

    Sein 20-jähriges Bestehen feiert der Förderkreis pro musica aus Neu­stadt im kommenden Jahr. 2003 wurde der Verein von Dr. Dieter Gei­ßendörfer, damals Leiter des Posau­nenchors und der Fränkischen Blä­servereinigung, gegründet und ge­führt. Nach seinem Tod im Herbst 2012 wurde Ulrike Wesche aus Die­tersheim, bis dato seine Stellvertre­terin im Jahr 2013 zur neuen Vorsit­zenden gewählt.

     

    Lebendige Mischung verschiedener Stile

     

    Der gemeinnützige und aus­schließlich ehrenamtlich getragene Verein widmet sich vor allem der Kammermusik. „Unser Anspruch ist eine lebendige und gesunde Mi­schung aus unterschiedlichen Stil­richtungen auf die Beine zu stellen, dargeboten von Laien, Halbprofis und Profis“, erklärt Ulrike Wesche. Ein besonderes Highlight ist dabei das traditionelle Neujahrskonzert mit großem Orchester. Zu den Höhe­punkten des Vereinslebens gehörten aber auch die jährlichen, dreitägigen Opern-Fahrten nach Verona, bis Corona diese unmöglich machte.

    Pro musica verfügt nach fast zwei Jahrzehnten über beste Kontakte in die lokale und auch deutschlandwei­te Musikszene. Das fängt beim Nach­wuchs an, den Absolventen der Mu­sik-Leistungskurse an den Gymna­sien, der Neustädter und der Fürther Musikschule und der Nürnberger Hochschule für Musik und geht bis hin zu Stars der klassischen Musik.

    Dabei finanziert man sich aus Beiträgen und Spenden. „Wir haben etwa 90 Mitglieder, das ist toll", findet Ulrike Wesche. Ihr Ziel ist es, die Eintrittspreise für die Konzerte erschwinglich zu halten. Bei den meisten Veranstaltungen kostet ein Ticket lediglich 15 Euro, im Vergleich zu anderen Klassikkonzerten ist das ein Schnäppchen.

    Natürlich hat die Pandemie die Vereinsarbeit beeinträchtigt, zahlreiche Konzerte mussten vertagt werden. Doch nun gibt es Licht am Ende des Covid-Tunnels: „Aktuell stehen nur noch zwei dieser Veranstaltungen aus“, freut sich Wesche und findet für sich selbst einen kleinen Trost für die vergangenen Jahre: „Ich fand es dennoch schön, während der Pandemie die nächsten Programme planen zu können und meinen Blick in die Zukunft zu richten.“

    Die Vorlaufzeiten für die Konzertprogramme sind beträchtlich, müssen doch vorab zahlreiche Bewerbungen von Ensembles und Musikern aus ganz Deutschland beurteilt und die Verträge ausgehandelt und geschlossen werden. Froh ist die pro-musica-Vorsitzende darüber, dass es ihren Erfahrungen nach in der Kammermusik kaum Stars mit Allüren und großen Ansprüchen gibt. Die Bewerbungen der Künstler durchlaufen verschiedene Stufen, gesammelt werden Informationen und Videos aus dem Internet, mitgeschickte CDs werden gehört und beurteilt.

     

    Die Verwandtschaft hilft bei der Auswahl

     

    Wenn möglich besucht Ulrike We­sche vorab sogar ein Live-Konzert des fraglichen Ensembles. Die ange­botenen Programme klopft sie zu­dem auf ihre Tauglichkeit für das Zielpublikum ab. „Glücklicherweise habe ich einen künstlerischen Bei­rat“, sagt Ulrike Wesche – zu ihrer Verwandtschaft zählen außerdem studierte Musikerinnen und Musiker. „Wir diskutieren das auch mit den Künstlern, stellen teilweise einzelne Programmpunkte um.“

    Erfreulich gut sei die Zusammenarbeit mit anderen Kulturträgern in der Region, betont Wesche. Man spricht sich regelmäßig ab, so dass es keine Überschneidungen gibt, möglichst keine Konzerte gleichzeitig stattfinden. Dankbar ist Ulrike Wesche auch den örtlichen Ladenbesitzern, bei denen man für pro musica plakatieren darf. Das sei eine wichtige Unterstützung für den Verein, der sich im übrigen jederzeit über neue Mitglieder freut.

    Mit dem Pianisten Christoph Soldan steht am Sonntag, 8. Mai, ein besonderes Klavier- und Lesekonzert auf dem Programm. Der Titel: „Franz Liszt: Salonlöwe, Superstar, Mönch“. Beginn ist um 17 Uhr in der NeuStadtHalle am Schloss.

    Soldan ist als Pianist und Dirigent seit 30 Jahren weltweit unterwegs. Er führt mit seiner Frau, der Tänzerin und Choreographin Stefanie Goes, ein eigenes Theater im Jagsttal und ist künstlerischer Leiter mehrerer Konzertreihen in Deutschland. Beim Konzert lesen Christoph Soldan und Stefanie Goes den Briefwechsel zwischen dem Komponisten und Marie d’Agoult, Liszts erster großen Liebe, die er als Student im Salon von George Sand in Paris traf. Die aufgeführten Klavierwerke stammen aus dem Zyklus „années de pèlerinage“ (Pilgerjahre).

    GABI GRASSL

  • FLZ, 8. März 2022

     

    Zarte und treibende Melodielinien

    Das Klenke-Quartett aus Weimar gab Wiener Klassik und Zeitgenössisches zum Besten – Sphärische Klänge von Ursula Mamlok

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    NEUSTADT an der AISCH – Mit dem Weimarer Klenke Quartett konnte der Förderkreis "pro musica" ein international renommiertes Ensemble gewinnen. Das Streichquartett war am Sonntag in der NeuStadtHalle zu Gast. Werke der Wiener Klassik, aber auch Zeit­genössisches stand unter dem Motto "Saitenklang" auf dem Programm.

    Seit gut drei Jahrzehnten spielen die Musikerinnen zusammen. Anne­gret Klenke, Beate Hartmann, beide Violine, Yvonne Uhlemann, Viola, und die Cellistin Ruth Kaltenhäuser kennen sich aus Ihrer gemeinsamen Zeit an der Musikhochschule Franz Liszt in Weimar. Vielfach ausgezeich­net, gehören die vier Künstlerinnen inzwischen längst zur Streichquar­tett-Oberliga.

     

    Vom virtuosen Spiel dieses Ensem­bles konnten sich die Zuhörerinnen und Zuhörer beim Konzert überzeu­gen: feiner Streicherklang, klar im Ton, verbunden mit höchster Auf­merksamkeit und Spielfreude. Das kennzeichnete das Spiel der vier. Zarte Melodielinien, kraftvolle und treibende Taktfolgen, beherrschen sie ebenso wie ausgeprägte Pizzicato­-Passagen.

     

    Hayden und Beethoven als Eckpfeiler

     

    Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven bildeten die Eckpfeiler des Konzerts. Dazwischen setzte das Ensemble ein Streichquartett der deutsch-amerikanischen Komponis­tin Ursula Mamlok (1923 bis 2016) aus dem Jahr 1998. Mit ihrer jüdi­schen Familie hatte sie als Kind 1938 Berlin verlassen müssen. Sie lebte und wirkte in Amerika, ehe sie 2006 wieder nach Berlin zurückkehrte.

    Mit den beiden Werken der Wiener Klassik, Haydns Streichquartett in G­-Dur op. 77 Nr. 1 sowie Beethovens Streichquartett in Es-Dur op. 74, leg­te das Klenke Quartett eine für unse­re Ohren eher gewohnte Klangspur, auf der Mamloks zeitgenössische Komposition erst richtig zur Geltung kommen konnte.

    Beethoven war ein Schüler Haydns, soweit ist eine Verbindung nachvollziehbar. Beide hatten sei­nerzeit mit ihrer Musik neue musi­kalische Wege eröffnet, deren Ton­sprache schon weit über das 18. Jahrhundert hinaus deutete. Das tat auch Ursula Mamlok mit ihrer Kom­position.

    Impulse gab für sie dabei die Zwölftonmusik, die alle zwölf Töne der Tonleiter, also auch die Halbtö­ne, in eine Reihe stellte. Ungewohnt und fremdartig klang das im ersten Moment, zumindest wenn man nicht mit der Zwölftonmusik vertraut ist. Sie eröffnete neue, sphärisch wir­kende Klangräume. Beim ersten Satz, "With fluctuating tension", ist jeder Takt anders gestaltet.

     

    Unterschiedliche Taktzahlen las­sen keinen einheitlichen Rhythmus aufkommen. Kontrastreich und wit­zig klingt dies. Eine Herausforde­rung für die Streicherinnen ist es außerdem. Der Kernsatz in der Mit­te, das Larghetto, tröpfelte dahin, be­kam eine beinahe meditative Aura "Joyful", also mit fröhlicher Aus­strahlung, endete das Werk.

    Für den reichlichen Applaus be­dankte sich das Klenke Quartett mit dem Tango aus Erwin Schulhoffs "Fünf Stücke für Streichquartett". Auch er ein Wandler und Neuerer, an der Grenze zwischen Klassik und Jazz..

