Das KONZERT-Programm
für die Saison 2022/2023
sind in Planung.
und Nachholtermine
des Würzburger Kammerorchesters >>
Presseberichte
FLZ, 22. Juli 2021
pro musica startet wieder durch
Verein kündigt für den September die Wiederaufnahme
der Klassik-Konzerte an
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NEUSTADT an der AISCH (pat) – Nach der langen „coronabedingten“ Konzertpause gibt es in Neustadt ab September wieder regelmäßig „lebendige und hochwertige Kammermusik“. Wie die Vorsitzende des Vereins „pro musica“, Ulrike Wesche, nun ankündigte, werde man ein vielfältiges Konzertprogramm mit Musik aus verschiedenen Epochen und Stilrichtungen anbieten – dargeboten von regional und überregional tätigen Künstlerinnen und Künstlern. Für den rein ehrenamtlich tätigen Verein ist laut Wesche die Bewältigung der vergangenen Monate nicht ganz einfach gewesen. Mehrfach mussten Konzerte abgesagt, verschoben und umorganisiert sowie neue Konzerttermine mit den Musikern vereinbart werden.
Einige Wermutstropfen bleiben auch nach dem Neustart: So kann pandemiebedingt der bisherige Veranstaltungsort, die Rathausehrenhalle in Neustadt, nicht mehr für Konzerte genutzt werden, der Organisationsaufwand für die einzelnen Abende sei erheblich gestiegen. Umso erfreulicher ist es, dass alle Veranstaltungen in der NeuStadtHalle stattfinden können. Die Anzahl der Sitzplätze ist jedoch begrenzt, außerdem werden diese beim Einlass zugewiesen.
Bei allen Konzerten gelten die zum jeweiligen Zeitpunkt aktuellen behördlichen Vorschriften, Abstands-, Hygiene- und Verhaltensregeln.
Eröffnet wird die Konzertreihe am 24. September mit dem international erfolgreichen Quartett „Quadro Nuevo“. Es macht im September in der NeuStadtHalle Station, eingeladen von pro musica, dem Weltladen und der Stadt. Weitere Gäste sind am Samstag, 9. Oktober, das „Trio Schmuck“, dessen Programm „Vom Gassenhauer zu nächtlichen Weisen“ heißt und am Sonntag, 24. Oktober, spielen dir in Neustadt bestens bekannte Pianistin Britta Köstner und Wolfgang Schniske, Leiter der Musikschule, ein Programm unter dem Motto „Piano meet: percussion“.
Kartenvorverkauf über die Buchhandlungen Dorn und Schmidt. Weitere Infos unter www.promusica-nea.de.
PATRICK LAUER
FLZ, 27. September 2021
Von der mediterranen Leichtigkeit des Seins
Die unaufgeregten Virtuosen von Quadro Nuevo begeistern in der NeuStadtHalle mit südlich~swingendem Klang
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NEUSTADT an der AISCH – Zum Ende der „Fairen Woche 2021“ hatten der Neustädter Weltladen und der Förderverein pro musica mit Hilfe der Stadt am Freitag zu einem Konzert in betörenden Klangfarben in die NeuStadtHalle geladen. Quadro Nuevo zelebrierten dabei die betörende Leichtigkeit des mediterranen Seins.
Nach dem Durchlaufen der strengen, gut organisierten 3G-Kontrollen nahmen die zahlreiche Konzertbesucher ihre Plätze ein. Hallenchef Bastian Haas hatte einen umsichtigen, ausgeklügelten Sitzplan erstellt. Klaglos wurden die Sicher-heitsmaßnahmen von den meisten Besuchern akzeptiert, teilweise sogar begrüßt.
Ab dem ersten Ton war die Spielfreude der Formation zu spüren. Andreas Hinterseher bediente Akkordeon und Bandoneon virtuos und trug so manche eingehende, sanfte Melodie auf seinem Vibrandoneon bei. Mulo Francel, versierter Saxophon- und Klarinettenspieler, erwies sich nicht nur als charmanter Conferencier, sondern auch als Herr über waghalsige Klarinettenläufe und ruhig schwingende Saxophonvibratos. D.D. Lowka, Kontrabass und Perkussion, über-zeugte als geradliniger Rhythmusgeber. Zwischenzeitlich funktionierte er lächelnd seinen Kontrabass temperamentvoll zu einer Cajón um oder entlockte ihm fröhliche südlich-swingende Melodien. Der Jazzgitarrist und Komponist, Paulo Morello, der nicht zur ständigen Besetzung der Gruppe gehört, begeisterte mit eigenen Kompositionen. Er ließ seine Gitarren im Bouzouki-, Mandolinen- oder Balalaikasound erklingen.
Musik und Licht statt der großen Show
Auf eine große Bühnenshow verzichteten die Musiker. Sie ließen ihrer Musik den gebührenden Raum – Showeffekte waren überflüssig. Lediglich eine dezente Illumination unterstrich ihr Spiel. Italienische Tangos, französische Valse, ägäische Mythen-Melodien, argentinische Tangos, orientalischer Groove, Brazilian Flavour und neapolitanische
Gassenhauer mit Titeln wie Ada's Song, Kaliji Steps, Samba di Didi oder Samba Boy sowie Die Reise nach Batumi versetzten die Zuhörer in eine andere, freundlichere, sonnigere und deutlich unbeschwertere Welt. Musikalisch fanden sie sich in Pariser Bistros, im orientalischen Basar, in argentinischen und brasilianischen Bars oder in der quirligen italienischen Hafenstadt Neapel wieder.
Mit jedem Vortrag zeichneten die sympathisch unaufgeregten Musiker ein musikalisches, einprägsames Bild der vielen von ihnen bereisten Länder. In „Ikarus' Dream" beschrieben sie anhand der griechisehen Mythologie einfühlsam den Blick von der Insel Samos über das Meer und den Wunsch nach Freiheit. Nach der letzten Zugabe, dem Cha-Cha-Cha Luna Rossa, trugen die Besucher in ihren Köpfen Bilder vom Urlaub in einem unbekannten Paradies, dem Duft nach Dolce Vita und reifen Zitronen mit sich. Pro musica, Weltladen und Stadt präsentierten den Neustädtern und etlichen Auswärtigen ein erlebnisreiches, entspannendes, vor allem hochqualifiziertes Konzert. Der Aischgrund darf sich wahrlich glücklich schätzen, dass pro musica immer wieder derartige Musiker ausfindig macht und nach Neustadt bringt.
RÜDIGER PFEIFFER
FLZ, 12. Oktober 2021
Wiener Klassik trifft Tango nuevo
Junge Musiker des Trios Schmuck begeistern in der NeuStadtHalle
mit Beethoven, Chopin und Piazzolla
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NEUSTADT an der AISCH – Die drei hochbegabten, mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten jungen Musiker des Trios Schmuck – Sayaka Schmuck (Klarinette), Kasia Wieczorek (Klavier) und Ken Schumann (Violine und Viola) – haben in der NeuStadtHalle bei ihrem Konzert „Vom Gassenhauer zu nächtlichen Weisen“ fulminant überzeugt.
Ein kammermusikalisches Trio in der genannten Instrumentierung erscheint heute ungewöhnlich. Im 19. Jahrhundert bevorzugten jedoch zahlreiche Komponisten solch eine Besetzung. Auch der junge Ludwig van Beethoven gehörte dazu. In seinem humorvollen „Gassenhauer Trio“ lässt er bereits sein ungestümes Temperament erkennen.
Dieses Frühwerk enthält aber auch für ihn eher untypische weiche, filigrane Klangfolgen. Beethoven bearbeitete die eingängige Melodie aus Joseph von Weigels Oper „Der Korsar aus Liebe“. Im damaligen Wien wurde diese einprägsame Melodie zum Gassenhauer und war vielfach zu hören. Die drei Musiker meistern die anspruchsvollen Passagen mit Präzision und Leichtigkeit. Man genießt den Schalk, mit dem Beethoven das Thema vielfältig aufarbeitete. Im folgenden Nocturne lässt Pianistin Wieczorek, den Flügel kraftvoll anschlagend, kontrastierend dazu feinfühlig, melancholisch erklingen. Ihre Körperspannung, ihre Mimik unterstreichen die musikalisch perfekt gelungene Interpretation der Komposition von Frederic Chopin.
Es folgt „Meditation“, ein Evergreen der Klassik. Das Stück für Solovioline und Orchester scheint dem Streicher Ken Schumann auf den Leib geschrieben. Er, der für seine verhinderte Schwester Lisa Maria einsprang, streicht leidenschaftlich, gefühlvoll die Violine.
Mit Leidenschaft und einfühlsam
Schumann, Mitglied des bekannten „Schumann Quartetts“, konzertiert regelmäßig in den großen Konzertsälen dieser Welt. Die NeustadtHalle ist ihm nicht zu gering, dem Publikum zu beweisen, wie ernst er es nimmt. Mit musikalischer Leidenschaft interpretiert er dieses symphonische Intermezzo aus der Oper ,,Thais“ des französischen Komponisten Jules Massenet. Einfühlsam, unaufdringlich, jedoch selbstbewusst begleitet ihn Kasia Wieczorek am Flügel.
„Die vier Jahreszeiten“ von Astor Piazzolla stehen nach der Pause auf dem Programm. Der Jahreslauf im Rhythmus des Tango nuevo beschreibt die sengende Sonne Argentiniens, gewaltige Gewitter, leise rieselndes Herbstlaub, trübe Wintertage und die explosiv erwachende Natur im Frühling. Ausdrucksstark, rhythmisch harmonisch, musizieren und interpretieren die drei Instrumentalisten erneut kongenial. Witzige Glissandi und Pizzicati der Violine, waghalsige Läufe und Triller der Klarinette und ein virtuos untermalendes Klavierspiel zeichnen diesen zweiten abwechslungsreichen Konzertteil aus.
Die Zugabe, eine Tango-Ballade, beendet ein träumerisches, imposantes, einmal durfte das klassisch interessierte Publikum ein musikalisches Highlight genießen. Ungewöhnlich für eine Kleinstadt wie Neustadt. Dem Förderkreis pro musica gelang es dank finanzieller Unterstützung des Lions Club, in der vielfältigen, abwechslungsreichen Kulturszene von Neustadt erneut einen Akzent zu setzen. Das galt im Übrigen sogar für die Pause: pro musica schloss sich dem Fairtrade-Konzept der Stadt Neustadt an und bietet künftig regionale, fair gehandelte Bioprodukte an.