    ELKE WALTER

  • FLZ, 22. Februar 2022

     

    Neuentdeckungen jenseits der Vorurteile

    Das Gernsheim-Duo präsentiert in der NeuStadtHalle ein Konzert mit Werken fast vergessener jüdischer Komponisten

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    NEUSTADT an der AISCH – Ulrike Wesche, Vor­sitzende des Vereins „pro musica“ wies bei der Begrüßung zum Konzert des Gernsheim-Duos in der Neu­StadtHalle auf den Kontext hin: Be­reits vor dem Konzert bestand die Möglichkeit für Interessierte, eine Museums-Sonderöffnung im benach­barten Alten Schloss wahrzuneh­men. Einmal mehr geht es um jüdi­sche Kultur in Franken.

    Damit jedoch zum eigentlichen Konzertereignis: Anna Gann (So­pran) und die Pianistin Naoko Christ­-Kato hatten sich vor einigen Jahren zusammengetan, um liebevoll und akribisch ihre künstlerischen Berufe mit Archivarbeit zu verknüpfen. Ihre Neugier gilt Kunstliedern, die von „vergessenen“ Komponisten jüdi­schen Glaubens um die Wende zum 20. Jahrhundert aus spätromanti­schem Geist geschaffen wurden. Eine 2019 veröffentlichte CD-Produktion versammelt Weltpremieren von Liedern Friedrich Gernsheims.

    Anna Gann eröffnete dem Publi­kum ihre These, die – im Rahmen des Programms – nur Maurice Ravel nicht betrifft. Seine quasi rezitativi­sche, personalstilistisch nahezu neu­trale Vertonung des Kaddisch-Gebets kennt vermutlich nicht jeder, der Ra­vel zum Lieblingskomponisten er­klärt hat. Die im Konzert aufgeführ­ten deutschsprachigen Komponisten, also Friedrich Gernsheim, der etwas bekanntere Karl Goldmark und der wohl noch weniger geläufige Salo­mon Jadassohn, genossen Ansehen in ihrer Zeit, die sie epochenstilis­tisch mitgestalteten.

    Dies geschah nur bedingt in spezi­fischen Idiomen, auch gewiss in kei­nen jüdisch kolorierten. Nach ihrer radikalen, und rein ideologisch mo­tivierten Verdrängung im Dritten Reich kann man erst seit Kurzem eine gewisse Renaissance beobachten. Verdeckte, quasi unterbewusste Ressentiments könnten hierbei eine Rolle spielen, die es vor 130, 150 Jah­ren gar nicht gab und die jetzt offen­bar nicht leicht zu überwinden seien – so vermutet es zumindest Anna Gann. An der gefälligen Musik per se kann es jedenfalls nicht liegen.

    Man mag hier einwenden, dass Musikliebende in unserer Medien­welt mit den genannten Namen be­quem in Berührung kommen kön­nen, ohne mehr als rein musikali­sche Neugier zu befriedigen, ohne die beschriebenen Hintergründe über­haupt erst kennenzulernen. Dies hät­te dann nichts mit Vorurteilen zu tun.

    Es ändert indes nichts am Allein­stellungsmerkmal und am ungeheuer großen Wert der Arbeit des Gerns­heim-Duos – schlicht weil zwar ein­zelne Sinfonien, Konzerte, Kammer­musik und eine Oper (Goldmarks „Die Königin von Saba“) bekannt sein können, aber kaum die Kunstlieder.

    Naoko Christ-Kato begleitete ihre Kollegin äußerst wandlungsfähig, konzentriert und in bestverstand­enem romantischen Duktus; der wunderbare Flügel trug ein Wesent­liches dazu bei. Mit zwei gefälligen Genrestücken, die sich zwischen der Fin-de-Siècle-Eleganz eines Lehar und chopinesk abgetönten Figuratio­nen bewegen, agierte sie als Solistin. Die gewählten Lieder erwiesen sich als verblüffend vielfältig: die Themen betreffend, die Strukturen, die Stim­mungen, gewiss auch die Textvorla­gen als solche.

     

    Zwischen keck, charmant und tragisch

    Beinahe Rokokohaftes, doch zu­mindest Schubert’sches wie das Lied vom Mädchen, das zum Fenster eilen soll und dem charmant-kecken Plau­derton Anna Ganns besonders ent­gegenkommt, stand neben den ihr ebenfalls sehr gut liegenden Volksliedern von Jadassohn. Dunklere Liebeslyrik findet sich neben der tra­gisch-pathetischen Sturmwind-Ode von Gernsheim. Jener hat auch eine Version des „Abendliedes“ von Mat­thias Claudius geschrieben, die man sehr gerne hört. Ebenfalls beeindru­ckend: sein zwitterhaft sanfter und schöner Todesengel oder Goldmarks Lied vom kahlen Grab.

    So wurde es ein wunderschöner, mit herzlichem Beifall bedachter Lie­derfrühabend, welcher wahrlich auch denjenigen etwas zu bieten hat­te, die ihr Grundwissen hersagen können: vom gewandten und form­strengen Brahms-Epigonen Gerns­heim, dem volkstümlicheren Goldmark und seiner allzu ländlichen Hochzeit oder von Jadassohn als Schöpfer blühend melodiöser Kla­vierkonzerte, welche wie eigentlich all seine Musik erstmals im neuen Jahrtausend eingespielt wurden.

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 10. November 2021

     

    Dunkle Tonfarben mit

    überraschender Durchschlagskraft

    Das „ensemble sonorizzonte" hinterließ in der NeuStadtHalle einen grandiosen Gesamteindruck – Mit Schwung und Improvisationsgeist

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    NEUSTADT an der AISCH – NeuStadtHalle statt Ehrenhalle – der Förderkreis pro musica hatte den Konzertgästen in schwierigen Zeiten mehr Luft verschaffen können. Und akustisch haben die drei hochprofessionellen Spezialisten des „ensemble sonorizzonte“ ebenso wenig ernsthafte Verluste hinnehmen müssen wie das Publikum.

    „Kammermusikalische Raritäten“ verspricht der Programmzettel. Dies scheint eine pauschalierende Untertreibung. Denn Jessica Kuhn, die drei Violoncelli aus der Barockzeit mitgebracht hat – darunter ein kleineres Instrument mit Erweiterung in der Höhe, der Gambist Arno Jochem de la Rosee und der Lautenist Andreas Arend haben sich an diesem Spätnachmittag Klängen aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg bis hin zum Spätbarock gewidmet. Arend spielt allerdings in Neustadt keine uns geläufige Laute, sondern eine Theorbe, die sich durch wesentlich mehr Saiten und einen besonders langen Hals unterscheidet. Hintergrundinformationen über die Tätigkeit der Komponisten an den Höfen Frankreichs, Englands oder Fürstendeutschlands werden en passant kenntnisreich vermittelt. Man erfährt, dass eigentlich jeder, ob John Jenkins, Tobias Hume, Robert de Visée oder Marin Marais, seinerzeit erfolgreich war - gewiss im Rahmen

    einer absolutistischen Dienstherrschaft.

    Den bekanntesten Namen trägt der vermutlich Jüngste im Bunde, Francois Couperin. Ihm gelingt das musikalische Miteinander des französisehen

    und des italienischen Stils – „Les gouts-reunis“ heißt die Sammlung, aus der ein Duo interpretiert wird. Bemerkenswert scheint, dass noch eher mit der formstrengen Suite in G von Marais jene Ausgewogenheit erreicht scheint, die bereits an Bach gemahnt.

     

    Originelle Vorausschau auf den Manierismus

    Das Gegenteil verkörpern indes Stücke für die Viola da gamba solo, die gute hundert Jahre früher Tobias Hume verfasst hat. Nicht nur praktiziert er erstmals die Bogentechnik des Col legno, sondern es wird auch gezupft oder gehämmert. In ihrer Unberechenbarkeit eine originelle Vorausschau auf den Manierismus des

    Stürmers und Drängers Carl Philipp Emanuel Bach. „Caprice“ heißt denn auch das Programm in seinem Untertitel.

    Am Ende steht eine Sonate des Thüringers Johann Michael Nicolai. Zwar gestattet sich das Trio, auf pfiffige Weise die Partitur zu erweitern, anzureichern, aber allenthalben eigen sind ihr folkloristische Züge, ein herzhaft tänzerisches Moment – generell keineswegs etwas der Barockzeit Fremdes, hier jedoch nicht in stilisierte Klischees gebannt.

    Es ist sonore Musik in den diversen Schattierungen des Begriffs – und der Name, den sich die Gruppe gegeben hat, weist ja daraufhin. Man ist verblüfft über die dunklen Farben, man ist überrascht von deren Durchschlagskraft – und das gilt für alle drei Instrumente, ob sie allein, zu zweit oder zu dritt sich präsentieren. Dass Schwung, Improvisationsgeist und rhetorische Gestaltung wichtiger sind als Tonschönheit – umso besser.

    Zwei – vielleicht geschmäcklerische – Desiderata seien angemerkt. „Horizonte“ will das Trio laut ihrem Gründungskonzept auch ins 21. Jahrhundert hinein eröffnen, nicht nur in der Alten Musik. Schade, dass es keine Kostprobe gab. Und jene wunderbar singende Zugabe, ein schottisches Lied, in den Ohren, hätte man sich mehr sonore und federführende Melodik des Barockcellos schon vorher gewünscht. Hörbar hatte zumindest eines der Celli deutliche Höhenprobleme. Zu viel der Obertöne quasi, vielleicht temperaturbedingt.

    Dies tut dem grandiosen Gesamteindruck aber wahrlich keinen Abbruch.