RÜDIGER PFEIFFER
FLZ, 8. November 2021
Mitgliederversammlung vom 5. November 2021
So viele Konzerte wie noch nie
Der Förderkreis „pro musica“ hat Rüdiger Pfeiffer zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt – Den Kulturhunger der Leute stillen
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NEUSTADT an der AISCH – „Ich habe immer bewundert, was durch diesen kammermusikalischen Verein in Neustadt geboten wird.“ Dieser Satz stammt von Rüdiger Pfeiffer. Der durch den Neustädter Posaunenchor seit über 50 Jahren bekannte Trompeter wurde bei der Jahresversammlung des Förderkreises „pro musica“ zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
„Wir sind volljährig geworden“, bemerkte die wiedergewählte Vorsitzende Ulrike Wesche. In diesem Zusammenhang war es auch zu sehen, dass Georg Hopfengärtner, der den Konzertbesuchern von der Kasse wohlbekannt ist, nach 18 Jahren im Vorstand – seit Vereinsgründung – nicht wieder zur Wahl als stellvertretender Vorsitzender antrat: „Die
Konzerte waren klasse und das Geld reichte immer gerade so. Das waren tolle Jahre“, fasste er zusammen. Pro musica genieße einen „tollen Ruf“ und sei „eine Bereicherung der lebendigen Kultur in unserer Stadt“. Doch die Zeit sei jetzt für ihn persönlich reif für andere Interessen. Für Rüdiger Pfeiffer kam die Anfrage zur Kandidatur nicht überraschend. „Ich sehe in diesem Verein einen großen Sinn“, sagte er. Pro musica konnte in der Pandemiezeit von der Rathausehrenhalle in die größere NeuStadtHalle ausweichen. Das ist laut Wesche ein idealer Spielort für die in der Regel 60 bis 100 Konzertbesucher, die dort perfekt auf Abstand sitzen können. Wie Wesche – ihr stehen die wiedergewählten Beisitzerinnen Ellen Schuster und Dr. Christiane Wolfart zur Seite – ausführte, fand ein Jahr lang wegen Corona keine Mitgliederversammlung statt. Bis zum Sommer dieses Jahres habe man „quasi kulturlos gelebt“. Doch im Herbst sei man erfolgreich mit dem Konzert von Quadro Nuevo durchgestartet.
Corona-bedingt waren acht Konzerte ausgefallen. Die meisten davon wurden auf die jetzige Saison verschoben. „Insgesamt bieten wir in dieser Saison zehn, eigentlich elf Konzerte an – mehr als je zuvor“, so Wesche. Denn das Neujahrskonzert „Maskerade“ am Sonntag, 16. Januar 2022, mit dem Würzburger Kammerorchester wird zwei Mal in der NeuStadtHalle aufgeführt: um 12 und um 17 Uhr. Im Vorverkauf sind für beide Konzerte noch Karten erhältlich. Als besonderes Ereignis kündigte Wesche das Klenke-Quartett aus Weimar am Sonntag, 6. März, an.
Bedeutendes Streichquartett
Dies sei eines der bedeutendsten deutschen Streichquartette. Man wolle viel veranstalten, denn die Menschen seien kulturhungrig – und die Künstler teils existenziell von der Pandemie betroffen. Diese Vielzahl stelle den Verein an seine finanziellen und organisatorischen Grenzen. Die Vorsitzende listete die Erfolgsfaktoren des Vereins auf. Das seien die 89 Mitglieder und deren Beitrag, die Auswahl der Konzerttermine die mit anderen Veranstaltern im Landkreis abgestimmt werden, die Werbung, die Teamarbeit, die Homepage (www.promusica-nea.de) und die regelmäßigen Helfer, gerade in Corona-Zeiten. Auch dank Sponsoren und Spenden habe man trotz Corona einen „guten Grundstock“, sagte der wiedergewählte Schatzmeister Martin Wolfart. Doch Wesche stellte klar: „Auch wenn die Konzerte gut besucht sind, gibt es keines, das im Plus endet.“
Wesche hob das hohe Niveau der Veranstaltungen hervor, was inzwischen von den Besuchern erwartet werde. Viele Bewerbungen für Auftritte lägen stets vor. Die Vorsitzende, die häufig zu Konzerten in andere Städten fährt, die Künstler oder CDs oder YouTube prüft, erhielt Applaus für ihr Engagement – und auch den Wunsch, „dass wieder eine Fahrt nach Verona stattfindet“.
Saison 2022/23 wirft Schatten voraus
In der Saison 2022/23 will „pro musica“ wieder die ursprünglichen acht Konzerte veranstalten. Offene Wünsche aus der Mitgliederversammlung des Jahres 2020 waren ein Klavierabend mit Anne Riegler, ein Programm mit Ulrike Hünefeld, ein Holzbläserensemble mit Fagott und Gitarrenmusik.
Verträge, Vorgespräche, Anfragen und Ideen gibt es in unterschiedlicher Weise, so mit dem Trio Klangwelt (Klarinette, Violine/ Viola, Klavier). Zum Jahreswechsel 2022/23 ist ein Abend zum Thema „Raureifnächte“ mit Ulrike Bergmann anvisiert. Einen Liederabend zu Heinrich Heine unter dem Motto „Tausendkunst“ (Sopran, Bariton, Klavier) hat man auf der Liste, ebenso das Klaviertrio „toninton“ mit Cello, Violine und Klavier. Offen ist noch das Ensemble für das übernächste Neujahrskonzert am Sonntag, 15. Januar 2023. Des Weiteren ist unter den Mitgliedern der Wunsch nach einem Streichquartett, nach Blechbläsern und Klavier laut geworden. Das Sommerkonzert des Jahres 2023 – am 24. September (ein Sonntag) – mit der Marcus Marr Big Band steht bereits fest. Da der Verein im Jahr 2023 sein 20-jähriges Bestehen feiert, denkt man auch über ein „großes Jubiläumskonzert“ nach.
ANITA DLUGOSS
FLZ, 10. November 2021
Dunkle Tonfarben mit
überraschender Durchschlagskraft
Das „ensemble sonorizzonte" hinterließ in der NeuStadtHalle einen grandiosen Gesamteindruck – Mit Schwung und Improvisationsgeist
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NEUSTADT an der AISCH – NeuStadtHalle statt Ehrenhalle – der Förderkreis pro musica hatte den Konzertgästen in schwierigen Zeiten mehr Luft verschaffen können. Und akustisch haben die drei hochprofessionellen Spezialisten des „ensemble sonorizzonte“ ebenso wenig ernsthafte Verluste hinnehmen müssen wie das Publikum.
„Kammermusikalische Raritäten“ verspricht der Programmzettel. Dies scheint eine pauschalierende Untertreibung. Denn Jessica Kuhn, die drei Violoncelli aus der Barockzeit mitgebracht hat – darunter ein kleineres Instrument mit Erweiterung in der Höhe, der Gambist Arno Jochem de la Rosee und der Lautenist Andreas Arend haben sich an diesem Spätnachmittag Klängen aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg bis hin zum Spätbarock gewidmet. Arend spielt allerdings in Neustadt keine uns geläufige Laute, sondern eine Theorbe, die sich durch wesentlich mehr Saiten und einen besonders langen Hals unterscheidet. Hintergrundinformationen über die Tätigkeit der Komponisten an den Höfen Frankreichs, Englands oder Fürstendeutschlands werden en passant kenntnisreich vermittelt. Man erfährt, dass eigentlich jeder, ob John Jenkins, Tobias Hume, Robert de Visée oder Marin Marais, seinerzeit erfolgreich war - gewiss im Rahmen
einer absolutistischen Dienstherrschaft.
Den bekanntesten Namen trägt der vermutlich Jüngste im Bunde, Francois Couperin. Ihm gelingt das musikalische Miteinander des französisehen
und des italienischen Stils – „Les gouts-reunis“ heißt die Sammlung, aus der ein Duo interpretiert wird. Bemerkenswert scheint, dass noch eher mit der formstrengen Suite in G von Marais jene Ausgewogenheit erreicht scheint, die bereits an Bach gemahnt.
Originelle Vorausschau auf den Manierismus
Das Gegenteil verkörpern indes Stücke für die Viola da gamba solo, die gute hundert Jahre früher Tobias Hume verfasst hat. Nicht nur praktiziert er erstmals die Bogentechnik des Col legno, sondern es wird auch gezupft oder gehämmert. In ihrer Unberechenbarkeit eine originelle Vorausschau auf den Manierismus des
Stürmers und Drängers Carl Philipp Emanuel Bach. „Caprice“ heißt denn auch das Programm in seinem Untertitel.
Am Ende steht eine Sonate des Thüringers Johann Michael Nicolai. Zwar gestattet sich das Trio, auf pfiffige Weise die Partitur zu erweitern, anzureichern, aber allenthalben eigen sind ihr folkloristische Züge, ein herzhaft tänzerisches Moment – generell keineswegs etwas der Barockzeit Fremdes, hier jedoch nicht in stilisierte Klischees gebannt.
Es ist sonore Musik in den diversen Schattierungen des Begriffs – und der Name, den sich die Gruppe gegeben hat, weist ja daraufhin. Man ist verblüfft über die dunklen Farben, man ist überrascht von deren Durchschlagskraft – und das gilt für alle drei Instrumente, ob sie allein, zu zweit oder zu dritt sich präsentieren. Dass Schwung, Improvisationsgeist und rhetorische Gestaltung wichtiger sind als Tonschönheit – umso besser.
Zwei – vielleicht geschmäcklerische – Desiderata seien angemerkt. „Horizonte“ will das Trio laut ihrem Gründungskonzept auch ins 21. Jahrhundert hinein eröffnen, nicht nur in der Alten Musik. Schade, dass es keine Kostprobe gab. Und jene wunderbar singende Zugabe, ein schottisches Lied, in den Ohren, hätte man sich mehr sonore und federführende Melodik des Barockcellos schon vorher gewünscht. Hörbar hatte zumindest eines der Celli deutliche Höhenprobleme. Zu viel der Obertöne quasi, vielleicht temperaturbedingt.