    WOLFGANG ZIMMERMANN

     

  • FLZ, 8. November 2021

     

    Mitgliederversammlung vom 5. November 2021

    So viele Konzerte wie noch nie

    Der Förderkreis „pro musica“ hat Rüdiger Pfeiffer zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt – Den Kulturhunger der Leute stillen

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    NEUSTADT an der AISCH – „Ich habe immer bewundert, was durch diesen kammermusikalischen Verein in Neustadt geboten wird.“ Dieser Satz stammt von Rüdiger Pfeiffer. Der durch den Neustädter Posaunenchor seit über 50 Jahren bekannte Trompeter wurde bei der Jahresversammlung des Förderkreises „pro musica“ zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.

    „Wir sind volljährig geworden“, bemerkte die wiedergewählte Vorsitzende Ulrike Wesche. In diesem Zusammenhang war es auch zu sehen, dass Georg Hopfengärtner, der den Konzertbesuchern von der Kasse wohlbekannt ist, nach 18 Jahren im Vorstand – seit Vereinsgründung – nicht wieder zur Wahl als stellvertretender Vorsitzender antrat: „Die

    Konzerte waren klasse und das Geld reichte immer gerade so. Das waren tolle Jahre“, fasste er zusammen. Pro musica genieße einen „tollen Ruf“ und sei „eine Bereicherung der lebendigen Kultur in unserer Stadt“. Doch die Zeit sei jetzt für ihn persönlich reif für andere Interessen. Für Rüdiger Pfeiffer kam die Anfrage zur Kandidatur nicht überraschend. „Ich sehe in diesem Verein einen großen Sinn“, sagte er. Pro musica konnte in der Pandemiezeit von der Rathausehrenhalle in die größere NeuStadtHalle ausweichen. Das ist laut Wesche ein idealer Spielort für die in der Regel 60 bis 100 Konzertbesucher, die dort perfekt auf Abstand sitzen können. Wie Wesche – ihr stehen die wiedergewählten Beisitzerinnen Ellen Schuster und Dr. Christiane Wolfart zur Seite – ausführte, fand ein Jahr lang wegen Corona keine Mitgliederversammlung statt. Bis zum Sommer dieses Jahres habe man „quasi kulturlos gelebt“. Doch im Herbst sei man erfolgreich mit dem Konzert von Quadro Nuevo durchgestartet.

    Corona-bedingt waren acht Konzerte ausgefallen. Die meisten davon wurden auf die jetzige Saison verschoben. „Insgesamt bieten wir in dieser Saison zehn, eigentlich elf Konzerte an – mehr als je zuvor“, so Wesche. Denn das Neujahrskonzert „Maskerade“ am Sonntag, 16. Januar 2022, mit dem Würzburger Kammerorchester wird zwei Mal in der NeuStadtHalle aufgeführt: um 12 und um 17 Uhr. Im Vorverkauf sind für beide Konzerte noch Karten erhältlich. Als besonderes Ereignis kündigte Wesche das Klenke-Quartett aus Weimar am Sonntag, 6. März, an.

     

    Bedeutendes Streichquartett

    Dies sei eines der bedeutendsten deutschen Streichquartette. Man wolle viel veranstalten, denn die Menschen seien kulturhungrig – und die Künstler teils existenziell von der Pandemie betroffen. Diese Vielzahl stelle den Verein an seine finanziellen und organisatorischen Grenzen. Die Vorsitzende listete die Erfolgsfaktoren des Vereins auf. Das seien die 89 Mitglieder und deren Beitrag, die Auswahl der Konzerttermine die mit anderen Veranstaltern im Landkreis abgestimmt werden, die Werbung, die Teamarbeit, die Homepage (www.promusica-nea.de) und die regelmäßigen Helfer, gerade in Corona-Zeiten. Auch dank Sponsoren und Spenden habe man trotz Corona einen „guten Grundstock“, sagte der wiedergewählte Schatzmeister Martin Wolfart. Doch Wesche stellte klar: „Auch wenn die Konzerte gut besucht sind, gibt es keines, das im Plus endet.“

    Wesche hob das hohe Niveau der Veranstaltungen hervor, was inzwischen von den Besuchern erwartet werde. Viele Bewerbungen für Auftritte lägen stets vor. Die Vorsitzende, die häufig zu Konzerten in andere Städten fährt, die Künstler oder CDs oder YouTube prüft, erhielt Applaus für ihr Engagement – und auch den Wunsch, „dass wieder eine Fahrt nach Verona stattfindet“.

     

    Saison 2022/23 wirft Schatten voraus

    In der Saison 2022/23 will „pro musica“ wieder die ursprünglichen acht Konzerte veranstalten. Offene Wünsche aus der Mitgliederversammlung des Jahres 2020 waren ein Klavierabend mit Anne Riegler, ein Programm mit Ulrike Hünefeld, ein Holzbläserensemble mit Fagott und Gitarrenmusik.

    Verträge, Vorgespräche, Anfragen und Ideen gibt es in unterschiedlicher Weise, so mit dem Trio Klangwelt (Klarinette, Violine/ Viola, Klavier). Zum Jahreswechsel 2022/23 ist ein Abend zum Thema „Raureifnächte“ mit Ulrike Bergmann anvisiert. Einen Liederabend zu Heinrich Heine unter dem Motto „Tausendkunst“ (Sopran, Bariton, Klavier) hat man auf der Liste, ebenso das Klaviertrio „toninton“ mit Cello, Violine und Klavier. Offen ist noch das Ensemble für das übernächste Neujahrskonzert am Sonntag, 15. Januar 2023. Des Weiteren ist unter den Mitgliedern der Wunsch nach einem Streichquartett, nach Blechbläsern und Klavier laut geworden. Das Sommerkonzert des Jahres 2023 – am 24. September (ein Sonntag) – mit der Marcus Marr Big Band steht bereits fest. Da der Verein im Jahr 2023 sein 20-jähriges Bestehen feiert, denkt man auch über ein „großes Jubiläumskonzert“ nach.

    ANITA DLUGOSS

     

  • FLZ, 12. Oktober 2021

     

    Wiener Klassik trifft Tango nuevo

    Junge Musiker des Trios Schmuck begeistern in der NeuStadtHalle

    mit Beethoven, Chopin und Piazzolla

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    NEUSTADT an der AISCH – Die drei hochbegabten, mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten jungen Musiker des Trios Schmuck – Sayaka Schmuck (Klarinette), Kasia Wieczorek (Klavier) und Ken Schumann (Violine und Viola) – haben in der NeuStadtHalle bei ihrem Konzert „Vom Gassenhauer zu nächtlichen Weisen“ fulminant überzeugt.

    Ein kammermusikalisches Trio in der genannten Instrumentierung erscheint heute ungewöhnlich. Im 19. Jahrhundert bevorzugten jedoch zahlreiche Komponisten solch eine Besetzung. Auch der junge Ludwig van Beethoven gehörte dazu. In seinem humorvollen „Gassenhauer Trio“ lässt er bereits sein ungestümes Temperament erkennen.

    Dieses Frühwerk enthält aber auch für ihn eher untypische weiche, filigrane Klangfolgen. Beethoven bearbeitete die eingängige Melodie aus Joseph von Weigels Oper „Der Korsar aus Liebe“. Im damaligen Wien wurde diese einprägsame Melodie zum Gassenhauer und war vielfach zu hören. Die drei Musiker meistern die anspruchsvollen Passagen mit Präzision und Leichtigkeit. Man genießt den Schalk, mit dem Beethoven das Thema vielfältig aufarbeitete. Im folgenden Nocturne lässt Pianistin Wieczorek, den Flügel kraftvoll anschlagend, kontrastierend dazu feinfühlig, melancholisch erklingen. Ihre Körperspannung, ihre Mimik unterstreichen die musikalisch perfekt gelungene Interpretation der Komposition von Frederic Chopin.

    Es folgt „Meditation“, ein Evergreen der Klassik. Das Stück für Solovioline und Orchester scheint dem Streicher Ken Schumann auf den Leib geschrieben. Er, der für seine verhinderte Schwester Lisa Maria einsprang, streicht leidenschaftlich, gefühlvoll die Violine.

    Mit Leidenschaft und einfühlsam

    Schumann, Mitglied des bekannten „Schumann Quartetts“, konzertiert regelmäßig in den großen Konzertsälen dieser Welt. Die NeustadtHalle ist ihm nicht zu gering, dem Publikum zu beweisen, wie ernst er es nimmt. Mit musikalischer Leidenschaft interpretiert er dieses symphonische Intermezzo aus der Oper ,,Thais“ des französischen Komponisten Jules Massenet. Einfühlsam, unaufdringlich, jedoch selbstbewusst begleitet ihn Kasia Wieczorek am Flügel.

    „Die vier Jahreszeiten“ von Astor Piazzolla stehen nach der Pause auf dem Programm. Der Jahreslauf im Rhythmus des Tango nuevo beschreibt die sengende Sonne Argentiniens, gewaltige Gewitter, leise rieselndes Herbstlaub, trübe Wintertage und die explosiv erwachende Natur im Frühling. Ausdrucksstark, rhythmisch harmonisch, musizieren und interpretieren die drei Instrumentalisten erneut kongenial. Witzige Glissandi und Pizzicati der Violine, waghalsige Läufe und Triller der Klarinette und ein virtuos untermalendes Klavierspiel zeichnen diesen zweiten abwechslungsreichen Konzertteil aus.

    Die Zugabe, eine Tango-Ballade, beendet ein träumerisches, imposantes, einmal durfte das klassisch interessierte Publikum ein musikalisches Highlight genießen. Ungewöhnlich für eine Kleinstadt wie Neustadt. Dem Förderkreis pro musica gelang es dank finanzieller Unterstützung des Lions Club, in der vielfältigen, abwechslungsreichen Kulturszene von Neustadt erneut einen Akzent zu  setzen. Das galt im Übrigen sogar für die Pause: pro musica schloss sich dem Fairtrade-Konzept der Stadt Neustadt an und bietet künftig regionale, fair gehandelte Bioprodukte an.

    RÜDIGER PFEIFFER

     

  • FLZ, 27. September 2021

     

    Von der mediterranen Leichtigkeit des Seins

    Die unaufgeregten Virtuosen von Quadro Nuevo begeistern in der NeuStadtHalle mit südlich~swingendem Klang

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    NEUSTADT an der AISCH – Zum Ende der „Fairen Woche 2021“ hatten der Neustädter Weltladen und der Förderverein pro musica mit Hilfe der Stadt am Freitag zu einem Konzert in betörenden Klangfarben in die NeuStadtHalle geladen. Quadro Nuevo zelebrierten dabei die betörende Leichtigkeit des mediterranen Seins.

    Nach dem Durchlaufen der strengen, gut organisierten 3G-Kontrollen nahmen die zahlreiche Konzertbesucher ihre Plätze ein. Hallenchef Bastian Haas hatte einen umsichtigen, ausgeklügelten Sitzplan erstellt. Klaglos wurden die Sicher-heitsmaßnahmen von den meisten Besuchern akzeptiert, teilweise sogar begrüßt.

    Ab dem ersten Ton war die Spielfreude der Formation zu spüren. Andreas Hinterseher bediente Akkordeon und Bandoneon virtuos und trug so manche eingehende, sanfte Melodie auf seinem Vibrandoneon bei. Mulo Francel, versierter Saxophon- und Klarinettenspieler, erwies sich nicht nur als charmanter Conferencier, sondern auch als Herr über waghalsige Klarinettenläufe und ruhig schwingende Saxophonvibratos. D.D. Lowka, Kontrabass und Perkussion, über-zeugte als geradliniger Rhythmusgeber. Zwischenzeitlich funktionierte er lächelnd seinen Kontrabass temperamentvoll zu einer Cajón um oder entlockte ihm fröhliche südlich-swingende Melodien. Der Jazzgitarrist und Komponist, Paulo Morello, der nicht zur ständigen Besetzung der Gruppe gehört, begeisterte mit eigenen Kompositionen. Er ließ seine Gitarren im Bouzouki-, Mandolinen- oder Balalaikasound erklingen.

    Musik und Licht statt der großen Show

    Auf eine große Bühnenshow verzichteten die Musiker. Sie ließen ihrer Musik den gebührenden Raum – Showeffekte waren überflüssig. Lediglich eine dezente Illumination unterstrich ihr Spiel. Italienische Tangos, französische Valse, ägäische Mythen-Melodien, argentinische Tangos, orientalischer Groove, Brazilian Flavour und neapolitanische

    Gassenhauer mit Titeln wie Ada's Song, Kaliji Steps, Samba di Didi oder Samba Boy sowie Die Reise nach Batumi versetzten die Zuhörer in eine andere, freundlichere, sonnigere und deutlich unbeschwertere Welt. Musikalisch fanden sie sich in Pariser Bistros, im orientalischen Basar, in argentinischen und brasilianischen Bars oder in der quirligen italienischen Hafenstadt Neapel wieder.

    Mit jedem Vortrag zeichneten die sympathisch unaufgeregten Musiker ein musikalisches, einprägsames Bild der vielen von ihnen bereisten Länder. In „Ikarus' Dream" beschrieben sie anhand der griechisehen Mythologie einfühlsam den Blick von der Insel Samos über das Meer und den Wunsch nach Freiheit. Nach der letzten Zugabe, dem Cha-Cha-Cha Luna Rossa, trugen die Besucher in ihren Köpfen Bilder vom Urlaub in einem unbekannten Paradies, dem Duft nach Dolce Vita und reifen Zitronen mit sich. Pro musica, Weltladen und Stadt präsentierten den Neustädtern und etlichen Auswärtigen ein erlebnisreiches, entspannendes, vor allem hochqualifiziertes Konzert. Der Aischgrund darf sich wahrlich glücklich schätzen, dass pro musica immer wieder derartige Musiker ausfindig macht und nach Neustadt bringt.

    RÜDIGER PFEIFFER

  • FLZ, 22. Juli 2021

     

    pro musica startet wieder durch

    Verein kündigt für den September die Wiederaufnahme

    der Klassik-Konzerte an

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    NEUSTADT an der AISCH (pat) – Nach der langen „coronabedingten“ Konzertpause gibt es in Neustadt ab September wieder regelmäßig „lebendige und hochwertige Kammermusik“. Wie die Vorsitzende des Vereins „pro musica“, Ulrike Wesche, nun ankündigte, werde man ein vielfältiges Konzertprogramm mit Musik aus verschiedenen Epochen und Stilrichtungen anbieten – dargeboten von regional und überregional tätigen Künstlerinnen und Künstlern. Für den rein ehrenamtlich tätigen Verein ist laut Wesche die Bewältigung der vergangenen Monate nicht ganz einfach gewesen. Mehrfach mussten Konzerte abgesagt, verschoben und umorganisiert sowie neue Konzerttermine mit den Musikern vereinbart werden.

    Einige Wermutstropfen bleiben auch nach dem Neustart: So kann pandemiebedingt der bisherige Veranstaltungsort, die Rathausehrenhalle in Neustadt, nicht mehr für Konzerte genutzt werden, der Organisationsaufwand für die einzelnen Abende sei erheblich gestiegen. Umso erfreulicher ist es, dass alle Veranstaltungen in der NeuStadtHalle stattfinden können. Die Anzahl der Sitzplätze ist jedoch begrenzt, außerdem werden diese beim Einlass zugewiesen.

    Bei allen Konzerten gelten die zum jeweiligen Zeitpunkt aktuellen behördlichen Vorschriften, Abstands-, Hygiene- und Verhaltensregeln.

    Eröffnet wird die Konzertreihe am 24. September mit dem international erfolgreichen Quartett „Quadro Nuevo“. Es macht im September in der NeuStadtHalle Station, eingeladen von pro musica, dem Weltladen und der Stadt. Weitere Gäste sind am Samstag, 9. Oktober, das „Trio Schmuck“, dessen Programm „Vom Gassenhauer zu nächtlichen Weisen“ heißt und am Sonntag, 24. Oktober, spielen dir in Neustadt bestens bekannte Pianistin Britta Köstner und Wolfgang Schniske, Leiter der Musikschule, ein Programm unter dem Motto „Piano meet: percussion“.

    Kartenvorverkauf über die Buchhandlungen Dorn und Schmidt. Weitere Infos unter www.promusica-nea.de.

    PATRICK LAUER

  • FLZ, 17. Dezember 2020

     

    pro musica sagt Konzerte ab

    Kammerorchester erst im Mai

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    NEUSTADT an der AISCH (pat) – Neujahr im Mai: Auf Grund der coronabe­dingten Infektionsschutz-Maß­nahmen hat der Neustädter Mu­sikförderverein „pro musica" nun auch das für den Januar ge­plante Neujahrskonzert mit dem Würzburger Kammerorchester abgesagt und vorerst auf den Mai des kommenden Jahres ver­schoben.

    Wie Vereinsvorsitzende Ulrike Wesche schreibt, habe man be­reits einen Großteil der bislang geplanten Konzerte abgesagt und bemühe sich derzeit, diese auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. ,,Der Förderkreis ,,pro musica" sei aktuell mit al­len davon betroffenen Künstlern im Gespräch, um gemeinsam Lösungen zu finden und mög­lichst alle ausfallenden Veran­staltungen im Jahr 2021 nachzu­holen."

    Ganz aktuell entfällt der am 29. Dezember geplante Konzert­abend „Flöten- und Harfenklän­ge aus vier Jahrhunderten", der in der Rathausehrenhalle hätte steigen sollen. Die für den 17. Ja­nuar geplanten beiden Konzerte „Maskerade - Neujahrsklänge anders" (ehemals Neujahrskon­zert) mit dem Würzburger Kam­merorchester in der NeuStadt­Halle werden auf Sonntag, 30. Mai, verschoben. Bereits ge­kaufte Eintrittskarten behalten laut Ulrike Wesche ihre Gültig­keit.

    Weitere Informationen und die feststehenden Termine sind im Internet der homepage von pro musica (www.promusica-nea.de) zu entnehmen.

    PATRICK LAUER

  • FLZ, 13. Oktober 2020

     

    Geistreiches Konzert

    mit breitem emotionalen Spektrum

    Duo-Combo „B unlimited!“ zog die Zuhörer in der NeuStadtHalle schnell in seinen Bann – Konzert wurde vom Förderkreis „pro musica“ mit großer

    Perfektion organisiert

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    NEUSTADT an der AISCH – Mit einem vom Neustädter Förderkreis „pro musica“ in schwierigen Zeiten perfekt orga­nisierten Konzert hat die Kammer­musik-Saison 2020/2021 begonnen. Diesmal stand die NeuStadtHalle zur Verfügung und es gastierte mit der Duo-Combo „B unlimited!“ eine For­mation, welche die Zuhörerschaft rasch in ihren Bann zog.