Dies tut dem grandiosen Gesamteindruck aber wahrlich keinen Abbruch.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 22. Februar 2022
Neuentdeckungen jenseits der Vorurteile
Das Gernsheim-Duo präsentiert in der NeuStadtHalle ein Konzert mit Werken fast vergessener jüdischer Komponisten
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NEUSTADT an der AISCH – Ulrike Wesche, Vorsitzende des Vereins „pro musica“ wies bei der Begrüßung zum Konzert des Gernsheim-Duos in der NeuStadtHalle auf den Kontext hin: Bereits vor dem Konzert bestand die Möglichkeit für Interessierte, eine Museums-Sonderöffnung im benachbarten Alten Schloss wahrzunehmen. Einmal mehr geht es um jüdische Kultur in Franken.
Damit jedoch zum eigentlichen Konzertereignis: Anna Gann (Sopran) und die Pianistin Naoko Christ-Kato hatten sich vor einigen Jahren zusammengetan, um liebevoll und akribisch ihre künstlerischen Berufe mit Archivarbeit zu verknüpfen. Ihre Neugier gilt Kunstliedern, die von „vergessenen“ Komponisten jüdischen Glaubens um die Wende zum 20. Jahrhundert aus spätromantischem Geist geschaffen wurden. Eine 2019 veröffentlichte CD-Produktion versammelt Weltpremieren von Liedern Friedrich Gernsheims.
Anna Gann eröffnete dem Publikum ihre These, die – im Rahmen des Programms – nur Maurice Ravel nicht betrifft. Seine quasi rezitativische, personalstilistisch nahezu neutrale Vertonung des Kaddisch-Gebets kennt vermutlich nicht jeder, der Ravel zum Lieblingskomponisten erklärt hat. Die im Konzert aufgeführten deutschsprachigen Komponisten, also Friedrich Gernsheim, der etwas bekanntere Karl Goldmark und der wohl noch weniger geläufige Salomon Jadassohn, genossen Ansehen in ihrer Zeit, die sie epochenstilistisch mitgestalteten.
Dies geschah nur bedingt in spezifischen Idiomen, auch gewiss in keinen jüdisch kolorierten. Nach ihrer radikalen, und rein ideologisch motivierten Verdrängung im Dritten Reich kann man erst seit Kurzem eine gewisse Renaissance beobachten. Verdeckte, quasi unterbewusste Ressentiments könnten hierbei eine Rolle spielen, die es vor 130, 150 Jahren gar nicht gab und die jetzt offenbar nicht leicht zu überwinden seien – so vermutet es zumindest Anna Gann. An der gefälligen Musik per se kann es jedenfalls nicht liegen.
Man mag hier einwenden, dass Musikliebende in unserer Medienwelt mit den genannten Namen bequem in Berührung kommen können, ohne mehr als rein musikalische Neugier zu befriedigen, ohne die beschriebenen Hintergründe überhaupt erst kennenzulernen. Dies hätte dann nichts mit Vorurteilen zu tun.
Es ändert indes nichts am Alleinstellungsmerkmal und am ungeheuer großen Wert der Arbeit des Gernsheim-Duos – schlicht weil zwar einzelne Sinfonien, Konzerte, Kammermusik und eine Oper (Goldmarks „Die Königin von Saba“) bekannt sein können, aber kaum die Kunstlieder.
Naoko Christ-Kato begleitete ihre Kollegin äußerst wandlungsfähig, konzentriert und in bestverstandenem romantischen Duktus; der wunderbare Flügel trug ein Wesentliches dazu bei. Mit zwei gefälligen Genrestücken, die sich zwischen der Fin-de-Siècle-Eleganz eines Lehar und chopinesk abgetönten Figurationen bewegen, agierte sie als Solistin. Die gewählten Lieder erwiesen sich als verblüffend vielfältig: die Themen betreffend, die Strukturen, die Stimmungen, gewiss auch die Textvorlagen als solche.
Zwischen keck, charmant und tragisch
Beinahe Rokokohaftes, doch zumindest Schubert’sches wie das Lied vom Mädchen, das zum Fenster eilen soll und dem charmant-kecken Plauderton Anna Ganns besonders entgegenkommt, stand neben den ihr ebenfalls sehr gut liegenden Volksliedern von Jadassohn. Dunklere Liebeslyrik findet sich neben der tragisch-pathetischen Sturmwind-Ode von Gernsheim. Jener hat auch eine Version des „Abendliedes“ von Matthias Claudius geschrieben, die man sehr gerne hört. Ebenfalls beeindruckend: sein zwitterhaft sanfter und schöner Todesengel oder Goldmarks Lied vom kahlen Grab.
So wurde es ein wunderschöner, mit herzlichem Beifall bedachter Liederfrühabend, welcher wahrlich auch denjenigen etwas zu bieten hatte, die ihr Grundwissen hersagen können: vom gewandten und formstrengen Brahms-Epigonen Gernsheim, dem volkstümlicheren Goldmark und seiner allzu ländlichen Hochzeit oder von Jadassohn als Schöpfer blühend melodiöser Klavierkonzerte, welche wie eigentlich all seine Musik erstmals im neuen Jahrtausend eingespielt wurden.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 8. März 2022
Zarte und treibende Melodielinien
Das Klenke-Quartett aus Weimar gab Wiener Klassik und Zeitgenössisches zum Besten – Sphärische Klänge von Ursula Mamlok
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NEUSTADT an der AISCH – Mit dem Weimarer Klenke Quartett konnte der Förderkreis "pro musica" ein international renommiertes Ensemble gewinnen. Das Streichquartett war am Sonntag in der NeuStadtHalle zu Gast. Werke der Wiener Klassik, aber auch Zeitgenössisches stand unter dem Motto "Saitenklang" auf dem Programm.
Seit gut drei Jahrzehnten spielen die Musikerinnen zusammen. Annegret Klenke, Beate Hartmann, beide Violine, Yvonne Uhlemann, Viola, und die Cellistin Ruth Kaltenhäuser kennen sich aus Ihrer gemeinsamen Zeit an der Musikhochschule Franz Liszt in Weimar. Vielfach ausgezeichnet, gehören die vier Künstlerinnen inzwischen längst zur Streichquartett-Oberliga.
Vom virtuosen Spiel dieses Ensembles konnten sich die Zuhörerinnen und Zuhörer beim Konzert überzeugen: feiner Streicherklang, klar im Ton, verbunden mit höchster Aufmerksamkeit und Spielfreude. Das kennzeichnete das Spiel der vier. Zarte Melodielinien, kraftvolle und treibende Taktfolgen, beherrschen sie ebenso wie ausgeprägte Pizzicato-Passagen.
Hayden und Beethoven als Eckpfeiler
Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven bildeten die Eckpfeiler des Konzerts. Dazwischen setzte das Ensemble ein Streichquartett der deutsch-amerikanischen Komponistin Ursula Mamlok (1923 bis 2016) aus dem Jahr 1998. Mit ihrer jüdischen Familie hatte sie als Kind 1938 Berlin verlassen müssen. Sie lebte und wirkte in Amerika, ehe sie 2006 wieder nach Berlin zurückkehrte.
Mit den beiden Werken der Wiener Klassik, Haydns Streichquartett in G-Dur op. 77 Nr. 1 sowie Beethovens Streichquartett in Es-Dur op. 74, legte das Klenke Quartett eine für unsere Ohren eher gewohnte Klangspur, auf der Mamloks zeitgenössische Komposition erst richtig zur Geltung kommen konnte.
Beethoven war ein Schüler Haydns, soweit ist eine Verbindung nachvollziehbar. Beide hatten seinerzeit mit ihrer Musik neue musikalische Wege eröffnet, deren Tonsprache schon weit über das 18. Jahrhundert hinaus deutete. Das tat auch Ursula Mamlok mit ihrer Komposition.
Impulse gab für sie dabei die Zwölftonmusik, die alle zwölf Töne der Tonleiter, also auch die Halbtöne, in eine Reihe stellte. Ungewohnt und fremdartig klang das im ersten Moment, zumindest wenn man nicht mit der Zwölftonmusik vertraut ist. Sie eröffnete neue, sphärisch wirkende Klangräume. Beim ersten Satz, "With fluctuating tension", ist jeder Takt anders gestaltet.
Unterschiedliche Taktzahlen lassen keinen einheitlichen Rhythmus aufkommen. Kontrastreich und witzig klingt dies. Eine Herausforderung für die Streicherinnen ist es außerdem. Der Kernsatz in der Mitte, das Larghetto, tröpfelte dahin, bekam eine beinahe meditative Aura "Joyful", also mit fröhlicher Ausstrahlung, endete das Werk.
Für den reichlichen Applaus bedankte sich das Klenke Quartett mit dem Tango aus Erwin Schulhoffs "Fünf Stücke für Streichquartett". Auch er ein Wandler und Neuerer, an der Grenze zwischen Klassik und Jazz..
ELKE WALTER
FLZ, 1. April 2022
Hoffnungsträger der Klassikfreunde
„pro musica“ feiert im kommenden Jahr 20. Geburtstag und hat die Pandemie laut Ulrike Wesche mittlerweile schon ganz gut verdaut
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NEUSTADT an der AISCH – Im Bereich der klassischen Musik hat der Landkreis Neustadt an der Aisch – Bad Windsheim ein bemerkenswertes Angebot an Kulturveranstaltungen zu bieten. Das ist nicht zuletzt auch ein Verdienst von „pro musica“ aus Neustadt.
Sein 20-jähriges Bestehen feiert der Förderkreis pro musica aus Neustadt im kommenden Jahr. 2003 wurde der Verein von Dr. Dieter Geißendörfer, damals Leiter des Posaunenchors und der Fränkischen Bläservereinigung, gegründet und geführt. Nach seinem Tod im Herbst 2012 wurde Ulrike Wesche aus Dietersheim, bis dato seine Stellvertreterin im Jahr 2013 zur neuen Vorsitzenden gewählt.
Lebendige Mischung verschiedener Stile
Der gemeinnützige und ausschließlich ehrenamtlich getragene Verein widmet sich vor allem der Kammermusik. „Unser Anspruch ist eine lebendige und gesunde Mischung aus unterschiedlichen Stilrichtungen auf die Beine zu stellen, dargeboten von Laien, Halbprofis und Profis“, erklärt Ulrike Wesche. Ein besonderes Highlight ist dabei das traditionelle Neujahrskonzert mit großem Orchester. Zu den Höhepunkten des Vereinslebens gehörten aber auch die jährlichen, dreitägigen Opern-Fahrten nach Verona, bis Corona diese unmöglich machte.