    Christoph Mayer ist längst ein höchst erfolgreicher und weltweit aktiver Violinist vor allem mit alter Musik und historischer Auffüh­rungspraxis. Christoph Hillmann hat sich als Schlagzeuger einen ver­gleichbaren Rang im Jazz verschafft. Zwei recht unter-schiedliche Szenen treffen hier aufeinander, aber dass die beiden Mittfünfziger sich gegen­seitig hoch schätzen, bleibt nieman­dem verborgen.

    Hochzuschätzen ist, was sie in ihren Genres an Kreativität mitein­ander verbindet – und der Terminus „Crossover“ deckt dies beileibe nicht ab. Denn was die beiden Instrumen­talisten dank vielfältiger Arrange­ments und Eigenkompositionen für die Bühne erarbeiten, verfolgt ein so gekonntes wie geistreiches Konzept – natürlich ist es auch ein Konzept, das charakteristisch in unsere post­moderne Zeit gehört und das sich als höchst publikumswirksam erweist. Die „Fusion“ zeigt sich darin, dass entweder von folkloristischen Stan­dards oder von gotischer bis barocker Musik ausgegangen wird und in fließenden Entwicklungen innerhalb der Kompositionen ein zeitgenössi­scher Rahmen hergestellt wird. Man mag ihn als „Free Jazz“ bezeichnen, aber das ist eben auch nur ein Schlagwort.

    Allenthalben bietet dieser Rahmen – im Verein mit gelegentlichen at­mosphärischen Einsprengseln per Rechner – der Geige wie dem Schlagwerk viel virtuosen Spiel­raum, durchmisst ein breites emo­tionales Spektrum, und erzählt dabei so allerlei.

    Nicht nur erzählen Hillmann und Mayer gerne, wie es auf privater Ebe­ne zu ihren Stücken kam, und stel­len interessante kulturelle Hinter­gründe vor, sondern Titel wie „Inno­cent Journey“ oder „Fool's Rands Hope“ zeigen auch das assoziative Bildspektrum auf, das man im künstlerisch Präsentierten gerne nachvollzieht.

    Wäre der Begriff „Weltmusik“ nicht so beliebig geworden, könnte man ihn guten Gewissens verwen­den. Zum einen tauscht Mayer das klassische oft gegen ein elektrisches Instrument ein und verwendet beide auch in ein und derselben Nummer parallel. Zum anderen erweitert Hill­mann seine Batterie gerne, indem folkloristische Instrumente verwen­det werden. Uralt und weltweit er­probt ist eine flache Rahmentrom­mel, die immer wieder zum Einsatz kommt.

    Eine Stahltrommel namens Gar­rahand erinnert äußerlich an einen Grilltopf, klingt aber gleichermaßen erlesen nach Karibik und Südsee. Heller im Timbre, eher einem Xylo­phon vergleichbar, aber kaum mehr als handgroß, ist die Kalimba. Hill­mann ist stolz darauf, ein neuartiges chromatisches Instrument für sich gebaut bekommen zu haben.

    So erlebt das Auditorium eine rie­sige historische wie regionale Band­breite zwischen etwa der Vorgabe einer Ductia aus den „Cantigas de Santa Maria“, einer spätmittelalter­lichen portugiesischen Liedsamm­lung, oder aber indischen Ragas und persischen Modi nachempfundene Melodiestrukturen. Doch vielleicht ist es sogar ein herauszuhörender Personalstil, der das Publikum zu begeistertem Beifall motiviert.

    WOLFGANG ZIMMERMANN

  • FLZ, 29. September 2020

     

    Neustart für die Kultur

    Förderverein „pro musica“ geht nach schwieriger Saison voller Zuversicht

    in den Herbst

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    NEUSTADT an der AISCH – Mit überraschend viel Zuversicht, aber auch mit eini­gen „Platzproblemen“ geht der För­derverein „pro musica“ in die bevor­stehende Spielzeit. In der Hauptver­sammlung des Vereins, der vor allem für die von ihm ausgerichteten Kon­zerte in der Rathausehrenhalle be­kannt ist, billigten die rund 15 er­schienenen Mitglieder das vorgeleg­te Programm für Herbst und Winter 2020 sowie für das kommende Jahr.

    Wie Vorsitzende Ulrike Wesche im Anschluss an die Versammlung gegenüber der FLZ erklärte, habe man ein schwieriges Jahr hinter sich gebracht. Zwei Konzerte im März und April habe man coronabedingt absagen müssen, wobei man immer­hin Ersatztermine im kommenden Jahr habe vereinbaren können. Sei­tens der Künstler sei sie durchweg auf Verständnis getroffen, so Wesche - ,,ich habe sehr gute Gespräche ge­führt“. Der Verein selbst sei aus der Pandemiekrise mit einem blauen Auge davongekommen: Zwar sei der kulturelle Aderlass in Neustadt spürbar gewesen, doch zumindest fi­nanziell habe man kaum Ausfälle ge­habt, da man nur bei einem der bei­den Konzerte bereits in der Plakat­werbung gewesen sei und „wenn wir ehrlich sind, zahlen wir doch sowieso bei fast allen Konzerten noch drauf“.

    Die Finanzen also sind nicht das große Problem, das „pro musica“ in den kommenden Monaten intensiv beschäftigen wird - die Raumnot schon wesentlich eher. Denn die ge­liebte Rathausehrenhalle, in die in normalen Zeiten gut 100 Besucher passen, wird auf absehbare Zeit als Veranstaltungsort nicht mehr in Fra­ge kommen. ,,Bei den geltenden Ab­standsregeln kriege ich da höchstens 15 Personen rein“, so Wesche - ,,das ist natürlich viel zu wenig für uns“.

    Folgerichtig stehe man aktuell auch noch in Verhandlungen - unter anderem mit der Neustädter evan­gelischen Kirchengemeinde bezüg­lich der Stadtpfarrkirche und des Gemeindezentrums. Auch eine „Auslagerung“ einzelner Konzerte in eine Nachbargemeinde sei denkbar, doch diesbezüglich gebe es noch kei­ne konkreten Gespräche. Sicher sei bereits, dass ein Teil der Konzerte in der NeuStadtHalle stattfinden wer­de, in der auch die Akustik sehr or­dentlich sei. ,,Da sind wir sehr dank­bar dafür, dass uns diese Möglich­keit geboten wird“, so Wesche, die aktuell von drei bereits fest verein­barten Konzerten spricht, bei denen der Austragungsort noch unklar sei.

    Im Übrigen, so berichtet die Vor­sitzende, sei die Stimmung in der Hauptversammlung, bei der keine Neuwahlen angestanden hatten, ,,sehr gut“ gewesen. Die Anwesen­den hätten sich vor allem über das Konzertjahr 2019 sehr zufrieden ge­zeigt, in dem es gelungen sei, viele Wünsche der Mitglieder zu berück­sichtigen.

    Auch ein größeres Problem habe man mittlerweile gelöst. Weil das Würzburger Kammerorchester, das zum traditionellen Neujahrskonzert­ebenfalls seit Jahren von „pro musi­ca“ ausgerichtet – seit Monaten nicht mehr habe proben können und mit den verlangten Auflagen auch gar nicht mehr auf die Bühne der Neu­StadtHalle gepasst hätte, sei die Würzburger Orchesterleitung auf einen Trick verfallen: Man habe aus. den eigenen Reihen nun unter an­derem ein Streichquartett gegrün­det, das am Sonntag, 17. Januar 2021, in Neustadt gastieren wird. Um kei­nen Etikettenschwindel zu betreiben – unter Neujahrskonzert versteht man ja gemeinhin die große Beset­zung – habe man auch gleich noch eine Umbenennung vorgenommen. Statt Neujahrskonzert laute der Titel nun „Maskerade – Neujahrsklänge anders“. Dafür jedoch plane das En­semble gleich zwei Aufführungen in Neustadt, so dass tatsächlich alle In­teressierten trotz Abstandsregeln einen Platz ergattern könnten. Das Problem für die Musiker: Da es für Streichquartette „gar nicht so viele Werke gibt“, so Wesche, sei man der­zeit dabei, etliche Kompositionen entsprechend neu zu arrangieren, eine anspruchsvolle Aufgabe für ein anspruchsvolles Vorhaben.

    Offizieller Start der pro musica-­Saison ist Sonntag, 11. Oktober, mit B unlimited – einem Duo, bestehend aus Christoph Mayer (Violine) und Christoph Hillmann (Percussion), das laut Ankündigung mit „Magie melodies“ eine Mischung „poeti­scher, zeitloser Musik, die alle Schubladen hinter sich lässt“ und von der ,,Alten Musik“ über den Jazz bis hin zur Weltmusik zahlreiche Fa­cetten beinhalte, präsentieren werde. Die Pianistin Anne Riegler steht am Sonntag, 29. November, mit klassi­schen Werken auf dem pro musica­-Programm und das Duo Chen Shen und Anton Mangold präsentiert am Dienstag, 29. Dezember, Flöten- und Harfenklänge aus vier Jahrhunder­ten.

    Der Pianist Christoph Soldan wird am 7. Februar die Reihe fortsetzen, ehe es am 21. Februar zum Ersatz­konzert für den im Frühjahr abge­setzten Auftritt des Gernsheim-Duos kommt: Die Sopranistin Anna Gann sowie Naoko Christ-Kato spielen dann Werke jüdischer Komponisten.