Pro musica verfügt nach fast zwei Jahrzehnten über beste Kontakte in die lokale und auch deutschlandweite Musikszene. Das fängt beim Nachwuchs an, den Absolventen der Musik-Leistungskurse an den Gymnasien, der Neustädter und der Fürther Musikschule und der Nürnberger Hochschule für Musik und geht bis hin zu Stars der klassischen Musik.
Dabei finanziert man sich aus Beiträgen und Spenden. „Wir haben etwa 90 Mitglieder, das ist toll", findet Ulrike Wesche. Ihr Ziel ist es, die Eintrittspreise für die Konzerte erschwinglich zu halten. Bei den meisten Veranstaltungen kostet ein Ticket lediglich 15 Euro, im Vergleich zu anderen Klassikkonzerten ist das ein Schnäppchen.
Natürlich hat die Pandemie die Vereinsarbeit beeinträchtigt, zahlreiche Konzerte mussten vertagt werden. Doch nun gibt es Licht am Ende des Covid-Tunnels: „Aktuell stehen nur noch zwei dieser Veranstaltungen aus“, freut sich Wesche und findet für sich selbst einen kleinen Trost für die vergangenen Jahre: „Ich fand es dennoch schön, während der Pandemie die nächsten Programme planen zu können und meinen Blick in die Zukunft zu richten.“
Die Vorlaufzeiten für die Konzertprogramme sind beträchtlich, müssen doch vorab zahlreiche Bewerbungen von Ensembles und Musikern aus ganz Deutschland beurteilt und die Verträge ausgehandelt und geschlossen werden. Froh ist die pro-musica-Vorsitzende darüber, dass es ihren Erfahrungen nach in der Kammermusik kaum Stars mit Allüren und großen Ansprüchen gibt. Die Bewerbungen der Künstler durchlaufen verschiedene Stufen, gesammelt werden Informationen und Videos aus dem Internet, mitgeschickte CDs werden gehört und beurteilt.
Die Verwandtschaft hilft bei der Auswahl
Wenn möglich besucht Ulrike Wesche vorab sogar ein Live-Konzert des fraglichen Ensembles. Die angebotenen Programme klopft sie zudem auf ihre Tauglichkeit für das Zielpublikum ab. „Glücklicherweise habe ich einen künstlerischen Beirat“, sagt Ulrike Wesche – zu ihrer Verwandtschaft zählen außerdem studierte Musikerinnen und Musiker. „Wir diskutieren das auch mit den Künstlern, stellen teilweise einzelne Programmpunkte um.“
Erfreulich gut sei die Zusammenarbeit mit anderen Kulturträgern in der Region, betont Wesche. Man spricht sich regelmäßig ab, so dass es keine Überschneidungen gibt, möglichst keine Konzerte gleichzeitig stattfinden. Dankbar ist Ulrike Wesche auch den örtlichen Ladenbesitzern, bei denen man für pro musica plakatieren darf. Das sei eine wichtige Unterstützung für den Verein, der sich im übrigen jederzeit über neue Mitglieder freut.
Mit dem Pianisten Christoph Soldan steht am Sonntag, 8. Mai, ein besonderes Klavier- und Lesekonzert auf dem Programm. Der Titel: „Franz Liszt: Salonlöwe, Superstar, Mönch“. Beginn ist um 17 Uhr in der NeuStadtHalle am Schloss.
Soldan ist als Pianist und Dirigent seit 30 Jahren weltweit unterwegs. Er führt mit seiner Frau, der Tänzerin und Choreographin Stefanie Goes, ein eigenes Theater im Jagsttal und ist künstlerischer Leiter mehrerer Konzertreihen in Deutschland. Beim Konzert lesen Christoph Soldan und Stefanie Goes den Briefwechsel zwischen dem Komponisten und Marie d’Agoult, Liszts erster großen Liebe, die er als Student im Salon von George Sand in Paris traf. Die aufgeführten Klavierwerke stammen aus dem Zyklus „années de pèlerinage“ (Pilgerjahre).
GABI GRASSL
FLZ, 10. Mai 2022
Der zerrissene Superstar
Christoph Soldan vermittelte beim Klavierkonzert in der NeuStadtHalle
ein eindrucksvolles Bild des Romantikers Franz Liszt
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NEUSTADT an der AISCH – „Annees de Pelerinage“ – Franz Liszts Pilgerjahre, ein großartiger Klavierzyklus, in fünf Auszügen geboten von einem großartigen Pianisten. Doch der Clou beim jüngsten Konzert im Rahmen der Neustädter Reihe „pro musica“ war deren frappierende Kombination mit der Lesedarbietung eines aufschlussreichen Briefwechsels.
Christoph Soldan spielt am Bösendorfer-Flügel und vermittelt Sachinformation über die Vita Liszts sowie manch Anekdotisches, das quasi nebenbei Rückschlüsse auf den Prototyp einer romantischen Künstlerkarriere im 19. Jahrhundert erlaubt. Soldans Gattin Stefanie Goes, Choreographin, Tänzerin, bietet im Wechsel mit Soldan Beispiele aus den die Distanzform vergangener Tage stets wahrenden Briefen, die Liszt und Gräfin Marie d'Agoult, seine wichtigste Lebensabschnittsgefährtin, zwischen 1833 und 1840 getauscht haben.
Der aus 26 Stücken bestehende Zyklus ist neben der h-Moll-Sonate wohl Liszts wichtigste Klavierschöpfung. Er ist über Jahrzehnte hinweg in drei Heften erschienen. Es sind reale Reisestationen, doch orientiert an literarischen Vorbildern, und sie gestalten, ganz im Sinne des Titels, die Pilgerschaft einer kreativen Seele.
Das Spektrum der programmatischen Kompositionen reicht von den effektsicheren, hoch pathetischen Nummern aus dem ersten und zweiten Heft – „Sposalizio“ und „Vallee d'Obermann“ – hin zum Spätwerk des jetzt in Kutte gekleideten Komponisten, den berühmten Wasserspielen der Villa d'Este zu Tivoli sowie dem eher schlichten Angelus-Gebet.
Nicht nur in denkbar größter dynamischer Breite, bei stetem Körpereinsatz und hörbar wahrzunehmender gedanklicher Durchdringung präsentiert Soldan diese Musik, er erläutert auch zuvor Motivisches, betont die Rolle des Glockenklangs, lässt implizit schließlich ebenso die Bedeutung des Wassermotivs bei seiner Auswahl erkennen. Denn das Stück „Au bord d'une source“, namentlich von einer Quelle inspiriert, stellt den Vorläufer der Tivoli-Musik dar, die Ravel später im Ohr gehabt haben muss bei seinen „Jeux d'eaux“. Vielleicht gilt Analoges auch für die Glockenklänge.
Ausgespart bleiben bei dieser sinnfälligen Wahl aufgrund der Programmvorgabe nur das karge, beinahe atonale Spätwerk, bleiben aber ebenso die zahllosen, nicht selten nur vordergründigen Virtuosennummern, die Liszts Ruf zugleich gefördert und behindert haben. Eigentlich erinnert allenfalls die ObermannSkizze mit auftrumpfend orchestralen Figurationen an diese Modeprodukte – andererseits klingt aber hier die exzellente Sonate in h-Moll an.
Was das „Klavier- und Lesekonzert“ so ganz nebenbei bewirkt, ist also gewiss nicht eine Bestätigung von Klischees zu Liszts Musik. Anders bestellt ist es indes um den Menschen, der in den Briefen zu uns spricht. Liszt als ein früher Pop-Titan, der sich nicht retten kann vor Verehrerinnen und sich mit falschen Haarlocken behelfen muss. Während die Gräfin sich gerne bescheidet in der ihr zugewiesenen Standesordnung und allenfalls gelegentlich ein weiblich subtiles Augenzwinkern herauszulesen ist, beteuert das Genie höchste Empfindungen mit religiöser Inbrunst, ohne je Nachhaltigkeit zu praktizieren.
Zweifellos ist Liszt ein zerrissener unter den gebrochenen romantischen Musikern. Und das „Spirituelle“, auf das Soldan mehrmals direkt hinweist, scheint hier relevant wie nicht annähernd für tragische, stets in Todesnähe schaffende Künstler, sagen wir wie Schubert, Schumann oder Tschaikowsky. Oder geschieht dies in Liszts Fall nur der Form halber? Ist dieses Spirituelle nicht doch primär die bloße Attitüde eines (siehe Programm-Untertitel) „Salonlöwen“ und „Superstars“, der jetzt als gealterter „Mönch“ den schönen Blick auf die Wasserspiele genießen darf? Liszts Pilgerreise am Klavier nimmt gedanklich Bezug auf Goethes Wilhelm-Meister-Romane, auf ein wichtiges Werk des Dichterfürsten aller Deutschen seit zweihundert Jahren. Freilich war Goethe, der Idealist, ein rücksichtsloser Opportunist im realen Leben.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 17. Dezember 2020
pro musica sagt Konzerte ab
Kammerorchester erst im Mai
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NEUSTADT an der AISCH (pat) – Neujahr im Mai: Auf Grund der coronabedingten Infektionsschutz-Maßnahmen hat der Neustädter Musikförderverein „pro musica" nun auch das für den Januar geplante Neujahrskonzert mit dem Würzburger Kammerorchester abgesagt und vorerst auf den Mai des kommenden Jahres verschoben.
Wie Vereinsvorsitzende Ulrike Wesche schreibt, habe man bereits einen Großteil der bislang geplanten Konzerte abgesagt und bemühe sich derzeit, diese auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. ,,Der Förderkreis ,,pro musica" sei aktuell mit allen davon betroffenen Künstlern im Gespräch, um gemeinsam Lösungen zu finden und möglichst alle ausfallenden Veranstaltungen im Jahr 2021 nachzuholen."
Ganz aktuell entfällt der am 29. Dezember geplante Konzertabend „Flöten- und Harfenklänge aus vier Jahrhunderten", der in der Rathausehrenhalle hätte steigen sollen. Die für den 17. Januar geplanten beiden Konzerte „Maskerade - Neujahrsklänge anders" (ehemals Neujahrskonzert) mit dem Würzburger Kammerorchester in der NeuStadtHalle werden auf Sonntag, 30. Mai, verschoben. Bereits gekaufte Eintrittskarten behalten laut Ulrike Wesche ihre Gültigkeit.
Weitere Informationen und die feststehenden Termine sind im Internet der homepage von pro musica (www.promusica-nea.de) zu entnehmen.
PATRICK LAUER
FLZ, 13. Oktober 2020
Geistreiches Konzert
mit breitem emotionalen Spektrum
Duo-Combo „B unlimited!“ zog die Zuhörer in der NeuStadtHalle schnell in
seinen Bann – Konzert wurde vom Förderkreis „pro musica“ mit großer
Perfektion organisiert
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NEUSTADT an der AISCH – Mit einem vom Neustädter Förderkreis „pro musica“ in schwierigen Zeiten perfekt organisierten Konzert hat die Kammermusik-Saison 2020/2021 begonnen. Diesmal stand die NeuStadtHalle zur Verfügung und es gastierte mit der Duo-Combo „B unlimited!“ eine Formation, welche die Zuhörerschaft rasch in ihren Bann zog.
Christoph Mayer ist längst ein höchst erfolgreicher und weltweit aktiver Violinist vor allem mit alter Musik und historischer Aufführungspraxis. Christoph Hillmann hat sich als Schlagzeuger einen vergleichbaren Rang im Jazz verschafft. Zwei recht unter-schiedliche Szenen treffen hier aufeinander, aber dass die beiden Mittfünfziger sich gegenseitig hoch schätzen, bleibt niemandem verborgen.
Hochzuschätzen ist, was sie in ihren Genres an Kreativität miteinander verbindet – und der Terminus „Crossover“ deckt dies beileibe nicht ab. Denn was die beiden Instrumentalisten dank vielfältiger Arrangements und Eigenkompositionen für die Bühne erarbeiten, verfolgt ein so gekonntes wie geistreiches Konzept – natürlich ist es auch ein Konzept, das charakteristisch in unsere postmoderne Zeit gehört und das sich als höchst publikumswirksam erweist. Die „Fusion“ zeigt sich darin, dass entweder von folkloristischen Standards oder von gotischer bis barocker Musik ausgegangen wird und in fließenden Entwicklungen innerhalb der Kompositionen ein zeitgenössischer Rahmen hergestellt wird. Man mag ihn als „Free Jazz“ bezeichnen, aber das ist eben auch nur ein Schlagwort.
Allenthalben bietet dieser Rahmen – im Verein mit gelegentlichen atmosphärischen Einsprengseln per Rechner – der Geige wie dem Schlagwerk viel virtuosen Spielraum, durchmisst ein breites emotionales Spektrum, und erzählt dabei so allerlei.
Nicht nur erzählen Hillmann und Mayer gerne, wie es auf privater Ebene zu ihren Stücken kam, und stellen interessante kulturelle Hintergründe vor, sondern Titel wie „Innocent Journey“ oder „Fool's Rands Hope“ zeigen auch das assoziative Bildspektrum auf, das man im künstlerisch Präsentierten gerne nachvollzieht.
Wäre der Begriff „Weltmusik“ nicht so beliebig geworden, könnte man ihn guten Gewissens verwenden. Zum einen tauscht Mayer das klassische oft gegen ein elektrisches Instrument ein und verwendet beide auch in ein und derselben Nummer parallel. Zum anderen erweitert Hillmann seine Batterie gerne, indem folkloristische Instrumente verwendet werden. Uralt und weltweit erprobt ist eine flache Rahmentrommel, die immer wieder zum Einsatz kommt.
Eine Stahltrommel namens Garrahand erinnert äußerlich an einen Grilltopf, klingt aber gleichermaßen erlesen nach Karibik und Südsee. Heller im Timbre, eher einem Xylophon vergleichbar, aber kaum mehr als handgroß, ist die Kalimba. Hillmann ist stolz darauf, ein neuartiges chromatisches Instrument für sich gebaut bekommen zu haben.
So erlebt das Auditorium eine riesige historische wie regionale Bandbreite zwischen etwa der Vorgabe einer Ductia aus den „Cantigas de Santa Maria“, einer spätmittelalterlichen portugiesischen Liedsammlung, oder aber indischen Ragas und persischen Modi nachempfundene Melodiestrukturen. Doch vielleicht ist es sogar ein herauszuhörender Personalstil, der das Publikum zu begeistertem Beifall motiviert.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 29. September 2020
Neustart für die Kultur
Förderverein „pro musica“ geht nach schwieriger Saison voller Zuversicht
in den Herbst
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NEUSTADT an der AISCH – Mit überraschend viel Zuversicht, aber auch mit einigen „Platzproblemen“ geht der Förderverein „pro musica“ in die bevorstehende Spielzeit. In der Hauptversammlung des Vereins, der vor allem für die von ihm ausgerichteten Konzerte in der Rathausehrenhalle bekannt ist, billigten die rund 15 erschienenen Mitglieder das vorgelegte Programm für Herbst und Winter 2020 sowie für das kommende Jahr.
Wie Vorsitzende Ulrike Wesche im Anschluss an die Versammlung gegenüber der FLZ erklärte, habe man ein schwieriges Jahr hinter sich gebracht. Zwei Konzerte im März und April habe man coronabedingt absagen müssen, wobei man immerhin Ersatztermine im kommenden Jahr habe vereinbaren können. Seitens der Künstler sei sie durchweg auf Verständnis getroffen, so Wesche - ,,ich habe sehr gute Gespräche geführt“. Der Verein selbst sei aus der Pandemiekrise mit einem blauen Auge davongekommen: Zwar sei der kulturelle Aderlass in Neustadt spürbar gewesen, doch zumindest finanziell habe man kaum Ausfälle gehabt, da man nur bei einem der beiden Konzerte bereits in der Plakatwerbung gewesen sei und „wenn wir ehrlich sind, zahlen wir doch sowieso bei fast allen Konzerten noch drauf“.
Die Finanzen also sind nicht das große Problem, das „pro musica“ in den kommenden Monaten intensiv beschäftigen wird - die Raumnot schon wesentlich eher. Denn die geliebte Rathausehrenhalle, in die in normalen Zeiten gut 100 Besucher passen, wird auf absehbare Zeit als Veranstaltungsort nicht mehr in Frage kommen. ,,Bei den geltenden Abstandsregeln kriege ich da höchstens 15 Personen rein“, so Wesche - ,,das ist natürlich viel zu wenig für uns“.
Folgerichtig stehe man aktuell auch noch in Verhandlungen - unter anderem mit der Neustädter evangelischen Kirchengemeinde bezüglich der Stadtpfarrkirche und des Gemeindezentrums. Auch eine „Auslagerung“ einzelner Konzerte in eine Nachbargemeinde sei denkbar, doch diesbezüglich gebe es noch keine konkreten Gespräche. Sicher sei bereits, dass ein Teil der Konzerte in der NeuStadtHalle stattfinden werde, in der auch die Akustik sehr ordentlich sei. ,,Da sind wir sehr dankbar dafür, dass uns diese Möglichkeit geboten wird“, so Wesche, die aktuell von drei bereits fest vereinbarten Konzerten spricht, bei denen der Austragungsort noch unklar sei.
Im Übrigen, so berichtet die Vorsitzende, sei die Stimmung in der Hauptversammlung, bei der keine Neuwahlen angestanden hatten, ,,sehr gut“ gewesen. Die Anwesenden hätten sich vor allem über das Konzertjahr 2019 sehr zufrieden gezeigt, in dem es gelungen sei, viele Wünsche der Mitglieder zu berücksichtigen.
Auch ein größeres Problem habe man mittlerweile gelöst. Weil das Würzburger Kammerorchester, das zum traditionellen Neujahrskonzertebenfalls seit Jahren von „pro musica“ ausgerichtet – seit Monaten nicht mehr habe proben können und mit den verlangten Auflagen auch gar nicht mehr auf die Bühne der NeuStadtHalle gepasst hätte, sei die Würzburger Orchesterleitung auf einen Trick verfallen: Man habe aus. den eigenen Reihen nun unter anderem ein Streichquartett gegründet, das am Sonntag, 17. Januar 2021, in Neustadt gastieren wird. Um keinen Etikettenschwindel zu betreiben – unter Neujahrskonzert versteht man ja gemeinhin die große Besetzung – habe man auch gleich noch eine Umbenennung vorgenommen. Statt Neujahrskonzert laute der Titel nun „Maskerade – Neujahrsklänge anders“. Dafür jedoch plane das Ensemble gleich zwei Aufführungen in Neustadt, so dass tatsächlich alle Interessierten trotz Abstandsregeln einen Platz ergattern könnten. Das Problem für die Musiker: Da es für Streichquartette „gar nicht so viele Werke gibt“, so Wesche, sei man derzeit dabei, etliche Kompositionen entsprechend neu zu arrangieren, eine anspruchsvolle Aufgabe für ein anspruchsvolles Vorhaben.
Offizieller Start der pro musica-Saison ist Sonntag, 11. Oktober, mit B unlimited – einem Duo, bestehend aus Christoph Mayer (Violine) und Christoph Hillmann (Percussion), das laut Ankündigung mit „Magie melodies“ eine Mischung „poetischer, zeitloser Musik, die alle Schubladen hinter sich lässt“ und von der ,,Alten Musik“ über den Jazz bis hin zur Weltmusik zahlreiche Facetten beinhalte, präsentieren werde. Die Pianistin Anne Riegler steht am Sonntag, 29. November, mit klassischen Werken auf dem pro musica-Programm und das Duo Chen Shen und Anton Mangold präsentiert am Dienstag, 29. Dezember, Flöten- und Harfenklänge aus vier Jahrhunderten.
Der Pianist Christoph Soldan wird am 7. Februar die Reihe fortsetzen, ehe es am 21. Februar zum Ersatzkonzert für den im Frühjahr abgesetzten Auftritt des Gernsheim-Duos kommt: Die Sopranistin Anna Gann sowie Naoko Christ-Kato spielen dann Werke jüdischer Komponisten.
PATRICK LAUER
FLZ, 11. Februar 2020
Beethoven traf aufs 20. Jahrhundert
Kontrastreiche Begegnungen zwischen dem Jubilar und zeitgenössischen Komponisten in der Neustädter Rathausehrenhalle
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NEUSTADT an der AISCH – Das Jahr 2020 ist dem großen Komponisten Ludwig van Beethoven gewidmet; Anlass ist dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr. Grund genug für den Neustädter Förderkreis „pro musica“, dieses Musikgenie mit einem Konzertabend in der Rathausehrenhalle zu würdigen. Das „Pegasus Trio“ aus München setzte Beethoven – in Kontrast mit Musikern des 20. Jahrhunderts – in Szene.