    PATRICK LAUER

  • FLZ, 11. Februar 2020

     

    Beethoven traf aufs 20. Jahrhundert

    Kontrastreiche Begegnungen zwischen dem Jubilar und zeitgenössischen Komponisten in der Neustädter Rathausehrenhalle

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    NEUSTADT an der AISCH – Das Jahr 2020 ist dem großen Komponisten Ludwig van Beethoven gewidmet; Anlass ist dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr. Grund genug für den Neustäd­ter Förderkreis „pro musica“, dieses Musikgenie mit einem Konzertabend in der Rathausehrenhalle zu würdi­gen. Das „Pegasus Trio“ aus Mün­chen setzte Beethoven – in Kontrast mit Musikern des 20. Jahrhunderts – in Szene.

    Im „Pegasus Trio“ vereinen sich eine Flöte, eine Viola und eine Gitar­re und interpretieren durch diese überraschende Zusammensetzung Beethovens Serenade op. 8 ganz außergewöhnlich. In einer Bearbei­tung von Wenzeslaus Matiegka – einem Zeitgenossen Schuberts – er­schufen die Instrumentalistin und die beiden Instrumentalisten einen musikalischen Rahmen, in den sie im Wechsel mit Sätzen aus der Serenade Beethovens auch Werke der Gegenwart einfügten. Nach den auf­rüttelnden Einschüben erdeten Beethovens Klänge immer wieder.

    Somit erklang zunächst ein freu­dig-beschwingter Auftakt aus der Beethoven’schen Feder (Marsch) bevor Kazuo Fukushimas „Mei“ einen Kontrapunkt setzte. Das Werk „Mei“, das nach dem japanischen Schrift­zeichen für „Mond im Spiegel“ be­nannt ist, zeichnet für die Hörenden gebrochene Licht-Schatten-Spiele in ungewöhnlichen Klangfarben nach. Prononciert und lebendig ließ Flötist Christian Mattick sein Instrument sprechen. Nach einem Beethoven’schen Zwischenspiel wirkte das Violinen-Solo „Widmung" des italienischen Komponisten Bruno Maderna ­geradezu progressiv. Violinistin Mi­chaela Buchholz reizte bei diesem Werk sämtliche Spieltechniken der Violine aus und versetzte das Publikum mit ihrem virtuosen Spiel in Erstaunen. Auch der Dritte in der Runde beeindruckte mit einem Solo-Stück: „Paisaje cubano con campanas“ (Leo Brouwer): Gitarrist Thomas Etschmann fing mit seinem tempo­reichen Spiel und flinken Finger­wechseln das Flirren der Hitze in der kubanischen Sommerlandschaft ein. Wer genau hinhörte, konnte sogar den Klang von Glocken aus der Fer­ne in der Komposition ausmachen.

    Immer wieder führten die Sätze der Serenade auf die Pfade der Klas­sik zurück; Flöte, Viola und Gitarre verschmolzen miteinander und bo­ten einen reizvollen Klang. Dabei ge­lang es dem Trio mühelos, den Kon­trast zwischen Beethoven und den zeitgenössischen Kompositionen be­wusst herauszuarbeiten und Bezüge herzustellen.

    Das „Pegasus Trio“ bescherte dem Neustädter Publikum mit einer ab­solut außergewöhnlichen und ebenso hörenswerten Zusammenstellung der Werke einen spannungsreichen Abend zu Ehren Beethovens; die An­wesenden dankten es mit langem Applaus.

    EVELYN BECK-PIELER

  • FLZ, 16. Januar 2020

     

    Eine Dekade Neujahrskonzerte in Neustadt

    Hochkarätige Künstlerinnen und Künstler sorgen für herausragende Hörerlebnisse – Weitere Jubiläen von Komponisten und Werken gefeiert

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    NEUSTADT an der AISCH – Bereits zum zehn­ten Mal lud der Neustädter Förder­kreis „pro musica“ Musikfreunde zum Neujahrskonzert in die Neu­StadtHalle ein. Seit ihrem Bestehen entwickelten sich die Konzerte zu einem Publikumsmagneten; dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass auch die diesjährige Veranstaltung Wochen vor dem Termin ausverkauft war.

    Das Programm gestaltete sich um den zehnten Geburtstag: Das Würz­burger Kammerorchester unter der Leitung von Professor Wolfgang Kurz sowie die Solisten Ljuba Nitz (Sopran) und Sangmog Lee (Tenor) sowie das „Männer, Männer! Vokal­quartett“ bejubelten musikalisch das „runde Wiegenfest“. Es wurde ein Konzert, wie es sich der Jubilar ver­dient hatte – inklusive Ständchen, das Kurz eigens arrangierte: Zwi­schen Fanfarenstößen der Blechblä­ser suchten sich die bekannten The­men aus „Zum Geburtstag viel Glück“ beziehungsweise „Viel Glück und viel Segen“ ihren Weg.

    Die Vorsitzende des Förderkreises, Ulrike Wesche, würdigte die Vielsei­tigkeit der Konzertreihe, die 2011 von Dr. Dieter Geißendörfer ins Leben gerufen worden war, und die in Neu­stadt so gewachsene Tradition, das neue Jahr mit einem „klassischen und schwungvollen Konzert“ zu star­ten. In diese Tradition fügt sich das Würzburger Kammerorchester um Kurz, das bereits zum fünften Mal das Neujahrskonzert gestaltete, sehr gut ein. Auch die Wahl der Kompo­nisten drehte sich um Jubiläen. Ob 250, 175 oder 150 Jahre – Komponis­ten und Werke eint ein besonderer Jahrestag im Jahr 2020.

    Den musikalischen Auftakt liefer­te das Orchester mit der Sinfonie Nr.1 (C-Dur) von Ludwig van Beet­hoven, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr gedacht wird. Mit fri­schen Tempi zollten Dirigent und Orchester dem großen Sinfoniker ih­re Reverenz – spritzig und lebhaft in­terpretiert. In die Reihe der Jubilare gesellte sich auch der 1845 geborene Gabriel Fauré: Mit „Masque et ber­gamasque op. 112“ wurde zum Mas­kenball beim „Clair de Lune“ gela­den und in temporeichen Höhen zur Gavotte getanzt. Für weitere bemer­kenswerte Geburtstagsgratulationen sorgten die Solisten und das „Männer, Männer! Vokalquartett“.

    Mit imposanter Kraft in der Stim­me schmetterte Tenor Sangmog Lee das neapolitanische Volkslied „0 So­le Mio“. Leidenschaftlich und stür­misch durchdrang der Wunsch nach der italienischen Sonne die Neu­StadtHalle. Für ein Schmunzeln im Publikum sorgte das Männerquartett, das (vielleicht passenderweise?) mit dem „Weibermarsch“ aus der Operette „Die lustige Witwe“ koket­tierte. Mit Witz und Ironie besangen Alexander Geiger, Hemán Vuga, Taiyu Uchiyama und Simon Kuhn das weibliche Geschlecht. In die Runde der Gratulanten reihte sich auch Sopranistin Ljuba Nitz. Ihr warmer Schmelz zeichnete den Schmerz des liebeskranken Jägers­mannes im „Wilja-Lied“ nach.

    Kurz ließ es sich nicht nehmen, auch „persönlich“ zu gratulieren: Mit der Komposition „Dreihundert­sechsundsechzig“ für vier Männer­stimmen lieferte er mit einem Au­genzwinkern ein musikalisches Wetteifern um die Zahlen „365“ und „366“ – natürlich ein Verweis auf das Schaltjahr 2020.

    Übermütig sollte der Geburtstag mit der Polka „Ohne Sorgen“ von Jo­sef Strauss ein (vorläufiges) Ende finden. Doch die Mitfeiernden zeig­ten sich damit nicht einverstanden: Begeisterte Ovationen und Jubel for­derten mehr als eine Zugabe. Wenn das nicht ein enthusiastischer Auf­takt in die nächste Dekade war.

    EVELYN BECK

  • FLZ, 10. November 2019

     

    Liedgut auf der Höhe der Zeit

    Kammerkonzert-Trio überzeugte in der Rathausehrenhalle mit seinem ambitionierten Programm

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    NEUSTADT an der AISCH - Der Förderkreis „pro musica“ ist im Neustädter Konzertleben für besondere Glanzpunkte und Überraschungen immer gut. ­So gestaltete sich auch der Kammermusikabend in der Rathausehrenhalle am Sonntag zu einem Erlebnis ­für Freunde musikalischer Neubegegnungen und Reminiszenzen.

     

    Die drei Interpretinnen – in Neu­stadt durchaus keine Unbekannten – Elisabeth Ort (Sopran), Karoline Hofmann (Viola) und Britta Köstner (Klavier) musizieren, jede für sich genommen und auch als Ensemble, auf einem Niveau, das über provin­zielles Bemühen weit hinausreicht. Profis eben – dafür spricht schon die Programmgestaltung, die Liedkom­ponisten wie Max Bruch, Yrjö Kilpi­nen, Gija Kantscheli und Ralph Vaughan Williams den gebannt lau­schenden Zuhörern näherbrachten oder gar erst vorstellten.

    Da nahmen sich alte Bekannte, wie Franz Schubert mit seinem an­spruchsvollen Nachtstück oder Astor Piazzolla mit „Le grand tango" geradezu reminiszenzträchtig aus, pass­ten jedoch hervorragend ins Bild.