Im „Pegasus Trio“ vereinen sich eine Flöte, eine Viola und eine Gitarre und interpretieren durch diese überraschende Zusammensetzung Beethovens Serenade op. 8 ganz außergewöhnlich. In einer Bearbeitung von Wenzeslaus Matiegka – einem Zeitgenossen Schuberts – erschufen die Instrumentalistin und die beiden Instrumentalisten einen musikalischen Rahmen, in den sie im Wechsel mit Sätzen aus der Serenade Beethovens auch Werke der Gegenwart einfügten. Nach den aufrüttelnden Einschüben erdeten Beethovens Klänge immer wieder.
Somit erklang zunächst ein freudig-beschwingter Auftakt aus der Beethoven’schen Feder (Marsch) bevor Kazuo Fukushimas „Mei“ einen Kontrapunkt setzte. Das Werk „Mei“, das nach dem japanischen Schriftzeichen für „Mond im Spiegel“ benannt ist, zeichnet für die Hörenden gebrochene Licht-Schatten-Spiele in ungewöhnlichen Klangfarben nach. Prononciert und lebendig ließ Flötist Christian Mattick sein Instrument sprechen. Nach einem Beethoven’schen Zwischenspiel wirkte das Violinen-Solo „Widmung" des italienischen Komponisten Bruno Maderna geradezu progressiv. Violinistin Michaela Buchholz reizte bei diesem Werk sämtliche Spieltechniken der Violine aus und versetzte das Publikum mit ihrem virtuosen Spiel in Erstaunen. Auch der Dritte in der Runde beeindruckte mit einem Solo-Stück: „Paisaje cubano con campanas“ (Leo Brouwer): Gitarrist Thomas Etschmann fing mit seinem temporeichen Spiel und flinken Fingerwechseln das Flirren der Hitze in der kubanischen Sommerlandschaft ein. Wer genau hinhörte, konnte sogar den Klang von Glocken aus der Ferne in der Komposition ausmachen.
Immer wieder führten die Sätze der Serenade auf die Pfade der Klassik zurück; Flöte, Viola und Gitarre verschmolzen miteinander und boten einen reizvollen Klang. Dabei gelang es dem Trio mühelos, den Kontrast zwischen Beethoven und den zeitgenössischen Kompositionen bewusst herauszuarbeiten und Bezüge herzustellen.
Das „Pegasus Trio“ bescherte dem Neustädter Publikum mit einer absolut außergewöhnlichen und ebenso hörenswerten Zusammenstellung der Werke einen spannungsreichen Abend zu Ehren Beethovens; die Anwesenden dankten es mit langem Applaus.
EVELYN BECK-PIELER
FLZ, 16. Januar 2020
Eine Dekade Neujahrskonzerte in Neustadt
Hochkarätige Künstlerinnen und Künstler sorgen für herausragende
Hörerlebnisse – Weitere Jubiläen von Komponisten und Werken gefeiert
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NEUSTADT an der AISCH – Bereits zum zehnten Mal lud der Neustädter Förderkreis „pro musica“ Musikfreunde zum Neujahrskonzert in die NeuStadtHalle ein. Seit ihrem Bestehen entwickelten sich die Konzerte zu einem Publikumsmagneten; dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass auch die diesjährige Veranstaltung Wochen vor dem Termin ausverkauft war.
Das Programm gestaltete sich um den zehnten Geburtstag: Das Würzburger Kammerorchester unter der Leitung von Professor Wolfgang Kurz sowie die Solisten Ljuba Nitz (Sopran) und Sangmog Lee (Tenor) sowie das „Männer, Männer! Vokalquartett“ bejubelten musikalisch das „runde Wiegenfest“. Es wurde ein Konzert, wie es sich der Jubilar verdient hatte – inklusive Ständchen, das Kurz eigens arrangierte: Zwischen Fanfarenstößen der Blechbläser suchten sich die bekannten Themen aus „Zum Geburtstag viel Glück“ beziehungsweise „Viel Glück und viel Segen“ ihren Weg.
Die Vorsitzende des Förderkreises, Ulrike Wesche, würdigte die Vielseitigkeit der Konzertreihe, die 2011 von Dr. Dieter Geißendörfer ins Leben gerufen worden war, und die in Neustadt so gewachsene Tradition, das neue Jahr mit einem „klassischen und schwungvollen Konzert“ zu starten. In diese Tradition fügt sich das Würzburger Kammerorchester um Kurz, das bereits zum fünften Mal das Neujahrskonzert gestaltete, sehr gut ein. Auch die Wahl der Komponisten drehte sich um Jubiläen. Ob 250, 175 oder 150 Jahre – Komponisten und Werke eint ein besonderer Jahrestag im Jahr 2020.
Den musikalischen Auftakt lieferte das Orchester mit der Sinfonie Nr.1 (C-Dur) von Ludwig van Beethoven, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr gedacht wird. Mit frischen Tempi zollten Dirigent und Orchester dem großen Sinfoniker ihre Reverenz – spritzig und lebhaft interpretiert. In die Reihe der Jubilare gesellte sich auch der 1845 geborene Gabriel Fauré: Mit „Masque et bergamasque op. 112“ wurde zum Maskenball beim „Clair de Lune“ geladen und in temporeichen Höhen zur Gavotte getanzt. Für weitere bemerkenswerte Geburtstagsgratulationen sorgten die Solisten und das „Männer, Männer! Vokalquartett“.
Mit imposanter Kraft in der Stimme schmetterte Tenor Sangmog Lee das neapolitanische Volkslied „0 Sole Mio“. Leidenschaftlich und stürmisch durchdrang der Wunsch nach der italienischen Sonne die NeuStadtHalle. Für ein Schmunzeln im Publikum sorgte das Männerquartett, das (vielleicht passenderweise?) mit dem „Weibermarsch“ aus der Operette „Die lustige Witwe“ kokettierte. Mit Witz und Ironie besangen Alexander Geiger, Hemán Vuga, Taiyu Uchiyama und Simon Kuhn das weibliche Geschlecht. In die Runde der Gratulanten reihte sich auch Sopranistin Ljuba Nitz. Ihr warmer Schmelz zeichnete den Schmerz des liebeskranken Jägersmannes im „Wilja-Lied“ nach.
Kurz ließ es sich nicht nehmen, auch „persönlich“ zu gratulieren: Mit der Komposition „Dreihundertsechsundsechzig“ für vier Männerstimmen lieferte er mit einem Augenzwinkern ein musikalisches Wetteifern um die Zahlen „365“ und „366“ – natürlich ein Verweis auf das Schaltjahr 2020.
Übermütig sollte der Geburtstag mit der Polka „Ohne Sorgen“ von Josef Strauss ein (vorläufiges) Ende finden. Doch die Mitfeiernden zeigten sich damit nicht einverstanden: Begeisterte Ovationen und Jubel forderten mehr als eine Zugabe. Wenn das nicht ein enthusiastischer Auftakt in die nächste Dekade war.
EVELYN BECK
FLZ, 31. Dezember 2019
Musikalische Einblicke in die russische Seele
Das Ensemble Balalaika Classique bot in der voll besetzten Rathausehrenhalle
ein Wunschkonzert aus klassischen Melodien
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NEUSTADT an der AISCH - Noch nie, so Georg Hopfengärtner in seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender des Neustädter Förderkreises "pro musica", sei ein Konzert nach dem Vorverkauf bereits ausverkauft gewesen. Diesen Erfolg konnte jetzt das "Ensemble Balalaika Classique" aus Sankt Petersburg für sich verbuchen. Einem begeisterten Publikum bot es musikalische Einblicke in die russische Seele.
Das Trio unterhält seit Längerem freundschaftliche Kontakte nach Neustadt. Diese betreffen auch die berufliche Tätigkeit von Alexander Kuchin, dem vorzüglichen Balalaika-Virtuosen. Mit dem dreieckigen Korpus der Balalaika kontrastiert das zweite, das runde Zupfinstrument, die Domra, perfekt bedient von Maria Belanowskaja. Der Klang der Domra ist heller und weniger sonor, aber kraftvoller als die ähnlich geformte Mandoline. Eine keineswegs geringere Rolle ist dem dritten Instrument zugedacht. Victor Varsanoviev glänzt je nach Bedarf mit virtuosen Verzierungen, markanten Basslinien oder als Melodiker: Er spielt den Bajan, ein russisches Knopfakkordeon.
So recht als Einstimmung auf den Jahreswechsel eignet sich dieses Wunschkonzert aus klassischen Melodien in geistreichen Arrangements im ersten und folkloristischen Nummern im zweiten Teil des späten Sonntagnachmittags. Während Alexander Kuchin in seiner Conference sich zunächst meist mir den Titeln begnügt, die man überdies auf dem Programmblatt vorfindet, erzählt er zu den russischen Volksweisen nach der Pause manche Geschichte.
Sei es die von der Liebe zwischen zwei jungen Menschen, die das Mädchen in seiner Not sogar auf die Stiefel für die lange Schneewanderung bei eisiger Kälte verzichten lässt. Sei es die vom Glöcklein, welches im alten Russland die Ankunft eines wichtigen Fremden meldet. Sei es die zum kirchlichen Hintergrund, der dafür verantwortlich ist, warum sich außerhalb Russlands die Balalaika durchgesetzt hat, die Domra jedoch in Vergessenheit geraten ist.
Vor der Pause erfreuen die drei Musiker ihr Publikum mit einer Hitparade, in der weder der "Säbeltanz" von Aram Khatchaturian oder die "Tritsch-Tratsch-Polka" von Johann Strauß junior noch Rimskij-Korsakows "Hummelflug" oder Anton Rubinsteins "Melodie in F" fehlen.
Man staunt über die ungewohnten Klangfarben dieser vom Klavier oder vom großen Orchester her geläufigen Evergreens. Stets sind die Arrangements nicht nur höchst ge-schmackvoll, sondern auch plausibel, nie exaltiert effekthascherisch und überdies im Vortrag von einer Sensibilität, welche selbst solche Stücke als russisch erscheinen lässt, die einst im mitteleuropäischen Salon, Konzert- oder Ballsaal erstmals erklungen sind.