    Dieses gestalteten die drei Künstlerinnen homogen und mit gegen­seitiger Beachtung der jeweiligen Qualitäten. Elisabeth Ort, die Sopranistin mit der glockenreinen Stimme und dem intelligenten Einsatz ihrer vielfältigen Mittel, zu denen auch hervorragende Textverständ­lichkeit gehört, erwies sich prädesti­niert für die Interpretation gerade dieser zeitgenössischen Lyrikverto­nungen. Vor allem in den Christian-Morgenstern-Liedern des finnischen Komponisten Kilpinen konnte sie die wandlungsfähige Gestaltungskraft ihrer gut sitzenden Stimme und ihr Gespür für den tiefen Inhalt von Ly­rik in Verbindung mit Musik ein­drucksvoll präsentieren.

    So war Ort zusammen mit den beiden Instrumentalistinnen auch eine gute Anwältin für die Urauffüh­rung des Abends, der Fantasie op. 158 von Uwe Strübing nach zwei Herbst­gedichten von Theodor Fontane. Als Einführung in den Abend, der den Herbst und das mit ihm verbundene Todeserleben zum Inhalt hatte, er­wiesen sich die beiden uraufgeführ­ten Gesänge in ihrer Melancholie und in der harmonischen Reibung als adäquate Türöffner.

    Einen interessanten Kontrapunkt zu der leicht-lüftigen Sopranpräsenz bot auf dem Podium Hofmann mit ihrer Viola. Mit weicher, warmer Tongebung, aber auch mit kräftigen Aussagen führte sie ihr Instrument in einer Romanze von Max Bruch elegant in das Konzertgeschehen ein – der „gran tango“ im zweiten Teil er­füllte dann in allen Phasen das vor der Pause gegebene Versprechen.

    Köstner, die als Moderatorin die einzelnen Komponisten kurz vor­stellte, fungierte am Klavier als stüt­zende Begleiterin und Co-Musikan­tin, nicht ohne die Möglichkeiten zur solistischen Brillanz, die immerhin in den einzelnen Lyrikvertonungen auch mitgeboten waren, aufs Beste zu nutzen. So geriet der ungewöhn­liche Konzertabend zu einem beson­deren Erlebnis mit neuen Erfahrungen im Bereich des zeitgenössischen Liedschaffens.

    IRMGARD BAUR

  • FLZ, 15. Oktober 2019

     

    Spannend und lehrreich

    Bettina und Wolfram Born legten hohe Musikalität und Professionalität

    bei ihrem Kammerkonzert an den Tag

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    NEUSTADT an der AISCH - Mit einem unge­wöhnlichen Kammerkonzert über­raschte der Verein pro musica zu Be­ginn seiner herbstlichen Kammer­musik-Reihe das Publikum. Das Duo Bettina und Wolfram Born zeigte in der Kombination von Akkordeon und Piano die. Möglichkeiten auf, die ein „tango querido“ einem hochqualifi­zierten Duo bieten kann.

    Er kann solistische Exkursionen hervorrufen, aber auch zu geradezu erotisch anmutendem Zwiegesang der doch so unterschiedlichen Inst­rumente verführen. Und so erlebten die Besucher in der Rathausehren­halle ein spannendes Konzertereig­nis – kurzweilig, informativ-lehrreich durch die sehr geschickte Moderati­on, aber auch sehr unterhaltsam – zumal die beiden Interpreten an ih­ren Instrumenten hohe Musikalität und Professionalität bewiesen.

    Bettina Born bringt das Akkorde­on, zum Schmeicheln und Stampfen, zum rhythmischen Taktieren und tonschönem Schwingen – ein wahr­haft „klassisches“ Instrument, das weit entfernt ist von bloßem Volks­musik-Sound. Mit leicht angerautem Timbre stellte die Musikerin zudem auch noch in einem Lied ihre Ge­sangsbegabung unter Beweis.

    Wolfram Born am Piano gelang das Kunststück, sich aus dem Begleit­modus für die Eskapaden seiner Partnerin immer wieder zum solisti­schen Wort zu melden und dem Tan­go-Erlebnis mit elegant-brillanten Läufen und kräftigen Akkorden auch durchaus pianistisch einen beachtli­chen Stempel aufzudrücken.

    Am Rande sei vermerkt, dass die beiden Künstler auch als begabte Komponisten in Erscheinung traten. Daneben hatten sie noch die Werke von einigen unbekannteren Ton­dichtern aus dem späten 19. und frü­hen 20. Jahrhundert im Gepäck. Die Begegnung mit diesen, dem unge­wöhnlichen Duo und der interessan­ten Präsentation darf man als viel­versprechender Start in die Kam­mermusik-Saison von pro musica begreifen. Das macht Lust auf viele weitere Konzertereignisse.

    IRMGARD BAUR

  • FLZ, 18. September 2019

     

    BlechMafia zelebrierte Bläsermusik

    Gelungener Konzertauftakt des Förderkreises „pro musica“ –

    Mit raffinierten Arrangements folgte ein Höhepunkt auf den anderen

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    NEUSTADT an der AISCH - Einen gelungenen Auftakt zur neuen Konzertsaison präsentierte der Förderkreis „pro musica“ mit Vorsitzender Ulrike We­sche am Sonntagabend mit dem Konzert des Blechbläserensembles BlechMafia Nürnberg.

    Das Ensemble stellte einen Mix auf die Bühne, der die Zuhörer von der Hochklassik bis in die Gegenwart führte und so die verschiedenen Fa­cetten gepflegter Bläsermusik gera­dezu zelebrierte. Die Protagonisten jedenfalls verstehen ihr Handwerk: Regina Scherer und Matthias Eckart an der Trompete, Charly Hopp am Horn, Stephen Jenkins an der Po­saune und der Tubist Susumu Kaki­zoe verbreiteten - trefflich unter­stützt von Wolfgang Schniske am Schlagzeug – reinen Wohlklang mit weicher, sauberer Tongebung und fein aufeinander abgestimmten in­dividuellen Klangfarben der einzel­nen Instrumente.

     

    So entstand im Laufe des Abends ein zauberhaftes, sanft schwingen­des, aber doch dynamisches und ab­wechslungsreiches musikalisches Gemälde bläserischer Gestaltungskraft und Einfallsreichtums. „Wie ­Wasser zum Klingen kommt“ – woll­ten laut Vorankündigung und Pro­grammheft die sechs Musiker dem Publikum vermitteln. So hatten sie aus dem reichen Schatz von Film­musiken, aber auch gehobener Un­terhaltungsmusik jene Perlen he­rausgesucht, die sich erfahrungsgemäß hervorragend zur Bearbeitung für ein Blechbläserensemble eignen.

     

    Ein Höhepunkt folgte auf den an­deren, ob Debussys „Cathedrale Engloutie“ (Die eingesunkene Kathedrale), Tschaikowskis „Schwarzer Schwan“, Charles Trenets „Beyond the Sea“ oder Herbie Hancocks „Wa­termelon Man“ – die raffinierten Ar­rangements ließen die oft hinläng­lich bekannten Stücke neu glänzen und boten dem faszinierten Publi­kum immer wieder neue Facetten musikalischer Erlebniskultur.

     

    Die BlechMafia war ein echter Glücksgriff zum Beginn des Jahres­programms von pro musica, das mit einem gut platzierten Flyer Lust auf weitere Konzerterlebnisse macht: Im Oktober lockt „Mi Tango querido – Malena“ – ein Duo-Abend der beson­deren Art. Im November steht ein Konzert für Sopran, Viola und Kla­vier ins Haus, im Februar begleitet die Zuhörer das Pegasus Trio, beste­hend aus Flöte, Violine und Klavier auf das Abenteuer musikalischer Zeitsprünge, im März stellt Sopra­nistin Anna Gann zusammen mit Pianistin Naoko Krist Kato Werke ver­gessener jüdischer Komponisten der Romantik vor und im April schließ­lich sind kammermusikalische Rari­täten aus Barock- und Renaissance­zeit zu hören.

    IRMGARD BAUR

  • NN online, 16. Juli 2019

     

    Künstler klopfen in Neustadt an

    Förderkreis "pro musica" in der Musikszene bestens etabliert

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    NEUSTADT/AISCH - Gut bis sehr gut besuchte Konzerte, ein durchweg gutes Feedback, eine ebenso stabile Mitgliederzahl wie Finanzlage: Der Förderkreis "pro musica" kann zufrieden auf eine "sehr erfolgreiche Saison zurückblicken" und mit gleicher Vorstandschaft neue Pläne schmieden.

     

    Dabei bleibt man sich seinen Maximen treu, wie es Vorsitzende Ulrike Wesche und ihr Stellvertreter Georg Hopfengärtner in der Mitgliederversammlung betonten. Das musikalische Angebot, bei dem Wünsche aus dem Mitgliederkreis richtungweisend sind, soll verschiedene Stilrichtungen und Epochen umfassen, mal beschwingt, mal ernst sein und auch mal den Anspruch an neue Hörgewohnheiten erheben, schmunzelnd umschrieben mit "Erhörtem und Unerhörtem". Heimische Interpreten werden ebenso weiterhin das Programm mitgestalten, wie überregionale Künstler, die auch schon "weltweit angereist" sind.