Dazu zählt nicht zuletzt die Tatsache, dass bei den folkloristischen Tänzen und Balladen bildhaften Charakters die typischen Tremolo-Effekte der beiden Zupfinstrumente als integraler Bestandteil erscheinen, dass diese im Kontext langsamer Liegetöne bei den klassischen Arrangements hingegen eine simple technische Notwendigkeit darstellen. Scheinbar ein Fremdkörper, erweist sich diese im Sinne der nationalen Koloristik als allenthalben wirkungsvoll. Das Publikum wird von den ob des Andrangs und des Enthusiasmus höchst erfreuten Künstlern mit mehreren Zugaben belohnt. Manche haben schon bei der "Barcarole" von Jacques Offenbach oder dem berühmten Walzer "Nr. 2" von Dimitri Schostakowitsch heimlich mitgesummt. Nun dürfen sie, nachdem sie "Lara's Theme" aus "Doktor Schiwago" erraten haben, die "Ka-linka" mitklatschen.
WOLFGANG ZIMMERMANN
FLZ, 10. November 2019
Liedgut auf der Höhe der Zeit
Kammerkonzert-Trio überzeugte in der Rathausehrenhalle mit seinem ambitionierten Programm
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NEUSTADT an der AISCH - Der Förderkreis „pro musica“ ist im Neustädter Konzertleben für besondere Glanzpunkte und Überraschungen immer gut. So gestaltete sich auch der Kammermusikabend in der Rathausehrenhalle am Sonntag zu einem Erlebnis für Freunde musikalischer Neubegegnungen und Reminiszenzen.
Die drei Interpretinnen – in Neustadt durchaus keine Unbekannten – Elisabeth Ort (Sopran), Karoline Hofmann (Viola) und Britta Köstner (Klavier) musizieren, jede für sich genommen und auch als Ensemble, auf einem Niveau, das über provinzielles Bemühen weit hinausreicht. Profis eben – dafür spricht schon die Programmgestaltung, die Liedkomponisten wie Max Bruch, Yrjö Kilpinen, Gija Kantscheli und Ralph Vaughan Williams den gebannt lauschenden Zuhörern näherbrachten oder gar erst vorstellten.
Da nahmen sich alte Bekannte, wie Franz Schubert mit seinem anspruchsvollen Nachtstück oder Astor Piazzolla mit „Le grand tango" geradezu reminiszenzträchtig aus, passten jedoch hervorragend ins Bild.
Dieses gestalteten die drei Künstlerinnen homogen und mit gegenseitiger Beachtung der jeweiligen Qualitäten. Elisabeth Ort, die Sopranistin mit der glockenreinen Stimme und dem intelligenten Einsatz ihrer vielfältigen Mittel, zu denen auch hervorragende Textverständlichkeit gehört, erwies sich prädestiniert für die Interpretation gerade dieser zeitgenössischen Lyrikvertonungen. Vor allem in den Christian-Morgenstern-Liedern des finnischen Komponisten Kilpinen konnte sie die wandlungsfähige Gestaltungskraft ihrer gut sitzenden Stimme und ihr Gespür für den tiefen Inhalt von Lyrik in Verbindung mit Musik eindrucksvoll präsentieren.
So war Ort zusammen mit den beiden Instrumentalistinnen auch eine gute Anwältin für die Uraufführung des Abends, der Fantasie op. 158 von Uwe Strübing nach zwei Herbstgedichten von Theodor Fontane. Als Einführung in den Abend, der den Herbst und das mit ihm verbundene Todeserleben zum Inhalt hatte, erwiesen sich die beiden uraufgeführten Gesänge in ihrer Melancholie und in der harmonischen Reibung als adäquate Türöffner.
Einen interessanten Kontrapunkt zu der leicht-lüftigen Sopranpräsenz bot auf dem Podium Hofmann mit ihrer Viola. Mit weicher, warmer Tongebung, aber auch mit kräftigen Aussagen führte sie ihr Instrument in einer Romanze von Max Bruch elegant in das Konzertgeschehen ein – der „gran tango“ im zweiten Teil erfüllte dann in allen Phasen das vor der Pause gegebene Versprechen.
Köstner, die als Moderatorin die einzelnen Komponisten kurz vorstellte, fungierte am Klavier als stützende Begleiterin und Co-Musikantin, nicht ohne die Möglichkeiten zur solistischen Brillanz, die immerhin in den einzelnen Lyrikvertonungen auch mitgeboten waren, aufs Beste zu nutzen. So geriet der ungewöhnliche Konzertabend zu einem besonderen Erlebnis mit neuen Erfahrungen im Bereich des zeitgenössischen Liedschaffens.
IRMGARD BAUR
FLZ, 15. Oktober 2019
Spannend und lehrreich
Bettina und Wolfram Born legten hohe Musikalität und Professionalität
bei ihrem Kammerkonzert an den Tag
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NEUSTADT an der AISCH - Mit einem ungewöhnlichen Kammerkonzert überraschte der Verein pro musica zu Beginn seiner herbstlichen Kammermusik-Reihe das Publikum. Das Duo Bettina und Wolfram Born zeigte in der Kombination von Akkordeon und Piano die. Möglichkeiten auf, die ein „tango querido“ einem hochqualifizierten Duo bieten kann.
Er kann solistische Exkursionen hervorrufen, aber auch zu geradezu erotisch anmutendem Zwiegesang der doch so unterschiedlichen Instrumente verführen. Und so erlebten die Besucher in der Rathausehrenhalle ein spannendes Konzertereignis – kurzweilig, informativ-lehrreich durch die sehr geschickte Moderation, aber auch sehr unterhaltsam – zumal die beiden Interpreten an ihren Instrumenten hohe Musikalität und Professionalität bewiesen.
Bettina Born bringt das Akkordeon, zum Schmeicheln und Stampfen, zum rhythmischen Taktieren und tonschönem Schwingen – ein wahrhaft „klassisches“ Instrument, das weit entfernt ist von bloßem Volksmusik-Sound. Mit leicht angerautem Timbre stellte die Musikerin zudem auch noch in einem Lied ihre Gesangsbegabung unter Beweis.
Wolfram Born am Piano gelang das Kunststück, sich aus dem Begleitmodus für die Eskapaden seiner Partnerin immer wieder zum solistischen Wort zu melden und dem Tango-Erlebnis mit elegant-brillanten Läufen und kräftigen Akkorden auch durchaus pianistisch einen beachtlichen Stempel aufzudrücken.
Am Rande sei vermerkt, dass die beiden Künstler auch als begabte Komponisten in Erscheinung traten. Daneben hatten sie noch die Werke von einigen unbekannteren Tondichtern aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert im Gepäck. Die Begegnung mit diesen, dem ungewöhnlichen Duo und der interessanten Präsentation darf man als vielversprechender Start in die Kammermusik-Saison von pro musica begreifen. Das macht Lust auf viele weitere Konzertereignisse.
IRMGARD BAUR
FLZ, 18. September 2019
BlechMafia zelebrierte Bläsermusik
Gelungener Konzertauftakt des Förderkreises „pro musica“ –
Mit raffinierten Arrangements folgte ein Höhepunkt auf den anderen
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NEUSTADT an der AISCH - Einen gelungenen Auftakt zur neuen Konzertsaison präsentierte der Förderkreis „pro musica“ mit Vorsitzender Ulrike Wesche am Sonntagabend mit dem Konzert des Blechbläserensembles BlechMafia Nürnberg.
Das Ensemble stellte einen Mix auf die Bühne, der die Zuhörer von der Hochklassik bis in die Gegenwart führte und so die verschiedenen Facetten gepflegter Bläsermusik geradezu zelebrierte. Die Protagonisten jedenfalls verstehen ihr Handwerk: Regina Scherer und Matthias Eckart an der Trompete, Charly Hopp am Horn, Stephen Jenkins an der Posaune und der Tubist Susumu Kakizoe verbreiteten - trefflich unterstützt von Wolfgang Schniske am Schlagzeug – reinen Wohlklang mit weicher, sauberer Tongebung und fein aufeinander abgestimmten individuellen Klangfarben der einzelnen Instrumente.
So entstand im Laufe des Abends ein zauberhaftes, sanft schwingendes, aber doch dynamisches und abwechslungsreiches musikalisches Gemälde bläserischer Gestaltungskraft und Einfallsreichtums. „Wie Wasser zum Klingen kommt“ – wollten laut Vorankündigung und Programmheft die sechs Musiker dem Publikum vermitteln. So hatten sie aus dem reichen Schatz von Filmmusiken, aber auch gehobener Unterhaltungsmusik jene Perlen herausgesucht, die sich erfahrungsgemäß hervorragend zur Bearbeitung für ein Blechbläserensemble eignen.
Ein Höhepunkt folgte auf den anderen, ob Debussys „Cathedrale Engloutie“ (Die eingesunkene Kathedrale), Tschaikowskis „Schwarzer Schwan“, Charles Trenets „Beyond the Sea“ oder Herbie Hancocks „Watermelon Man“ – die raffinierten Arrangements ließen die oft hinlänglich bekannten Stücke neu glänzen und boten dem faszinierten Publikum immer wieder neue Facetten musikalischer Erlebniskultur.
Die BlechMafia war ein echter Glücksgriff zum Beginn des Jahresprogramms von pro musica, das mit einem gut platzierten Flyer Lust auf weitere Konzerterlebnisse macht: Im Oktober lockt „Mi Tango querido – Malena“ – ein Duo-Abend der besonderen Art. Im November steht ein Konzert für Sopran, Viola und Klavier ins Haus, im Februar begleitet die Zuhörer das Pegasus Trio, bestehend aus Flöte, Violine und Klavier auf das Abenteuer musikalischer Zeitsprünge, im März stellt Sopranistin Anna Gann zusammen mit Pianistin Naoko Krist Kato Werke vergessener jüdischer Komponisten der Romantik vor und im April schließlich sind kammermusikalische Raritäten aus Barock- und Renaissancezeit zu hören.
IRMGARD BAUR
NN online, 16. Juli 2019
Künstler klopfen in Neustadt an
Förderkreis "pro musica" in der Musikszene bestens etabliert
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NEUSTADT/AISCH - Gut bis sehr gut besuchte Konzerte, ein durchweg gutes Feedback, eine ebenso stabile Mitgliederzahl wie Finanzlage: Der Förderkreis "pro musica" kann zufrieden auf eine "sehr erfolgreiche Saison zurückblicken" und mit gleicher Vorstandschaft neue Pläne schmieden.
Dabei bleibt man sich seinen Maximen treu, wie es Vorsitzende Ulrike Wesche und ihr Stellvertreter Georg Hopfengärtner in der Mitgliederversammlung betonten. Das musikalische Angebot, bei dem Wünsche aus dem Mitgliederkreis richtungweisend sind, soll verschiedene Stilrichtungen und Epochen umfassen, mal beschwingt, mal ernst sein und auch mal den Anspruch an neue Hörgewohnheiten erheben, schmunzelnd umschrieben mit "Erhörtem und Unerhörtem". Heimische Interpreten werden ebenso weiterhin das Programm mitgestalten, wie überregionale Künstler, die auch schon "weltweit angereist" sind.
Ulrike Wesche freut sich, dass das "auf hohem künstlerischem Niveau gehaltene Programm" zunehmend auch Musikfreunde aus dem Landkreis und darüber hinaus anspricht und die Konzerte überwiegend gut besucht sind, man sogar schon infolge starker Nachfrage von der Rathaus-Ehrenhalle in das Evangelische Gemeindezentrum ausweichen musste. Erster Bürgermeister Klaus Meier, der das Wirken von "pro musica" als wertvolle Bereicherung des kulturellen Lebens würdigte, das Neujahrskonzert als "Highlight sowie Institution" heraushob, und allen dankte, die sich im 92 Mitglieder starken Verein beispielhaft engagierten, bot dem Förderkreis das städtische Nutzungsrecht am Gemeindezentrum an, wo man auch dem vielfach bei klassischen Konzerten störenden Lärmen auf dem Marktplatz ausweichen könnte.
Meiers Kompliment und Ermunterung "so weiterzumachen" erwiderte Vorsitzende Wesche mit dem Dank für die gute Zusammenarbeit mit dem Kulturamt. Dass sich "pro musica" auf einem sehr guten Weg befindet, bestätigen zunehmend Angebote von Interpreten und Orchestern, gerne wieder einmal nach Neustadt zu kommen. Man schätze hier, so gab es Georg Hopfengärtner weiter, die schöne Atmosphäre und Resonanz des Publikums. Und auch der Anspruch an die musikalische Qualität genieße in Künstlerkreisen hohe Wertschätzung.
Vorstand einstimmig bestätigt
Der konnte sich auch die Vorstandschaft versichert sehen, der nach dem trotz unterschiedlichen Konzertdefiziten positiven Bericht von Schatzmeister Martin Wolfart sowohl einstimmig die Entlastung erteilt, wie für eine weitere Amtsperiode das Vertrauen ausgesprochen wurde. Der Wahlleitung war es dabei mit der "Blockabstimmung" leicht gemacht. Ulrike Wesche wurde mit Georg Hopfengärtner als Vorstandsduo bestätigt, ebenso Kassier Martin Wolfart, wie die Beisitzer Ellen Schuster und Christiane Wolfart.
"Einen guten Start hinlegen" will man in die neue Saison mit dem großen Sommerkonzert, zu dem sich "pro musica" am Sonntag, 15. September, eine volle "NeuStadtHalle am Schloss" erhofft, wenn die "BlechMafia" den "Klangauftrag H2O – wie Wasser zum Klingen kommt" erfüllt. Matthias Eckart "Trompete" und Wolfgang Schniske (Schlagwerk) sind die Neustädter "Lokalmatadore" im Nürnberger Sextett. Der Vorverkauf im Neustädter Buchhandel ist angelaufen.
Tangorhythmen und russische Klänge
In die "Rathaus-Ehrenhalle" lädt "pro musica" am Sonntag, 13. Oktober zu Tangorhythmen mit Wolfram und Bettina Born (Klavier und Akkordeon), am Sonntag, 20. November, zu "Kammermusik für Sopran, Viola und Klavier" mit Elisabeth Ort, Karoline Hofmann und Britta Köstner, sowie am Sonntag, 29. Dezember, zu "Klängen aus dem alten und neuen Russland" ein. Dabei gibt es ein Wiederhören mit dem Balalaika-Orchester aus St. Petersburg, zu dem es einst enge Neustädter Verbindungen gab. Ferner wirken namhafte Solisten mit.
Für das "Festliche Neujahrskonzert" mit dem Kammerorchester Würzburg und Solisten am Sonntag 12. Januar 2020, wird ein besonderes Programm vorbereitet, ließ Ulrike Wesche wissen. Denn "pro musica" lädt zu einem Jubiläumskonzert ein, wird mit ihm doch bereits zum zehnten Mal das neue Jahr musikalisch begrüßt. Ebenfalls ein Jubiläum prägt das Konzert "Beethoven plus…" am Sonntag, 9. Februar 2020, wenn zum 250. Geburtstag des großen Meisters auch zeitgenössische Komponisten gratulieren.
Weit ins Jahr 2021 geplant
Werke vergessener jüdischer Komponisten der Romantik erklingen am Samstag, 14 März, mit dem "Gernsheim-Duo" Naoko Christ-Kato (Klavier) und Anna Gann (Gesang) in der Rathaus-Ehrenhalle und am Sonntag, 19. April, ist mit "Caprize" Barock- und Renaissancemusik eine Premiere verbunden. Denn dazu lädt "pro musica" in die St. Johanneskirche in Diespeck mit ihrer ausgezeichneten Akustik ein. Die Planungen des Förderkreises reichen schon weit in die Saison 2020/21 hinein, in der bereits eine Beethoven-Lese-Konzert am 7. Februar 2021 im Nachklang zum Beethoven-Jahr sowie am 9. April 2021 in der Birkenfelder Klosterkirche ein Konzert mit dem Klenke-Streichquartett aus Weimar vorgemerkt werden können. Ebenso wie das "Schmuck-Trio" aus Wuppertal am 11. Oktober 2020 und ein Klavierabend mit Anne Riegler aus Würzburg am 15. November 2020, das mit Weltmusik geplante große Sommerkonzert am 20. September 2020 und das "Festliche Neujahrskonzert" am 18. Januar 2021 inklusive.
In Kürze kann man sich über das Programm von "pro musica" online informieren. Armin Held hat die Homepage für den Förderkreis erstellt, die er mit viel Beifall der Mitgliederversammlung präsentierte. Unter www.promusica-nea.de soll sie zum Wochenende freigeschaltet werden und durch die Vernetzung mit anderen Veranstaltern zeigen, "was im Landkreis alles geboten ist". Nach einer Pause freute man sich im Förderkreis, das "Verona wieder an Horizont", im August 2020 eine Fahrt zu einer Neuinszenierung geplant ist.
HARALD J. MUNZINGER
FLZ, 17. April 2019
Gelungene Parallelen zwischen Wort und Musik
Besucher erlebten großartiges musikalisches wie auch christlich-meditatives Erlebnis mit dem Fürther Elisen-Quartett
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BIRKENFELD - Zum Konzert des Neustädter Förderkreises „pro musica" konnte Ulrike Wesche in der Birkenfelder Klosterkirche das Fürther Elisen-Quartett begrüßen. Im Verein mit den verbindenden Worten von Pfarrerin Sabine Rabenstein vermittelte sich dem zahlreich versammelten Publikum ein großartiges musikalisches wie christlich-meditatives Erlebnis.
Die vier Musikerinnen - Anja Schaller und Maria Schalk (Violine), Karoline Hofmann (Viola) und Irene von Fritsch (Violoncello) - hatten mit dem neunsätzigen Zyklus „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze" von Joseph Haydn die musikhistorisch vielleicht reifste· instrumentale Komposition zur Passionszeit gewählt und sie deuteten diese mit historischer Aufführungspraxis nachempfundener expressiver Kraft und Schnörkellosigkeit.
Sabine Rabenstein vermittelte Hintergründe zum Werk nur in knappster Form und beleuchtete dann zwischen den musikalischen Betrachtungen das jeweilige Zitat aus dem Munde Jesu, wie es die Evangelisten wiedergeben, in allgemeinverständlicher und anschaulicher Exegese.
So wurde den Zuhörenden bewiesen, wie genial es Haydn gelingt, einen Bogen zu schlagen zwischen nachbarocker Rhetorik und klassischer Formerfüllung. Es kam gewiss keine Langeweile auf bei den fast durchwegs getragenen „Sonaten", denn die technisch kaum zu differenzierenden Tempobezeichnungen ,,Adagio", ,,Lento", ,,Largo", „Grave" und „Maestoso" mögen auf unterschiedliche Charaktere verweisen, erlaubten dem Hörer aber nicht wirklich trennscharfe Zuordnungen. Insofern war es allein das Verdienst des Quartetts, Parallelen zwischen Wort und Musik aufzutun und dabei Unterschiede im Grad der Reflexion zwischen beinahe Naturalistischem und primär Strukturellem wahrzunehmen und zu interpretieren.
Es war nicht schwer zu hören, wie raffiniert Haydn durchwegs zwischen dem Dur- und dem Moll-Geschlecht changiert und manch ungewohnte harmonische Rückung wagt, die von Schubert stammen könnte. Noch zwei konkrete Beispiele von vielen möglichen zu Einzelaspekten - zunächst: ,,Frau, siehe, das ist dein Sohn". An Mozarts modern-kommunikative Freimaurer-Gesten gemahnte eine choralhafte Sanglichkeit. Dann: ,,Mich dürstet". Faszinierend, wie auf Pizzicati schärfste Unisono-Schläge folgten. Nur der ruhelose finale Satz „Terremoto. Presto con tutta la forza", rief den· nichtverbalen Zusammenhang des verbalen Geschehens in Erinnerung. Die Passionsgeschichte war nicht nur ein Erdbeben für die Menschheitsgeschichte, sondern führte auch real-symbolisch zu einem solchen. Diesbezüglich bedurfte es keiner Exegese. Erfreulich, dass das äußerst konzentrierte Birkenfelder Publikum am Ende mit seinem herzlichen Beifall noch ein wenig gewartet hat. Ob Haydn mit diesem Finale denn doch auf Rezeptionskonventionen geschielt hat, sei dahingestellt. Ganz ohne Humor ging es bei ihm kaum jemals ab.
WOLFGANG ZIMMERMANN