    Ulrike Wesche freut sich, dass das "auf hohem künstlerischem Niveau gehaltene Programm" zunehmend auch Musikfreunde aus dem Landkreis und darüber hinaus anspricht und die Konzerte überwiegend gut besucht sind, man sogar schon infolge starker Nachfrage von der Rathaus-Ehrenhalle in das Evangelische Gemeindezentrum ausweichen musste. Erster Bürgermeister Klaus Meier, der das Wirken von "pro musica" als wertvolle Bereicherung des kulturellen Lebens würdigte, das Neujahrskonzert als "Highlight sowie Institution" heraushob, und allen dankte, die sich im 92 Mitglieder starken Verein beispielhaft engagierten, bot dem Förderkreis das städtische Nutzungsrecht am Gemeindezentrum an, wo man auch dem vielfach bei klassischen Konzerten störenden Lärmen auf dem Marktplatz ausweichen könnte.

    Meiers Kompliment und Ermunterung "so weiterzumachen" erwiderte Vorsitzende Wesche mit dem Dank für die gute Zusammenarbeit mit dem Kulturamt. Dass sich "pro musica" auf einem sehr guten Weg befindet, bestätigen zunehmend Angebote von Interpreten und Orchestern, gerne wieder einmal nach Neustadt zu kommen. Man schätze hier, so gab es Georg Hopfengärtner weiter, die schöne Atmosphäre und Resonanz des Publikums. Und auch der Anspruch an die musikalische Qualität genieße in Künstlerkreisen hohe Wertschätzung.

     

    Vorstand einstimmig bestätigt

    Der konnte sich auch die Vorstandschaft versichert sehen, der nach dem trotz unterschiedlichen Konzertdefiziten positiven Bericht von Schatzmeister Martin Wolfart sowohl einstimmig die Entlastung erteilt, wie für eine weitere Amtsperiode das Vertrauen ausgesprochen wurde. Der Wahlleitung war es dabei mit der "Blockabstimmung" leicht gemacht. Ulrike Wesche wurde mit Georg Hopfengärtner als Vorstandsduo bestätigt, ebenso Kassier Martin Wolfart, wie die Beisitzer Ellen Schuster und Christiane Wolfart.

     

    "Einen guten Start hinlegen" will man in die neue Saison mit dem großen Sommerkonzert, zu dem sich "pro musica" am Sonntag, 15. September, eine volle "NeuStadtHalle am Schloss" erhofft, wenn die "BlechMafia" den "Klangauftrag H2O – wie Wasser zum Klingen kommt" erfüllt. Matthias Eckart "Trompete" und Wolfgang Schniske (Schlagwerk) sind die Neustädter "Lokalmatadore" im Nürnberger Sextett. Der Vorverkauf im Neustädter Buchhandel ist angelaufen.

     

    Tangorhythmen und russische Klänge

    In die "Rathaus-Ehrenhalle" lädt "pro musica" am Sonntag, 13. Oktober zu Tangorhythmen mit Wolfram und Bettina Born (Klavier und Akkordeon), am Sonntag, 20. November, zu "Kammermusik für Sopran, Viola und Klavier" mit Elisabeth Ort, Karoline Hofmann und Britta Köstner, sowie am Sonntag, 29. Dezember, zu "Klängen aus dem alten und neuen Russland" ein. Dabei gibt es ein Wiederhören mit dem Balalaika-Orchester aus St. Petersburg, zu dem es einst enge Neustädter Verbindungen gab. Ferner wirken namhafte Solisten mit.

    Für das "Festliche Neujahrskonzert" mit dem Kammerorchester Würzburg und Solisten am Sonntag 12. Januar 2020, wird ein besonderes Programm vorbereitet, ließ Ulrike Wesche wissen. Denn "pro musica" lädt zu einem Jubiläumskonzert ein, wird mit ihm doch bereits zum zehnten Mal das neue Jahr musikalisch begrüßt. Ebenfalls ein Jubiläum prägt das Konzert "Beethoven plus…" am Sonntag, 9. Februar 2020, wenn zum 250. Geburtstag des großen Meisters auch zeitgenössische Komponisten gratulieren.

     

    Weit ins Jahr 2021 geplant

    Werke vergessener jüdischer Komponisten der Romantik erklingen am Samstag, 14 März, mit dem "Gernsheim-Duo" Naoko Christ-Kato (Klavier) und Anna Gann (Gesang) in der Rathaus-Ehrenhalle und am Sonntag, 19. April, ist mit "Caprize" Barock- und Renaissancemusik eine Premiere verbunden. Denn dazu lädt "pro musica" in die St. Johanneskirche in Diespeck mit ihrer ausgezeichneten Akustik ein. Die Planungen des Förderkreises reichen schon weit in die Saison 2020/21 hinein, in der bereits eine Beethoven-Lese-Konzert am 7. Februar 2021 im Nachklang zum Beethoven-Jahr sowie am 9. April 2021 in der Birkenfelder Klosterkirche ein Konzert mit dem Klenke-Streichquartett aus Weimar vorgemerkt werden können. Ebenso wie das "Schmuck-Trio" aus Wuppertal am 11. Oktober 2020 und ein Klavierabend mit Anne Riegler aus Würzburg am 15. November 2020, das mit Weltmusik geplante große Sommerkonzert am 20. September 2020 und das "Festliche Neujahrskonzert" am 18. Januar 2021 inklusive.

    In Kürze kann man sich über das Programm von "pro musica" online informieren. Armin Held hat die Homepage für den Förderkreis erstellt, die er mit viel Beifall der Mitgliederversammlung präsentierte. Unter www.promusica-nea.de soll sie zum Wochenende freigeschaltet werden und durch die Vernetzung mit anderen Veranstaltern zeigen, "was im Landkreis alles geboten ist". Nach einer Pause freute man sich im Förderkreis, das "Verona wieder an Horizont", im August 2020 eine Fahrt zu einer Neuinszenierung geplant ist.

    HARALD J. MUNZINGER

  • FLZ, 17. April 2019

     

    Gelungene Parallelen zwischen Wort und Musik

    Besucher erlebten großartiges musikalisches wie auch christlich-meditatives Erlebnis mit dem Fürther Elisen-Quartett

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    BIRKENFELD - Zum Konzert des Neustädter Förderkreises „pro mu­sica" konnte Ulrike Wesche in der Birkenfelder Klosterkirche das Für­ther Elisen-Quartett begrüßen. Im Verein mit den verbindenden Wor­ten von Pfarrerin Sabine Raben­stein vermittelte sich dem zahlreich versammelten Publikum ein groß­artiges musikalisches wie christlich-meditatives Erlebnis.

    Die vier Musikerinnen - Anja Schaller und Maria Schalk (Violi­ne), Karoline Hofmann (Viola) und Irene von Fritsch (Violoncello) - hat­ten mit dem neunsätzigen Zyklus „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze" von Joseph Haydn die musikhistorisch viel­leicht reifste· instrumentale Kompo­sition zur Passionszeit gewählt und sie deuteten diese mit historischer Aufführungspraxis nachempfunde­ner expressiver Kraft und Schnör­kellosigkeit.

    Sabine Rabenstein vermittelte Hintergründe zum Werk nur in knappster Form und beleuchtete dann zwischen den musikalischen Betrachtungen das jeweilige Zitat aus dem Munde Jesu, wie es die Evangelisten wiedergeben, in allge­meinverständlicher und anschauli­cher Exegese.

    So wurde den Zuhörenden bewie­sen, wie genial es Haydn gelingt, einen Bogen zu schlagen zwischen nachbarocker Rhetorik und klassi­scher Formerfüllung. Es kam ge­wiss keine Langeweile auf bei den fast durchwegs getragenen „Sona­ten", denn die technisch kaum zu differenzierenden Tempobezeich­nungen ,,Adagio", ,,Lento", ,,Largo", „Grave" und „Maestoso" mögen auf unterschiedliche Charaktere verwei­sen, erlaubten dem Hörer aber nicht wirklich trennscharfe Zuordnungen. Insofern war es allein das Ver­dienst des Quartetts, Parallelen zwi­schen Wort und Musik aufzutun und dabei Unterschiede im Grad der Re­flexion zwischen beinahe Naturalis­tischem und primär Strukturellem wahrzunehmen und zu interpretie­ren.

    Es war nicht schwer zu hören, wie raffiniert Haydn durchwegs zwi­schen dem Dur- und dem Moll-Ge­schlecht changiert und manch un­gewohnte harmonische Rückung wagt, die von Schubert stammen könnte. Noch zwei konkrete Bei­spiele von vielen möglichen zu Ein­zelaspekten - zunächst: ,,Frau, sie­he, das ist dein Sohn". An Mozarts modern-kommunikative Freimau­rer-Gesten gemahnte eine choralhaf­te Sanglichkeit. Dann: ,,Mich dürs­tet". Faszinierend, wie auf Pizzicati schärfste Unisono-Schläge folgten. Nur der ruhelose finale Satz „Terremoto. Presto con tutta la forza", rief den· nichtverbalen Zusammenhang des verbalen Geschehens in Erin­nerung. Die Passionsgeschichte war nicht nur ein Erdbeben für die Menschheitsgeschichte, sondern führte auch real-symbolisch zu ei­nem solchen. Diesbezüglich bedurf­te es keiner Exegese. Erfreulich, dass das äußerst konzentrierte Birken­felder Publikum am Ende mit sei­nem herzlichen Beifall noch ein we­nig gewartet hat. Ob Haydn mit die­sem Finale denn doch auf Rezepti­onskonventionen geschielt hat, sei dahingestellt. Ganz ohne Humor ging es bei ihm kaum jemals ab.

    WOLFGANG ZIMMERMANN